Jeder Arbeitgeber hat ein Interesse daran, vor einer Einstellung zu überprüfen, ob er den richtigen Bewerber gefunden hat. Deshalb gilt auch im Arbeitsverhältnis für beide Seiten
zunächst einmal “drum prüfe, wer sich ewig bindet”.
Der Fall:
Arbeitgeber Ronald Regen geht davon aus, daß generell alle Bewerber für ein Arbeitsverhältnis lügen, um die Stelle zu bekommen. Zumindest aber unterstellt er den Bewerbern, daß sie sich
so schön reden, wie es irgend nur möglich ist. Eine normale Befragung ist für den Arbeitgeber Ronald Regen nicht ausreichend. Er überlegt deshalb, ob er die Arbeitnehmer zunächst einmal über eine Detektei
überprüfen läßt, frühere Arbeitgeber befragt und ähnliches mehr.
Die Bewerber wissen das nicht. Darf Ronald Regen solche Maßnahmen ergreifen? Müssen sich die Bewerber das bieten lassen?
Die Lösung:
1. Informationsbedürfnis
Es ist zunächst einmal legitim, daß der Arbeitgeber Ronald ein vehementes Informationsinteresse über seine Bewerber hat. Es ist nichts dagegen einzuwenden, daß er versucht, den
geeignetsten Bewerber zu finden.
Arbeitgeber Ronald muß allerdings seine Ermittlungen und Nachfragen im Rahmen der geltenden Gesetze halten. Er darf insbesondere nicht versuchen, rechtswidrig in die
Intimsphäre eines Arbeitnehmers einzubrechen oder den Datenschutz zu verletzen.
2. Auskunft vom früheren Arbeitgeber
Der neue Arbeitgeber ist grundsätzlich berechtigt, bei früheren Arbeitgebern Auskünfte über einen Bewerber einzuholen. Ein solches Auskunftsrecht besteht allerdings dann nicht, wenn der
Bewerber es dem zukünftigen Arbeitgeber untersagt hat, sich bei einem früheren oder bei dem derzeitigen Arbeitgeber zu erkundigen.
Ein solches Verbot empfiehlt sich insbesondere in einem bestehenden
Arbeitsverhältnis. Wenn der derzeitige Arbeitgeber durch eine solche Nachfrage von einer Bewerbung erfährt, kann dies zu erheblichen Störungen im Arbeitsverhältnis führen.
Führt der neue Arbeitgeber trotz des
Verbotes eine solche Umfrage durch, so kann er sich ggf. schadenersatzpflichtig machen. Dies gilt vor allem dann, wenn der Arbeitnehmer durch eine Nachfrage des Arbeitgebers Ronald Regen seinen aktuellen
Arbeitsplatz verliert.
Der neue Arbeitgeber Ronald hat gegenüber einem früheren Arbeitgeber allerdings keinen Anspruch auf Auskunft. Zu den beiden Arbeitgebern besteht keine Vertragsbeziehung.
Sofern der
Bewerber jedoch gut gearbeitet hat und einen guten Leumund hat, hat er ein eigenes Interesse daran, daß der frühere Arbeitgeber bei der Bewerbung eine positive Auskunft gegenüber dem neuen Arbeitgeber gibt. Die
Rechtsprechung hat deshalb anerkannt, daß der alte Arbeitgeber im Rahmen einer “nachwirkenden Fürsorgepflicht” zu einer ordentlichen und wahrheitsgemäßen Auskunft verpflichtet ist, sofern der Arbeitnehmer dies
wünscht. Der alte Arbeitgeber hat nämlich aus dem früheren Arbeitsverhältnis die Pflicht, an der beruflichen Weiterentwicklung seines früheren Arbeitnehmers in zumutbarer Weise mitzuhelfen.
3. Detektei
Grundsätzlich ist es bedenklich, über bestimmte Arbeitnehmer, die in die engere Auswahl gelangt sind, auch über eine Detektei Einkünfte einzuholen. Allerdings kann es auch kaum
verhindert werden. Einfacher und billiger ist es allerdings, vom Arbeitnehmer ein polizeiliches Führungszeugnis zu verlangen, um bestimmte strafrechtliche Bereiche abzuprüfen. Ein polizeiliches Führungszeugnis
darf jedoch nur dann verlangt werden, wenn der Arbeitnehmer in einem entsprechenden sicherheitsrelevanten Bereich arbeitet, z.B. in einer Vertrauensstellung, bei einer Bank, bei der Verwaltung von Vermögen, bei
Einblick in sensible Daten über die EDV etc.
