Viele Arbeitgeber wollen rationell arbeiten. Aus diesem Grunde packen sie manchmal völlig verschiedene Abmahnungsgründe in eine Abmahnung hinein. Außerdem
                                soll die Abmahnung möglichst lange andauern. Deshalb wird die Abmahnung möglichst bis zum Ende des Arbeitsverhältnisses in den Personalakten behalten, sehr zum Unwillen der Arbeitnehmer.
 
 
  
   Der Fall:
  
 
 
  Arbeitgeber August der Starke beschäftigt den Hofphilosophen Samuel von Pufendorf. Zusammen mit dem Personalchef Graf Flemming feiert von Pufendorf die
                                Nächte durch. Flemming und Pufendorf erscheinen deshalb stets zu spät an ihrem Arbeitsplatz. Außerdem hat Pufendorf das Erscheinungsdatum seines großen philosophischen Werkes schon mehrfach verschoben. Graf Flemming
                                kann die Finger von verschiedenen Hofdamen nicht lassen. Wegen Übermüdung schläft Pufendorf immer wieder in der Hofphilosophieabteilung vor den Augen der Kammerzofen ein. Schließlich ist der wasserscheue Samuel von
                                Pufendorf meist ungepudert und stinkt über Gebühr.
  
  Arbeitgeber August der Starke will beide abmahnen. In die Abmahnung sollen alle Vorfälle hineingepackt werden. Außerdem sollen die Abmahnungen bis ans Ende der
                                Tage zur Strafe in den Personalakten verbleiben. Samuel von Pufendorf meint, daß er nicht unvertretbar stinke. Deshalb sei die Abmahnung insgesamt falsch. Personalchef Graf Flemming bestreitet, daß er den Hofdamen
                                über Gebühr vertragswidrig nachstelle.
  
  Was ist, wenn nicht alle Vorwürfe richtig sind? Wie lange dürfen die Abmahnungen in der Personalakte verbleiben?
 
 
  
   Die Lösung
  
 
 
  
   1. Häufung von Vorwürfen
  
 
 
  Wenn Arbeitgeber August den Arbeitnehmern Pufendorf und Graf Flemming verschiedene Vertragsverstöße vorwirft, so hat er das Wahlrecht, jeweils eine oder
                                jeweils mehrere Abmahnungen zu erteilen.
  
  Eine Abmahnung braucht nicht nur ein einzelnes Fehlverhalten des Arbeitnehmers enthalten, es können auch mehrere Vorwürfe in die Abmahnung aufgenommen werden.
  
  August
                                muß jedoch darauf achten, daß er alle Tatbestände im Abmahnungsschreiben sachlich richtig darstellt und abgrenzt.
  
  Sind mehrere Vorwürfe in einer Abmahnung aufgenommen, so müssen alle Tatbestände richtig
                                wiedergegeben sein. Ist innerhalb einer Kette von Vertragsverletzungen auch nur ein Vorwurf oder ein Tatbestand falsch, so muß der Arbeitgeber August nach der Rechtsprechung die gesamte Abmahnung zurücknehmen und
                                diese aus der Personalakte entfernen.
 
 
  
   2. Erneute Abmahnung
  
 
 
  Für den Fall, daß einzelne Vorwürfe in der Abmahnung richtig, andere aber falsch sind, muß die Abmahnung insgesamt entfernt werden. Der Arbeitgeber ist
                                jedoch berechtigt, die vom Gericht nicht beanstandeten Abmahnungsteile in Form einer neuen Abmahnung gegenüber dem Arbeitnehmer erneut auszusprechen. Er kann diese neue und richtige Abmahnung dann zur Personalakte
                                nehmen.
  
  Aus taktischen Gründen ist es deshalb nicht immer klug, eine Abmahnung mit zu vielen Vorwürfen zu überfrachten. Gerade im Falle des Samuel von Pufendorf wäre es geschickter gewesen, wenn August die
                                Vorwürfe geordnet und aufgeteilt hätte. Dies gilt auch für den Personalchef Flemming, da die Vorwürfe inhaltlich völlig verschiedene Metiers betreffen.
 
 
  
   3. Wirkungsdauer der Abmahnung
  
 
 
  Die Abmahnung besitzt eine Hinweis- und Warnfunktion. Dies führt dazu, daß die Abmahnung nach einer gewissen Zeit ihre Rechtswirkung verliert. Das ist dann
                                der Fall, wenn sich der Arbeitnehmer die Vorwürfe zu Herzen nimmt und sein Verhalten entsprechend bessert. Sind dagegen zwischenzeitlich wieder einschlägige Fehlverhaltensweisen vorhanden, kann der Arbeitgeber
                                erneut abmahnen und sich auf die bereits vorangegangenen Abmahnungen beziehen.
 
 
  
   4. Fristen
  
 
 
  Sowohl nach dem Gesetz wie nach der Rechtsprechung gibt es keine festen Fristen, innerhalb derer eine Abmahnung ausgesprochen werden muß. Es gibt auch keine
                                festen Fristen, innerhalb derer eine Abmahnung ihre Wirkung verliert und aus der Personalakte wieder entfernt werden muß. Da jedoch die Abmahnung aufgrund ihres Sinn und Zweckes nur für eine bestimmte Zeitdauer ihre
                                Wirksamkeit entfalten kann, wird in der Rechtsprechung immer wieder versucht, gewisse Fristen zu ziehen. Davor ist allerdings zu warnen.
  
  Generell kann gesagt werden, daß die Fristen des
                                Bundeszentralregistergesetzes für Straftaten als Höchstfristen auch für Abmahnungen zu gelten haben. Als Faustregel kann auch davon ausgegangen werden, daß die meisten Abmahnungen nach spätestens 2 bis 3 Jahren
                                wertlos geworden sind, sofern nicht eine einschlägige Fehlverhaltensweise nachfolgt.
 
 
  
   5. Entfernung aus der Personalakte
  
 
 
  Allerdings muß die Wirkungsdauer einer Abmahnung immer nach dem Sinn und Zweck der Abmahnung und nach den Umständen des Einzelfalles beurteilt werden.
  
  Ist
                                die Abmahnung wegen fehlender weiterer einschlägiger arbeitsvertraglicher Verstöße wertlos geworden, so muß sie im Zweifel auch aus der Personalakte entfernt werden. Dasselbe gilt, wenn die Vorwürfe ganz oder zum
                                Teil falsch sind.
  
  Wird die Abmahnung nicht entfernt oder in einer “Geheimakte” weiter aufbewahrt, kann sie nach Fristablauf gleichwohl nicht mehr in Gerichtsverfahren gegen den Arbeitnehmer eingesetzt werden.
                                Eine Ausnahme von diesem Grundsatz gilt aber, wenn der Arbeitnehmer sein gerügtes Verhalten nicht geändert hat bzw. das Fehlverhalten später wiederholt.