Folge 34

Anspruch auf Teilzeitbeschäftigung – Gleicher Arbeitgeber

Der Gesetzgeber hat nunmehr einen Anspruch auf Teilzeitarbeit normiert. Dies ist auch im Erziehungsurlaub eine bedeutsame Neuerung.



Der Fall:

    Arbeitnehmerin Antoinette beansprucht bei ihrem bisherigen Arbeitgeber Robespierre während ihres Erziehungsurlaubs Teilzeitarbeit in ihrer bisherigen Tätigkeit mit 25 Wochenstunden.
    Arbeitgeber Robespierre ist genervt, weil dies schon der 5. Antrag einer Arbeitnehmerin im Erziehungsurlaub ist. Kann er sich dagegen wehren?



Die Lösung:


1. Anspruch

    Der Anspruch auf Teilzeitarbeit während des Erziehungsurlaubs ist in § 15 Abs. 4 und 5 BEerzGG gesetzliche festgeschrieben. Teilzeitarbeit darf 30 Wochenstunden nicht überschreiten. Der
    Gesetzgeber hat einen Zielkorridor von 15 – 30 Wochenstunden für diese Teilzeitarbeit vorgesehen.

    Über den Antrag auf Teilzeitarbeit und die Ausgestaltung

    sollen

    sich Arbeitnehmer und Arbeitgeber innerhalb von 4 Wochen einigen.

    Nach dieser gesetzlichen Regelung hat der Arbeitgeber entgegen bisheriger Rechtslage keine Entscheidungsfreiheit mehr. Die Arbeitnehmer
    können nach § 15 Abs. 6 BEerzGG während der Gesamtdauer des Erziehungsurlaubs sogar zweimal eine Absenkung ihrer Arbeitszeit vom Arbeitgeber beanspruchen, wenn zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer eine Einigung
    nicht zustandekommt.

    Die blanken Nerven des Arbeitgebers Robespierre können in einem kleinen Betrieb verständlich sein. Sie alleine nützen jedoch nicht, um den Anspruch von Antoinette abzulehnen.

    Es gibt
    nur die Möglichkeit des Widerspruches durch Arbeitgeber Robespierre, wenn dieser darlegt und nachweist, daß “dringende” betriebliche Gründe dem Teilzeitwunsch der Angestellten entgegenstehen.


2. Voraussetzungen des Teilzeitanspruches

    Nach § 15 Abs. 7 BEerzGG müssen für den Anspruch auf Verringerung der Arbeitszeit während des Erziehungsurlaubs folgende Voraussetzungen vorliegen:

    – der Arbeitgeber muß i.d.R. mehr
    als 15 Arbeitnehmer beschäftigen (ohne Auszubildende). Dabei gilt allerdings das “Kopf-Prinzip”. Es zählen alle Arbeitnehmer, unabhängig vom Umfang ihrer Arbeitszeit; es zählt also auch der Geringbeschäftigte
    mit 5 Stunden/Wochen voll mit;

    – das Arbeitsverhältnis der Erziehungsurlauber muß im selben Betrieb oder Unternehmen ohne Unterbrechung länger als 6 Monate bestanden haben;

    – der Anspruch muß dem
    Arbeitgeber 8 Wochen im Voraus schriftlich mitgeteilt werden;

    – der Umfang der Teilzeitarbeit soll zwischen 15 und 30 Wochenstunden betragen, darf 30 Wochenstunden aber nicht überschreiten;

    – dem Anspruch
    auf Teilzeit stehen keine dringenden betrieblichen Gründe entgegen.


3. Dringende betriebliche Gründe

    Sofern Arbeitgeber Robespierre mehr als 15 Arbeitnehmer (Kopf-Prinzip) beschäftigt, kann er die Wünsche der Angestellten Antoinette nur mit “dringenden” betrieblichen Gründen
    zurückweisen.


    Achtung: In § 8 Teilzeitgesetz werden beim Anspruch auf Teilzeit außerhalb des Erziehungsurlaubs zur Zurückweisung nur “betriebliche Gründe” verlangt.


    Im Erziehungsurlaubsgesetz sind
    deshalb die Anforderungen an eine Zurückweisung der Teilzeitarbeit weitaus strenger gesetzt. Es genügt nicht, daß Arbeitgeber Robespierre normale betriebliche und organisatorische Gründe einwendet. Vielmehr muß
    eine wesentliche Beeinträchtigung des Betriebsablaufs vorliegen.

    Eine solche wesentliche Beeinträchtigung des Betriebsablaufs kann darin gesehen werden, daß der Arbeitgeber während der entsprechenden Zeit
    keine qualifizierten Fachkräfte auf der Rest-Teilzeit-Basis findet und einstellen kann. Gerade der Arbeitsmarkt und seine Gesetze sind bei der Frage der Ablehnung von Teilzeitarbeit zwingend zu beachten.

    Sofern die widerstrebenden Interessen von Arbeitnehmer und Arbeitgeber ungefähr gleichwertig sind, muß nach dem Willen des Gesetzgebers den Wünschen der Arbeitnehmerin auf Teilzeitarbeit während des
    Erziehungsurlaubs der Vorrang eingeräumt werden.


4. Lage und Verteilung der Arbeitszeit


    Achtung: Die sehr wichtige Frage der Lage und der Verteilung der Arbeitszeit ist gesetzlich nicht geregelt. Hier kann es Probleme geben.

    Beispiele:

    a) Arbeitnehmerin Antoinette
    will die 25 Wochenstunden nur von Dienstag – Donnerstag ableiten,

    b) Antoinette will nicht freitags arbeiten.



    Bei der Verteilung der Teilzeitbeschäftigung müssen m.E. die betrieblichen Interessen
    stärker Berücksichtigung finden. Ähnlich ist es im Teilzeitgesetz geregelt. Hier hat der Arbeitgeber bei der Verteilung der neuen Arbeitszeit im Zweifel den Vorrang vor den Wünschen von Antoinette, sofern er
    nicht willkürlich oder schikanös handelt.

    Merke: Bei dem “ob” der Arbeitszeitverkürzung hat im Zweifel Antoinette den Vorrang, bei dem “wie” der neuen Verteilung dagegen Arbeitgeber Robespierre (vergleiche
    dazu die nächste Folge).

Textübernahmen aus den Arbeitsrechtsfolgen von Hans Gottlob Rühle:
Reine
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