(Stand 2025)
Frage:
Was geschieht, wenn ein Arbeitnehmer im Betrieb tatsächlich benachteiligt und diskriminiert worden ist. Hat er Anspruch auf Einstellung, Beförderung oder auf Schadenersatz?
Die Lösung
1. Kein Erfüllungsanspruch
Der Gesetzgeber hat in § 15 Abs. 6 AGG ausdrücklich geregelt, dass ein Verstoß des Arbeitgebers gegen das Benachteiligungsverbot des § 7 Abs. 1 AGG keinen Anspruch des Arbeitnehmers oder Bewerbers auf Begründung eines Beschäftigungsverhältnisses, eines Berufsausbildungsverhältnisses oder auf einen beruflichen Aufstieg auslöst. Für einen solchen Anspruch wäre eine vertragliche oder anderweitige gesetzliche Rechtsgrundlage erforderlich.
Dies bedeutet, dass benachteiligte Bewerber oder Arbeitnehmer eine Einstellung und Beförderung nicht erzwingen können. Der Grundsatz der Vertragsfreiheit bleibt damit für den Arbeitgeber trotz der Regelungen des AGG erhalten.
Etwas anderes gilt für die Kündigung. Wenn die Kündigung wegen Verstoßes gegen ein Diskriminierungsverbot rechtsunwirksam ist, besteht das Arbeitsverhältnis fort. Dies gilt aber auch dann, wenn die Kündigung aus anderen Gründen sozial nicht gerechtfertigt oder rechtsunwirksam ist.
2. Entschädigungsanspruch
Wegen eines Schadens, der nicht Vermögensschaden ist, kann die diskriminierte Person eine angemessene Entschädigung in Geld verlangen.
Der Entschädigungsanspruch kann sich gegen den Arbeitgeber richten. Da der Gesetzgeber keine Begrenzung vorgenommen hat, könnte sich der Entschädigungsanspruch auch gegen den Vorgesetzten oder Arbeitskollegen richten, der ihn diskriminiert hat.
3. Höhe der Entschädigung
Der Gesetzgeber hat in § 15 Abs. 2 AGG die Höhe der Entschädigung bei Bewerbern auf 3 Monatsgehälter begrenzt, wenn die diskriminierte Person auch bei einer benachteiligungsfreien Auswahl nicht eingestellt worden wäre.
Es handelt sich insoweit um eine Strafvorschrift gegen den Arbeitgeber dafür, dass er diskriminiert, auch wenn die betreffende Person keine Aussicht auf Einstellung gehabt hätte. Im übrigen aber hat der Gesetzgeber keine Höchstgrenzen festgelegt.
Nach dem Willen des Gesetzgebers hat die Entschädigung angemessen zu sein. Sie liegt allein in der Entscheidung der Arbeitsgerichte. Kriterien für die Höhe der Entschädigung sind:
– Grad des Verschuldens,
– Schwere und Art der Beeinträchtigung,
– Nachhaltigkeit und Fortdauer der Interessenschädigung,
– Anlass und Beweggründe für die Diskriminierung.
Bisher gehen deutsche Gerichte bei der Gewährung von Entschädigungszahlungen sehr restriktiv vor. Nach der Auffassung des Bundesarbeitsgerichts sollte die Entschädigung generell einer Monatsvergütung entsprechen. Das LAG Köln hat einer Bewerberin, die bei beanstandungsfreier Auswahl eingestellt worden wäre, eine Entschädigung in Höhe von nur 2 Monatsvergütungen zugesprochen.
Achtung: Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes muss eine Entschädigung geeignet sein, eine abschreckende Wirkung auf den Arbeitgeber und die Vorgesetzten zu haben. Sie muss in
einem angemessenen Verhältnis zum erlittenen Schaden stehen. Daraus folgt, dass in Zukunft die Arbeitsgerichte gehalten sind, deutlich höhere Entschädigungssummen festzusetzen, auch wenn die Höhe der
amerikanischen Entschädigungszahlungen (Millionenhöhe) nicht erreicht werden sollen.
4. Schadenersatz / Verschulden
Neben dem Entschädigungsanspruch hat der Gesetzgeber in § 15 Abs. 1 AGG den benachteiligten Personen einen Schadenersatzanspruch gegen den Arbeitgeber zugestanden. Der Schadenersatzanspruch besteht allerdings dann nicht, wenn der Arbeitgeber die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat.
Nach dem Gesetz werden in diesen Fällen bei Verschulden des Arbeitgebers auch Vermögensschäden ersetzt, die der Arbeitnehmer durch die Benachteiligung erlitten hat.
5. Vermögensschäden
Wäre der Bewerber ohne Benachteiligung eingestellt worden, so hat er Anspruch auf das Arbeitsentgelt zumindest bis zum Ende des ersten möglichen Kündigungstermins. Allerdings ist anderweitiger Erwerb schadensmindernd zu berücksichtigen.
Wird ein Arbeitnehmer bei der Beförderung übergangen, so kann der Arbeitnehmer den Unterschiedsbetrag zwischen den Vergütungen bis zum Ende des Arbeitsverhältnisses verlangen.
6. Gesetzliche Ausschlussfrist
Ein Schadenersatz- oder Entschädigungsanspruch muss nach § 15 Abs. 4 AGG binnen einer Frist von 2 Monaten schriftlich beziffert beim Schuldner geltend gemacht werden. Die Frist beginnt mit Zugang der Ablehnung bzw. der Kenntnis der Diskriminierung.
Lehnt der Schuldner die Zahlung ab, so muss der Anspruch binnen 3 Monaten beim Arbeitsgericht geltend gemacht werden, § 616 Arbeitsgerichtsgesetz.