Der Fall:
Steffi beschäftigt im Rahmen ihres Tenniszirkusses als Arbeitnehmer die Spieler Boris, Serena und Venus.
Alle 3 Arbeitnehmer bedrängen Steffi, für sie
eine betriebliche Altersversorgung einzuführen. Aufgrund der diversen Rentenreformen sind sie verunsichert über ihr späteres Renteneinkommen. Sie wollen ihr Dasein nach Wimbleton und Tenniszirkus finanziell so
gut wie möglich abpolstern.
Boris verlangt, daß Steffi die Altersversorgung alleine finanzieren soll. Serena hat schon mal etwas von Entgeltumwandlung gehört. Venus schwärmt von der Riester-Rente, auch wenn
sie nicht genau weiß, was sie erwartet.
Die Lösung:
1. Begriffsverwirrung
Im Rahmen der betrieblichen Altersversorgung herrscht mittlerweile aufgrund des unüberschaubar gewordenen Wildwuchses eine entsprechende
Begriffsverwirrung. Kaum ein betroffener Arbeitnehmer, Arbeitgeber oder Betriebsrat finden noch durch das Dickicht der Begriffe und der Möglichkeiten.
Was verbirgt sich hinter Betriebsrente, betrieblicher
Altersversorgung, Direktzusage, Direktversicherung, Entgeltumwandlung, Pensionskasse, Unterstützungskasse, Riester-Rente etc.?
Für Millionen betroffener Arbeitnehmer, aber auch für Betriebsräte und
Arbeitgeber ist es wichtig, die Grundbegriffe zu klären und den Weg durch den Dschungel zu finden. Dabei sollen die nächsten Folgen helfen.
2. 3-Säulen-Theorie
Das Altersversorgungssystem der Bundesrepublik gründet für Arbeitnehmer auf die 3-Säulen-Theorie. Für Beamte und selbständige Unternehmer etc. gelten
andere Regeln.
Die 1. Säule der Altersversorgung von Arbeitnehmern ist seit Bismarck die Sozialversicherungsrente. Diese Säule bröckelt jedoch seit langem. Zwei Gründe dafür liegen in der
Bevölkerungsentwicklung: Die Lebenserwartung der Menschen ist enorm gestiegen. Dazu gegenläufig ist die Zahl der Kinder und jungen Arbeitnehmer, d.h. der zukünftigen Beitragszahler, stetig gesunken.
Als
Ergänzung der Sozialversicherungsrente ist in vielen Unternehmen eine betriebliche Altersversorgung (auch Betriebsrente genannt) eingeführt worden. Die Betriebsrente war in der Vergangenheit stets eine
freiwillige Leistung des Arbeitgebers. Sie dient als Ergänzung der Sozialversicherungsrente (2. Säule). Sie soll die Versorgungslücke zwischen der Sozialversicherungsrente und dem letzten Nettoeinkommen
teilweise auffüllen. Historisch ist sie älter als die Sozialversicherungsrente. Erste Betriebsrentensysteme finden sich seit der Mitte des 19. Jahrhunderts in der Montan- und Metallindustrie.
Als 3. Säule
fungiert die Eigenvorsorge des Arbeitnehmers. Vor allem bei gutverdienenden Arbeitnehmern über der Beitragsbemessungsgrenze ist die Versorgungslücke besonders groß im Alter. Dies gilt auch für Arbeitnehmer mit
geringer Sozialversicherungsrente, wegen geringer Beitragszahlung oder zeitweiser Selbständigkeit. Eine typische Form der Eigenvorsorge ist die Lebensversicherung, aber auch der Erwerb von Immobilien oder
Sparguthaben.
3. Versorgungslücke
In den letzten 20 Jahren ist der Zeitraum zwischen den einzelnen Rentenreformen immer kürzer geworden. Zuletzt erlebten wir das Rentenreformgesetz 1999
und nun das Altersvermögensgesetz 2001 mit der “Riester-Rente”.
