Folge 240

Beendigungsvergleich VIII – Arbeitsmittel, Hinweispflichten, Erledigungsklausel


Der Fall

    Der gekündigte listige Odysseus hat noch einen Top-Rechner des Arbeitgebers nebst Software und dessen Dienstwagen in der Garage stehen. Er möchte gerne eine Abgeltungsklausel mit ihm
    schließen, in der Hoffnung, diese Gegenstände behalten zu dürfen.

    Die landwirtschaftliche Facharbeiterin Demeter streitet sich mit ihrem Arbeitgeber Menelaus, ob der zurückgegebene Werkzeugkoffer des
    Arbeitgebers und dessen Schlüssel komplett sind.

    Die Kosmetikerin Andromeda möchte nach ihrer Kündigung noch ihre in den Betrieb eingebrachte Schönheitsliege sowie eine Sammlung antiker Schminktöpfe
    mitnehmen. Arbeitgeber Augias dagegen beruft sich auf eine Abgeltungsklausel im Beendigungsvertrag. Er will Schönheitsliege und Schminktöpfe behalten. Dafür will er der Andromeda ihre vergessenen antiken
    Birkenstock-Sandalen zurückgeben.


Die Lösung


1. Arbeitsmittel

    Der Arbeitnehmer muß sämtliche vom Arbeitgeber gestellten Werkzeuge, Firmenunterlagen, Schlüssel, Maschinen, Dienstwagen etc. zurückgeben.

    Die Rückgabepflicht erlischt auch dann
    nicht, wenn eine Abgeltungsklausel in einem Beendigungsvertrag geschlossen wurde. Mit dieser Abgeltungsklausel erlischt nämlich nicht das Eigentum des Arbeitgebers oder des Arbeitnehmers an ihren Gegenständen.
    Der listige Odysseus muß deshalb sowohl den Dienstwagen, wie auch den Rechner nebst Software herausgeben, wenn er diese unstreitig erhalten und noch nicht zurück gegeben hat.

    Anders kann es sich verhalten,
    wenn Streit darüber besteht, ob die Arbeitnehmerin ihre Firmenunterlagen, Gerätschaften, Werkzeugkoffer, Schlüssel etc. ordnungsgemäß zurückgegeben hat, oder wenn Streit darüber besteht, ob die Mitarbeiterin
    solche Gegenstände vom Arbeitgeber überhaupt erhalten hat.

    Wenn eine Abgeltungsklausel am Schluß des Beendigungsvertrages vereinbart wird, so wird damit auch der Streit darüber erledigt, ob der zurückgegebene
    Werkzeugkoffer oder der Schlüsselsatz vollständig waren oder ob die Mitarbeiterin bestimmte Gegenstände überhaupt erhalten hat. Insofern ist es dann wichtig, daß solche Streitpunkte im Beendigungsvergleich genau
    geregelt werden. Andernfalls könnte der Rückgabeanspruch des Arbeitgebers erloschen sein.

    Auch die Kosmetikerin Andromeda kann trotz Abgeltungsklausel ihre eigene Schönheitsliege und ihre antiken Schminktöpfe
    vom Arbeitgeber Augias herausverlangen. Dies gilt jedenfalls solange, wie das Vorhandensein dieser Gegenstände und die Eigentumsverhältnisse unstreitig sind.

    Etwas anderes kann gelten, wenn der Arbeitgeber
    bestreitet, daß eine solche Schönheitsliege oder Schminktöpfe bei ihm vorhanden sind, oder wenn er behauptet, daß Andromeda diese Gegenstände schon abgeholt hat. Dann wäre der Streit der Parteien über die Frage
    des Einbringens oder der Rückgabe bzw. Abholung durch die Abgeltungsklausel beendet worden. Andromeda könnte dann keine Herausgabe mehr verlangen.

    Es zeigt sich hier, daß es wichtig ist, diese Dinge nicht zu vergessen.


    Achtung: Für die Vollstreckbarkeit ist es wichtig, daß die Gegenstände genauestens bezeichnet werden. Es reicht nicht aus, nur
    allgemein die Rückgabe eines Rechners, zweier Latzhosen, oder diverser Schlüssel und Schminktöpfe zu vereinbaren. Die Gegenstände müssen mit Marke, Typennummern, Farbe etc. so genau wie möglich bezeichnet werden.


