Folge 168

Neuregelung im Teilzeit- und Befristungsgesetz



Der Fall:


    Jungunternehmer Tristan fühlt sich von Rechtsanwälten und Arbeitsgerichten umzingelt. Er würde gerne viele Mitarbeiter einstellen, er weiß aber nicht, ob
    es entsprechend gut bei ihm laufen wird. Im Falle von Kündigungen fürchtet er eine Fülle von Kündigungsschutzklagen mit Abfindungen und hohen Kosten.

    Tristan fragt den listigen Alberich, ob es mittlerweile
    eine Möglichkeit gibt, die Befristungsdauer von 2 Jahren ohne Sachgrund zu erweitern. Alberich, der listige Gesetzesfreund, bejaht dies.



Die Lösung:



1. Neue Regelung für Existenzgründer


    Der Gesetzgeber hat in § 14 Teilzeit- und Befristungsgesetz (TzBfG) zur Unterstützung von Unternehmensneugründungen und zur Unterstützung von
    Neueinstellungen folgenden Absatz 2 a neu eingefügt:

    “In den ersten 4 Jahren nach der Gründung eines Unternehmens ist die kalendermäßige Befristung eines Arbeitsvertrages ohne Vorliegen eines sachlichen
    Grundes bis zur Dauer von 4 Jahren zulässig; bis zu dieser Gesamtdauer von 4 Jahren ist auch die mehrfache Verlängerung eines kalendermäßig befristeten Arbeitsvertrages zulässig.

    Dies gilt nicht bei
    Neugründungen im Zusammenhang mit der rechtlichen Umstrukturierung von Unternehmen und Konzernen.

    Maßgebend für den Zeitpunkt der Gründung eines Unternehmens ist die Aufnahme einer Erwerbstätigkeit, die nach
    § 138 der Abgabenordnung der Gemeinde oder dem Finanzamt mitzuteilen ist.”

    Diese gesetzliche Neuregelung soll Existenzgründer unterstützen und für sie über einen langen Zeitraum Befristungen ermöglichen.



2. Befristung ohne Sachgrund


    Nach § 14 Abs. 1 TzBfG ist der Regelfall der Befristung eine Befristung mit einem Sachgrund. In § 14 Abs. 1 TzBfG sind verschiedene Beispiele für
    Befristungsgründe aufgeführt. Wegen der Geltung des Kündigungsschutzgesetzes wollte der Gesetzgeber zukünftig generell nur Befristungen mit Sachgrund.

    Der Gesetzgeber hat schon im
    Beschäftigungsförderungsgesetz 1985, nunmehr auch in § 14 Abs. 2 TzBfG eine Ausnahme gemacht. Bis zur Dauer von 2 Jahren kann ein Arbeitgeber insgesamt maximal 4 Befristungen vornehmen, ohne daß ein Sachgrund
    notwendig ist.

    Erforderlich ist, daß diese 4 Befristungen (es können auch weniger sein) zusammenhängend vereinbart werden und keine Unterbrechung gegeben ist. Entscheidend ist auch das “Anschlußverbot”.

    Nach dieser Gesetzesregelung darf eine Befristung ohne Sachgrund nicht abgeschlossen werden, wenn der Arbeitnehmer bereits zu früheren Zeiten ein Arbeitsverhältnis – egal welcher Art – mit diesem Arbeitgeber
    bzw. Unternehmen hatte!

    Dieses Anschlußverbot gilt auch für die Neuregelung des § 14 Abs. 2 a TzBfG. Es ist jedoch in der Praxis in diesen Fällen nicht bedeutsam, weil nach dem Willen des Gesetzgebers die
    Neuregelung die Gründung eines neuen Unternehmens erforderlich ist. Sofern also eine juristische Person (GmbH, Aktiengesellschaft) neu gegründet wird, greift diese Regelung nicht. Ernsthaft überprüft werden muß
    sie jedoch bei Existenzgründern, die lediglich im Rahmen einer Personalgesellschaft bzw. als Einzelkaufleute tätig werden.



3. Voraussetzungen der Neuregelung


    Maßgeblich ist für die vom Gesetzgeber privilegierte Neugründung eine Neuaufnahme der Erwerbstätigkeit einer natürlichen oder juristischen Person. Dabei
    reicht aber die Neueinrichtung eines Betriebes nicht aus. Nach dem Willen des Gesetzgebers muß es eine Existenz-Neugründung sein.

    Der Gesetzgeber hat für den Existenzgründer kaum Schranken gesetzt. Sowohl die
    Zahl der Befristungen in dem neuen Unternehmen, wie auch die Dauer der einzelnen Befristungen und die Zahl der Verlängerungen ist vom Gesetzgeber zunächst nicht festgelegt. Es gilt nur die Höchstgrenze für die
    Befristung eines Arbeitsvertrages von 4 Jahren.

    Dabei kann der Arbeitgeber bis zu 4 Jahren nach der Neugründung immer wieder den kalendermäßig befristeten Arbeitsvertrag neu befristen.

    Bei geschickter
    Anwendung würde die letzte Befristung kurz vor Ende der 4-jährigen Gründungsphase auslaufen. Nach dem Willen des Gesetzgebers kann dann der Existenzgründer mit demselben Arbeitnehmer unabhängig von der Zahl der
    Befristungen vorher noch einmal einen 4-jährigen befristeten Arbeitsvertrag ohne Sachgrund abschließen. Er kann aber auch einen solchen 4-jährigen Arbeitsvertrag am Ende der Existenzgründungsphase mit einem neu
    einzustellenden Arbeitnehmer abschließen.

    Dies führt dazu, daß der für Existenzgründer vorgesehene Rechtsvorteil praktisch bis zu 8 Jahren andauern kann.



4. Mißbrauchsverbot


    Nach § 14 Abs. 2 a TzBfG gilt das Befristungsprivileg aber nicht für

    “Neugründungen im Zusammenhang mit der rechtlichen Umstrukturierung von
    Unternehmen und Konzernen”.

    Der Gesetzgeber hat damit insbesondere die Fälle des “Outsourcing” bzw. der “Ausgliederung” erfassen wollen. Gerade im Bereich der Umstrukturierung von Unternehmen und der
    Neugründung von Tochtergesellschaften etc. soll diese Vorschrift und Privilegierung keine Anwendung finden.

    Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts dürfte es aber zulässig sein, daß eine neu
    gegründete Gesellschaft einen schon bestehenden Betrieb eines anderen Unternehmens im Wege des § 613 a BGB übernimmt. Da es sich insoweit ebenfalls um eine Neugründung des Unternehmens (nicht des Betriebes)
    handelt, wäre für dieses Unternehmen das Existenzgründerprivileg bei zukünftige Befristungen auch gegeben, obwohl der eigentliche Betrieb vielleicht schon lange existierte.

Textübernahmen aus den Arbeitsrechtsfolgen von Hans Gottlob Rühle:
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