Folge 31

Neues im Erziehungsurlaub

Zum 1.1.2001 traten wichtige Änderungen des Bundeserziehungsgeldgesetzes in Kraft. Diese sind in der Praxis unbedingt zu berücksichtigen. Sie haben für die Arbeitnehmer wie für die
Arbeitgeber wichtige Auswirkungen.



Der Fall:

    Arbeitnehmerin Antoinette ist schwanger. Sie möchte den Erziehungsurlaub so gut wie möglich nutzen. Wichtig ist für sie, daß insbesondere auch ihr bequemer und stammtischfreudiger
    Ehemann Louis an der Kindererziehung und am Erziehungsurlaub teilnimmt. Sie möchte auch zu Beginn der Schulzeit ihres Kindes eine besondere Betreuungszeit einlegen.

    Als Arbeitgeber Robespierre vor diesen
    vielen Wünschen mißtrauisch in Deckung geht, beruft sich Arbeitnehmerin Antoinette auf das neue Erziehungsurlaubsgesetz. Zu Recht?



Die Lösung:


1. Zweck der Neuregelung

    Der Gesetzgeber wollte mit der neuen Fassung des Bundeserziehungsgeldgesetzes ab dem 1.1.2001 einerseits die Betreuungsmöglichkeit für Eltern nach der Geburt deutlich verbessern.

    Zum
    anderen wollte der Gesetzgeber durch die Einführung eines Anspruchs auf Teilzeitbeschäftigung während des Erziehungslaubs die Benachteiligung der Erziehungsurlauber minimieren. Auch während des Erziehungsurlaubs
    soll es möglich sein, die Eingliederung in den Betrieb und die entsprechenden Kenntnisse und Fertigkeiten zu erhalten.


2. Anspruchsvoraussetzungen

    In § 15 Abs. 1 Bundeserziehungsgeldgesetz (BErzGG) sind die Anspruchsvoraussetzungen für den Erziehungsurlaub geregelt.

    Wichtig ist, daß die berechtigte Person in einem Haushalt mit
    dem Kind zusammenlebt und dieses Kind selbst betreut und erzieht.

    Dabei ist es möglich, daß es sich

    – um das eigene Kind handelt, für das die Personensorge besteht,

    – das Kind des Ehegatten,

    – ein Kind, das adoptiert werden soll oder

    – um ein Kind, für das aus besonderen Gründen ein Anspruch auf Erziehungsgeld besteht.


3. Dauer des Erziehungsurlaubs

    Wie bisher besteht der Anspruch auf Erziehungsurlaub nur bis zur Vollendung des 3. Lebensjahres des Kindes.

    Das bedeutet, daß beim Erziehungsurlaub von Müttern der Erziehungsurlaub
    erst nach dem Ablauf der nachgeburtlichen Mutterschutzfrist beginnt und deshalb nicht volle 3 Jahre erreicht. Bei Männern kann der Erziehungsurlaub dagegen bereits mit der Geburt des Kindes und damit volle 3
    Jahre dauern.

    Die gesetzliche Grenze des § 15 Abs. 2 BEerzGG bis zur Vollendung des 3. Lebensjahres gilt auch für die Geburt von Zwillingen oder Drillingen. Bei Mehrlingsgeburten verlängert sich die Frist
    nicht.


4. Neu: 8. Lebensjahr

    Als wichtige Neuerung hat der Gesetzgeber in § 15 Abs. 2 BEerzGG eingeführt, daß der Erziehungsurlaub mit einem Anteil von bis zu 12 Monaten auf eine spätere Lebenszeit des Kindes
    übertragen werden darf. Dieses Übertragungsrecht besteht bis zur Vollendung des 8. Lebensjahres des Kindes.


    Achtung:

    Das Recht auf Übertragung von 12 Monaten Erziehungsurlaub, z.B. auf das erste Schuljahr des Kindes, besteht aber nur, wenn der Arbeitgeber diesem Splitting zustimmt! Umfang und Grenzen der Ablehnungsmöglichkeiten durch den Arbeitgeber in der nächsten Folge.


5. Neu: Beide Elternteile gemeinsam

    Der Erziehungsurlaub kann nach § 15 Abs. 3 BEerzGG wie bisher von jedem Elternteil alleine genommen werden.

    Neu ist, daß der Erziehungsurlaub auch von beiden Elternteilen ganz oder
    teilweise gemeinsam genommen werden kann. Auch in diesem Falle ist der Erziehungsurlaub auf 3 Jahre begrenzt.

    Auch in diesem Falle wird die Mutterschutzfrist nach § 6 Abs. 1 Mutterschutzgesetz auf diese 3
    Jahre angerechnet.


    Fall: Arbeitnehmerin Antoinette hat gegebenüber ihrem bequemen und erziehungsscheuen Ehemann Louis demnach alle Trümpfe in der Hand, wenn sie sich durchsetzen kann. Ihr Ehemann kann dann
    in Abschnitten alleine Erziehungsurlaub nehmen. Das gleiche gilt für Antoinette.

    Beispiele:

    a) Antoinette nimmt Erziehungsurlaub im 1. Lebensjahr, Louis während des 2. Lebensjahres und im 3. Lebensjahr
    jeder 1/2 Jahr.

    b) Louis nimmt 1,5 Jahre Erziehungsurlaub und Antoinette 1,5 Jahre nacheinander.

    c) Die Eltern nehmen jeweils für 3 Jahre abwechselnd immer 1/2 Jahr Erziehungsurlaub.

    d) Antoinette nimmt
    bis zum Ende des 2. Lebensjahres Erziehungsurlaub und Louis im fußballfähigen 3. Lebensjahr.

    Andererseits wäre es möglich, daß das Ehepaar Antoinette und Louis gemeinsam für eine bestimmte Zeit oder gar
    bis zu 3 Jahren Erziehungsurlaub nehmen.

    Arbeitgeber Robespierre hat dagegen keine Einspruchsmöglichkeiten. Er muß den Wünschen der Eltern folgen.


    Die Möglichkeit des gemeinsamen Erziehungsurlaubes
    wirft in den allermeisten Fällen allerdings finanzielle Probleme auf. Kaum ein Paar wird sich diese leisten können, um einen solchen gemeinsamen Erziehungsurlaub zu ermöglichen, hat der Gesetzgeber allerdings
    eine weitere Möglichkeit vorgesehen:

    Die Eltern haben die Möglichkeit zur erweiterten Teilzeit während des Erziehungsurlaubs. Dies gilt für beide Eheleute, sowohl für Antoinette, wie auch für Louis (dazu in
    späteren Folgen).

Textübernahmen aus den Arbeitsrechtsfolgen von Hans Gottlob Rühle:
Reine
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