2. Hinweispflicht des Arbeitgebers

    Seit dem 1.1.2003 muß der Arbeitgeber im Rahmen der Kündigung oder Beendigung des Arbeitsverhältnisses gem. § 2 Abs. 3 Nr. 3 SGB III den Arbeitnehmer auf seine Verpflichtung zur
    sofortigen Arbeitslosmeldung hinweisen. Dabei ist streitig, ob andernfalls ein Schadenanspruch gegen ihn entsteht. In jedem Fall riskiert er Probleme.

    Ist dieser Hinweis nicht bereits in einer
    Kündigungserklärung erhalten, müßte er spätestens in den Beendigungsvergleich aufgenommen werden.


3. Abgeltungs-/Erledigungsklausel

    Ist das Arbeitsverhältnis beendet, empfiehlt es sich für die Parteien dringend, alle vorhandenen Probleme in einem abschließenden Vergleich zu regeln. Zur Sicherheit beider Seiten
    empfiehlt es sich dann regelmäßig, am Schluß des Beendigungsvergleiches eine Abgeltungs- und Erledigungsklausel zu vereinbaren.

    Formulierungsvorschlag:


    „Mit den voranstehenden Regelungen sind alle
    gegenseitigen Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis und seiner Beendigung, gleich aus welchem Rechtsgrund, bekannt oder unbekannt, erledigt“.


    Damit sind weitere Ansprüche der Parteien aus dem
    Arbeitsvertrag, die streitig sind oder vergessen wurden, grundsätzlich ausgeschlossen bzw. untergegangen und erledigt. Sollte trotzdem eine Partei klagen, kann sich die Gegenseite auf diese Abgeltungsklausel
    berufen.

    Eine solche Klausel hat den großen Vorteil der Rechtsbefriedung und der Beendigung von manchmal unendlichen Streitigkeiten, allerdings muß vorher genau geprüft werden, ob tatsächlich alle
    Streitpunkte erledigt sind.

    Wegen der besonderen Wichtigkeit sind nach der Rechtsprechung einzelne Ansprüche von Ausgleichsklauseln nicht berührt, nämlich:

    – Ansprüche auf betriebliche Altersversorgung bzw. die Rentenanwartschaft,

    – der Zeugnisanspruch,

    – Arbeitnehmererfindungsrechte,

    – unverzichtbare Rechte aus Tarifverträge oder aus dem Gesetz
    (gesetzliche Urlaubsansprüche).

    Durch die Abgeltungsklausel erlischt auch nicht das Eigentumsrecht einer Partei an ihren Gegenständen. Zumeist ist allerdings streitig, ob sich die Gegenstände tatsächlich noch
    oder überhaupt bei der Gegenseite befinden. Dann würde die Abfindungsklausel wieder Platz greifen.

    Der Vergleich ist sodann ordnungsgemäß abzuwickeln. Sollte die Vergleichsabwicklung nicht ordnungsgemäß sein,
    kann die berechtigte Partei aus dem Vergleich heraus auf ordnungsgemäße Vornahme, z.B. auf ordnungsgemäße Abrechnung, Auszahlung, Zeugniserstellung etc. klagen. Die Abgeltungsklausel berührt nicht die im
    Vergleich geregelten Gegenstände.


4. Fazit

    Beendigungsvergleiche bieten den Parteien unschätzbare Möglichkeiten, anläßlich der Auflösung des Arbeitsverhältnisses möglichst viele Streitpunkte und offene Fragen zu regeln und aus
    der Welt zu schaffen. Die Parteien haben hier Möglichkeiten, die ein Gericht nicht besitzt. Sie vermeiden u.U. eine Vielzahl von Folgeprozessen mit entsprechenden Kosten. Vor allem sparen sie neben Geld aber
    auch Zeit und Nerven, wenn sie bei Vergleichsschluß gründlich und überlegt gehandelt haben.

Textübernahmen aus den Arbeitsrechtsfolgen von Hans Gottlob Rühle:
Reine
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