Frage:
Ist jede Äußerung, die ich im Betrieb zu Arbeitskollegen mache oder außerhalb über meinen Arbeitgeber für mich gefährlich?
Darf ich im Rahmen meiner Meinungsfreiheit mich über meine Arbeit und meinen Arbeitgeber äußern wie ich will? Muß ich mir gefallen lassen, wenn Arbeitskollegen über mich unwahre Dinge erzählen?
Der Fall:
Der Betriebsrat Anton Bruckner behauptete von der neuen unbeliebten Personalleiterin Diana von Portier, sie habe die
Stellung nur erhalten, weil sie sich „hochgebumst“ habe. Er wird gekündigt.
Maschinenarbeiter Eduard Möricke behauptet vom Betriebsratsmitglied Richard Löwenherz, dieser sei bestechlich.
Clemens von
Brentano erzählt gegenüber wichtigen Zulieferern und Lieferanten, daß sein Chef Achim von Arnim pleite sei.
Arbeitgeber Friedrich von Savigny erzählte in kleinem Kreis, daß der Betriebsleiter ETA Hoffmann
wegmüsse. Das sei ihm im Zweifel 50.000 Euro wert. Der schlecht deutsch sprechende Mitarbeiter Deng Xiao Ping erstattete daraufhin Anzeige bei der Staatsanwaltschaft wegen eines Mordauftrages und wurde fristlos
gekündigt.
Die Kreditsachbearbeiterin Leni Riefenstahl verdrehte jedesmal ihre Augen und spuckte aus, wenn ihr Abteilungsleiter Luis Trenker an ihrem Schreibtisch vorüberging. Das will sich Luis Trenker nicht
länger bieten lassen.
Die Lösung:
6. Vertraulichkeit
Ein Arbeitnehmer hat in einer Unterhaltung mit Mitarbeitern über den Personalchef behauptet, daß dieser eine besondere
Schwäche für junge blonde Männer besitze und bei der Einstellung dann entsprechende junge Männer auch bevorzugt würden. Da der Arbeitnehmer diese Äußerung in einem sehr engen, vertrauten Kreise gemacht hatte,
durfte er als sicher davon ausgehen, daß seine Arbeitskollegen diese Äußerung für sich behalten. Dem Arbeitgeber kam die Äußerung trotzdem zu Ohren und er kündigte fristlos. Nach der Rechtsprechung des
Bundesarbeitgerichts war diese Kündigung unwirksam, da der Arbeitnehmer sich auf die Vertraulichkeit des Gespräches habe verlassen können. Wenn die Gesprächspartner diese Vertraulichkeit ohne vernünftigen Grund
mißachteten und ihren Inhalt dem Arbeitgeber oder den angesprochenen Vorgesetzten mitteilten, so sei dies kein Anlaß für eine Beendigung des Arbeitsverhältnisses.
7. Allgemeiner Tratsch
Wo Menschen zusammen sind, liegt Tratsch über Abwesende nahe. Es handelt sich dabei leider um ein allgemein menschliches
Verhalten, vor dem nur wenige gefeit sind.
Aus diesem Grunde geht die Rechtsprechung davon aus, daß die Kündigung eines Arbeitnehmers, der im Kollegenkreis abfällige Äußerungen über andere Mitarbeiter gemacht
hat, im Allgemeinen nicht gerechtfertigt ist. Allgemeiner Tratsch, insbesondere dann, wenn er unschön oder gar ehrenrührig ist, kann jedoch zu einer Abmahnung führen.
Handelt es sich jedoch um Äußerungen,
die strafrechtlich relevant und besonders beleidigend sind, die insbesondere den Betriebsfrieden nachhaltig stören, so kann eine Kündigung gerechtfertigt sein. Dies gilt jedenfalls dann, wenn diese Äußerungen
nicht in einem besonders vertraulichen Kreis gemacht worden sind (siehe oben).
8. Internet
Sofern Arbeitnehmer über den Arbeitgeber im Internet wahrheitswidrige Dinge äußern, ihn beleidigen oder gar
geschäftsschädigende Äußerungen ins Internet setzen, müssen sie damit rechnen, daß ihnen wegen Störung des Betriebsfriedens oder wegen Geschäftsschädigung gekündigt werden darf.
Wer ohne triftigen Grund den
Arbeitgeber beleidigt oder schädigt, kann sich insbesondere nicht auf das Recht zur freien Meinungsäußerung berufen.
9. Freie Meinungsäußerung
Der Arbeitnehmer ist generell berechtigt, sich über Betriebsangelegenheiten und auch die Vorgesetzten kritisch zu äußern.
Dies gilt insbesondere für Äußerungen auf der Betriebsversammlung. Die Meinungsäußerung muß aber die gesetzlichen Schranken wahren. Sie darf nicht zu Ehrverletzungen und Störungen des Betriebsfriedens führen.
Überschreitet sie die Grenzen, kann eine Kündigung gerechtfertigt sein.
Die Grenzen des Gesetzes sind insbesondere bei Schmähkritik oder Formalbeleidigung überschritten, die nicht vom Schutzbereich des
Grundrechts auf Meinungsäußerung gedeckt sind. Zu Äußerungen, die zu Kündigungen führen können, gehören insbesondere auch diskriminierende Äußerungen, ausländerfeindliche oder rechtsradikale Äußerungen. Auch die
Beleidigung von Kunden kann eine Kündigung rechtfertigen.
10. Ausspucken
Beleidigende Äußerungen, die Tratsch und Klatsch im Betrieb verstärken, können auch non-verbaler Art sein. Es ist deshalb
beleidigend, wenn Leni Riefenstahl beim Defilieren ihres Vorgesetzten Luis Trenker die Augen verdreht oder gar auf den Boden spuckt. Hier wäre zunächst jedoch eine Abmahnung angesagt.
11. Betriebsratsbeleidigung
Die Behauptung von Eduard Möricke, der Betriebsrat Richard Löwenherz sei bestechlich, ist eine Beleidigung und kann je
nach Umständen des Einzelfalles zur Abmahnung oder ggf. auch eine Kündigung führen.
12. Mordanzeige
Die Äußerung Friedrichs von Savigny, ETA Hoffmann müsse weg, koste es was es wolle, ist zwar nicht von der feinfühligsten
Art. Gleichwohl beinhaltet diese Äußerung keinen Mordauftrag oder keinen Mordkomplott. Die Anzeige des Mitarbeiters Deng Xiao Ping bei der Staatsanwaltschaft beinhaltet deshalb eine falsche Anschuldigung. Diese
kann zu einer Kündigung führen. Zugunsten von Deng kann jedoch angeführt werden, daß dieser als ausländischer Mitarbeiter angesichts der Methoden der chinesischen Mafia durch diese Äußerung so erschrocken war,
daß er überreagiert bzw. den Arbeitgeber falsch verstanden hat. Hier wäre eine Abmahnung angemessen.