Der Beweggrund für diese “Reform” ist die steigende Belastung der Rentenversicherung und die ungünstige demographische Entwicklung. Alle
Reformen führen im Ergebnis zu einer Entlastung der gesetzlichen Sozialversicherungsrentenanstalten und damit zu einer Absenkung des gesetzlichen Rentenniveaus. Sie führen damit letztendlich zu einer
Vergrößerung der Versorgungslücke, d.h. der Differenz zwischen dem letzten Nettoeinkommen eines Arbeitnehmers und der zu erwartenden Sozialversicherungsrente.
Aus diesem Grunde ist die Bedeutung der
betrieblichen Altersversorgung und der Eigenvorsorge des Arbeitnehmers, d.h. der 2. und 3. Säule der Altersversorgung in den letzten Jahren enorm gestiegen.
4. Wer soll zahlen?
Zur Sozialversicherung (1. Säule) zahlen Arbeitgeber und Arbeitnehmer hälftig die Beiträge. Durch diese Kostenbelastung ist für viele Arbeitgeber schon
eine Grenze der Belastbarkeit erreicht.
Die Eigenvorsorge (3. Säule) muß jeder Arbeitnehmer alleine tragen aus einem Einkommen, für das er bereits Steuer und Sozialversicherung bezahlt hat. Für Arbeitnehmer
mit geringerem Einkommen ist es kaum möglich und zumutbar, die Versorgungslücke im Alter durch die 3. Säule zu schließen. Sie benötigen Unterstützung.
Die betriebliche Altersversorgung (2. Säule) wurde in der
Vergangenheit durch den Arbeitgeber als freiwillige Leistung zumeist alleine finanziert. Mittlerweile laufen durch die zunehmende Rentnerzahl für die Unternehmen erhebliche Belastungen aus der betrieblichen
Altersversorgung auf.
Dies hat zum einen dazu geführt, daß durch diese sich in der Zukunft noch steigernde Kostenbelastung kaum noch ein Arbeitgeber bereit ist, eine betriebliche Altersversorgung neu
einzuführen oder die bestehende betriebliche Altersversorgung zu verbessern. Zum anderen hat die Kostenbelastung aus der betrieblichen Altersversorgung dazu geführt, daß viele Arbeitgeber versuchen, ihre
Versorgungszusagen abzusenken, die Leistungen zu verschlechtern oder zumindest das Versorgungswerk zu schließen. Dies bedeutet, daß neu eintretende, insbesondere jüngere Arbeitnehmer entweder gar keine
betriebliche Altersversorgung bekommen oder nur eine verschlechterte Version. Andererseits aber müssen die Jungen die Versorgungslasten für die älteren Arbeitnehmer und deren Betriebsrenten erarbeiten.
Diese
Situation hat insbesondere in den neuen Bundesländern dazu geführt, daß dort die betriebliche Altersversorgung kaum oder nur in geringem Maße vertreten ist. Dieser Umstand kann zu erheblichen sozialen Problemen
in der Zukunft führen.
5. Entgeltumwandlung
Um diesem Dilemma zu begegnen, hat die Rechtsprechung und – nachgezogen – der Gesetzgeber die Entgeltumwandlung als Sonderform der betrieblichen
Altersversorgung zugelassen.
Die Entgeltumwandlung im klassischen Sinne bedeutet, daß der Arbeitnehmer auf Bruttoentgeltbestandteile verzichtet, der Arbeitgeber diese Bestandteile steuer- und
sozialversicherungsfrei auf ein Alterskonto des Arbeitnehmers anlegen kann. Dieses Entgelt ist dann erst bei Rentenbezug mit vergünstigten Konditionen zu versteuern.
Die neueste Variante der Entgeltumwandlung
ist die “Riester-Rente”. Dabei allerdings kann nur Nettovergütung angelegt werden. Dies ist eine Verschlechterung! Zum Ausgleich erhält der Arbeitnehmer staatliche Zuschüsse. Reicht dieser Ausgleich, um die
Nachteile aufzufangen? Ist die “Riester-Rente” attraktiv? Näheres dazu in den nächsten Folgen.