Der Gesetzgeber hat die Möglichkeit der Teilzeitbeschäftigung im Erziehungsurlaub erheblich gestärkt.
Der Fall:
Arbeitnehmerin Antoinette ist Mutter geworden und hat Erziehungsurlaub bis zum 3. Lebensjahr ihres Kindes beantragt.
Da ihr Ehemann Louis sich bei der Kinderbetreuung ebenfalls stark
engagiert, möchte sie mit 25 Stunden pro Woche wieder berufstätig sein. Allerdings will sie ein ganz neues Berufsfeld kennenlernen. Sie bewirbt sich als Rechtsanwaltsgehilfin bei Rechtsanwalt Friedrich Wilhelm.
Das gefällt ihrem bisherigen Arbeitgeber Robespierre überhaupt nicht.
Die Lösung:
1. Mehr Teilzeit
Mit der Neuregelung des § 15 BEerzGG will der Gesetzgeber die Teilzeitarbeit im Erziehungsurlaub stärken. Damit soll insbesondere der Wiedereinstieg der Teilzeitkräfte und der Frauen in
dem Beruf stärker als bisher gefördert werden.
Aus diesem Grunde bestimmt § BEerzGG, daß auch während des Erziehungsurlaubes beide Elternteile bis zu 30 Wochenstunden weiterarbeiten können.
Dies bedeutet,
daß im Ergebnis jeder Elternteil bis zu 30 Stunden Teilzeitarbeiten kann, auch wenn beide Elternteile Erziehungsurlaub beantragt haben. Damit soll die wirtschaftliche Basis des Erziehungsurlaubes und der
gemeinsamen Betreuung der Kinder sichergestellt werden.
Die Obergrenze von 30 Wochenarbeitsstunden ist allerdings zwingend. Sofern diese Obergrenze überschritten werden soll, ist jedenfalls immer die
Zustimmung des betroffenen Arbeitgebers erforderlich.
2. Anspruch auf Teilzeitbeschäftigung
Der Gesetzgeber hat in § 15 Abs. 4 – Abs. 7 BEerzGG einen Anspruch auf Teilzeitarbeit der Erziehungsurlauber geregelt.
Dieser Anspruch auf Teilzeitbeschäftigung gilt jedoch in erster
Linie für eine Teilzeitbeschäftigung beim gleichen Arbeitgeber. Dafür sind bestimmte Voraussetzungen erforderlich (dazu in der nächsten Folge).
Allerdings hat der Gesetzgeber auch eine Teilzeit bei einem
fremden Arbeitgeber nicht ausgeschlossen.
3. Fremdarbeitgeber / Zustimmungserfordernis
In § 15 Abs. 4 BEerzGG ist bestimmt, daß während des Erziehungsurlaubs eine Erwerbstätigkeit zulässig ist, wenn die vereinbarte wöchentliche Arbeitszeit für jeden Elternteil im
Erziehungsurlaub nicht 30 Stunden übersteigt. Die Teilzeitarbeit darf auch bei einem anderen Arbeitgeber stattfinden oder im Rahmen einer selbständigen Tätigkeit. Sie braucht jedoch in diesem Falle die
Zustimmung des bisherigen Arbeitgebers.
Diese Zustimmung kann der bisherige Arbeitgeber nur innerhalb von 4 Wochen aus “dringenden betrieblichen Gründen” schriftlich ablehnen.
Diese Einschränkung des
Ablehnungsrechtes des Arbeitgebers auf “dringende” betriebliche Gründe hat die Rechtsposition der Teilzeitarbeitnehmer gestärkt. Im Zweifel muß deshalb Robespierre einer Tätigkeit der Angestellten Antoinette als
Rechtsanwaltsgehilfin bei dem Rechtsanwalt Friedrich Wilhelm zustimmen.
Entgegenstehende “dringende” betriebliche Gründe liegen insbesondere dann vor, wenn bei der neuen Tätigkeit ein Wettbewerbsverbot
verletzt oder ein Geheimnisverrat zu befürchten ist. Besonders schwerwiegend wäre es, wenn bestimmte Betriebsgeheimnisse und Kundendaten an einen Konkurrenten übergehen würden.
Dies ist jedoch im vorliegenden
Fall bei der Angestellten Antoinette nicht zu befürchten. Sie kann deshalb ihre Teilzeitbeschäftigung bei Friedrich Wilhelm durchsetzen. Schon nach altem Recht konnte der Arbeitgeber eine Beschäftigung der
Arbeitnehmer bei einem Fremdarbeitgeber aus betrieblichen Gründen widersprechen. Nach neuem Recht ist dieses Widerspruchsrecht stark eingeschränkt worden, so daß den Arbeitgeber eine erhebliche Darlegungs- und
Beweislast trifft.
4. Vier-Wochen-Frist
Das Widerspruchsrecht des Arbeitgebers besteht nur innerhalb einer Frist von 4 Wochen nach Antragstellung. Gesetzlich nicht geregelt ist die Frage, was bei Verletzung dieser Frist
geschieht. Im Zweifel gilt nach Ablauf der Frist die Genehmigung als erteilt, wenn der Arbeitgeber bis dahin nicht schriftlich widersprochen hat.
Antoinette dürfte dann auch gegen den Willen ihres bisherigen
Arbeitgebers Friedrich Wilhelm wechseln.
Achtung: Dem bisherigen Arbeitgeber Robespierre ist dringend zu raten, der Angestellten Antoinette ebenfalls eine attraktive Teilzeitbeschäftigung anzubieten. Somit
wäre zu befürchten, daß die tüchtige Antoinette von dem neuen Arbeitgeber abgeworben wird, sofern dieser die Arbeitskraft weiter benötigt. Gerade bei tüchtigen Arbeitnehmern oder Arbeitnehmern mit gesuchten
Qualifikationen ist die Abwerbegefahr groß.
Gleichwohl gibt diese praktische Erwägung dem Arbeitgeber kein Widerspruchsrecht.
Robespierre könnte den Wechsel Antoinettes zu dem Rechtsanwalt Friedrich
Wilhelm nur allein aus diesem Grunde nicht verhindern!