4. Schuldnerkartei
Es existieren gewisse Schuldnerverzeichnisse, z.B. im Bankenbereich die sog. “Schufa”.
Ronald Regen hat ein Interesse daran zu erfahren, ob sein Bewerber hochverschuldet ist,
Vorpfändungen hat und ähnliches mehr. Gegen die Einblicknahme in diverse Schuldnerverzeichnisse spricht jedoch generell der Datenschutz. Soweit Ronald Regen sich hier Informationen verschafft, könnte er
rechtswidrig handeln oder sich gar strafbar machen.
Ggf. müßte der Arbeitgeber statt dessen den Bewerber bei der Einstellung nach seinen Vermögensverhältnissen bzw. nach Schulden fragen. Eine solche Frage ist
jedenfalls dann zulässig, wenn der Arbeitnehmer später über größere Vermögensinteressen des Arbeitgebers verfügt.
5. Schadenersatz/falsche Auskunft
Erteilt der frühere Arbeitgeber dem neuen Arbeitgeber eine falsche Auskunft über die Qualifikation und das Verhalten im alten Arbeitsverhältnis, so macht sich der frühere Arbeitgeber
eventuell schadenersatzpflichtig. Dasselbe gilt, wenn sich der frühere Arbeitgeber zu Unrecht weigert, für seinen ehemaligen Arbeitnehmer eine förderliche Auskunft zu geben.
Sofern die Auskunft viel zu gut
war, könnte sich der frühere Arbeitgeber gegenüber dem neuen Arbeitgeber schadenersatzpflichtig machen, wenn bei einer ordnungsgemäßen Auskunft die Einstellung nicht erfolgt wäre. Sofern die Auskunft zu schlecht
war, hätte der ehemalige Arbeitnehmer einen Schadenersatzanspruch, wenn er bei einer ordentlichen Auskunft die Stelle erhalten hätte. Das Gleiche gilt, wenn der frühere Arbeitgeber rechtswidrig eine
ordnungsgemäße Auskunft gegenüber dem neuen Arbeitgeber abgelehnt hat.
6. Telefonische Auskünfte
Es ist immer gefährlich, am Telefon Auskünfte zu erteilen. Der ehemalige Arbeitgeber sollte im eigenen Interessen grundsätzlich keine telefonischen Auskünfte erteilen. Er kann nicht
überprüfen, inwieweit sich eine telefonische Auskunft später gegen ihn selbst wendet.
Der frühere Arbeitgeber ist berechtigt, sofern er Auskunft geben muß oder will, alle anfragenden Personen auf den
Schriftweg zu verweisen.
Wenn der Arbeitgeber dann eine schriftliche Auskunft gibt, ist er jederzeit in der Lage, auch dem früheren Arbeitnehmer gegenüber eine Abschrift zu erteilen oder nachzuweisen, wie
diese Auskunft auszusehen hat. Er kann sich so gegen Schadenersatzansprüche in bester Weise schützen.
7. Kein “gläserner Bewerber”
Die Rechtsprechung und das Gesetz haben dem “Informationsbedürfnis” des neuen Arbeitgebers Grenzen gesetzt. Der neue Arbeitgeber ist nicht berechtigt, den Bewerber unangemessen zu
durchleuchten und sein Privatleben, seine Intimsphäre oder bestimmte persönliche Daten zu erfahren.
Der neue Arbeitgeber hat nur einen Anspruch auf solche Daten, die im Zusammenhang mit dem Arbeitsverhältnis
stehen und in diesem Zusammenhang für ihn im Rahmen eines berechtigten Interesses wichtig sind.
Im übrigen muß aber der Arbeitgeber Ronald Regen sein Mißtrauen zurückstellen und bei der Einstellung das Risiko
eingehen, ggf. auch “den Falschen” einzustellen.