Der Fall
 
  Trainer Helmut Schön stand in einem unbefristeten Arbeitsverhältnis in der Regionalliga. Als ihm ein befristeter Trainervertrag in der 2. Bundesliga angeboten wurde, mit der Aussicht auf
                                    Verlängerung, kündigte er. Sein befristetes Trainerarbeitsverhältnis in der 2. Bundesliga wurde jedoch dann nicht verlängert. Die Arbeitsagentur hat eine Sperrzeit wegen Arbeitsaufgabe verhängt. Schön habe seine
                                    Arbeitslosigkeit durch den Wechsel in die Befristung zumindest grob fahrlässig herbeigeführt.
  
  Willy Quadflieg war als Bühnenarbeiter im Theater unbefristet beschäftigt. Der Theaterintendant Piscator wurde
                                    auf ihn und seine schauspielerischen Fähigkeiten aufmerksam. Er bot ihm im Drama Macbeth die Hauptrolle befristet für eine Spielzeit an. Willy Quadflieg beendete seine Bühnenarbeitertätigkeit per
                                    Auflösungsvertrag und schloß den befristeten Arbeitsvertrag ab. Nachdem kein Anschlußengagement erfolgte, meldete er sich arbeitslos. Die Arbeitsagentur will eine Sperrzeit verhängen.
  
  Die Handpoliererin
                                    Agatha Christie will vom Limousinenpolieren zum Krimimilieu wechseln. Doch ihr Arbeitgeber Ettore Bugatti will trotz Drängens keine Kündigung aussprechen, da Agatha glänzend poliert. Aus diesem Grunde kündigt
                                    Agatha selbst und nimmt pro forma für 2 Monate bei der Sängerin Erika Köth ein Arbeitsverhältnis Noten-Interpoliererin an. Nach 2 Monaten endet das Engagement. Als Starthilfe für die Krimi-Karriere möchte Agatha
                                    12 Monate Arbeitslosengeld. Die Arbeitsagentur will eine Sperrzeit verhängen.
  
  Arbeitgeber James Cooper kündigt Winnetou auf dessen dringenden Verlangens hin nur sehr ungern betriebsbedingt, weil er sehr viel
                                    Arbeit hat und Winnetou brauchen könnte. Winnetou benötigt aber viel Freizeit und Arbeitslosengeld, um gemeinsam mit Old Shatterhand in aller Ruhe den Henry-Stutzen einzuschießen und einen schönen Federschmuck
                                    für den nächsten Kriegspfad zu kreieren.
  
  Als die Arbeitsagentur nachfragt, gesteht Arbeitgeber James Cooper ein, nur auf Verlangen von Winnetou gekündigt zu haben.
  
  Alle Arbeitnehmer wenden sich gegen die verhängte Sperrzeit.
 
 
  Die Lösung
 
 
  1. Versicherungswidriges Verhalten
 
  Die Auflösung eines unbefristeten Arbeitsverhältnisses mit dem Ziel, ein befristetes Arbeitsverhältnis einzugehen, stellt generell nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts ein
                                    grob fahrlässiges Verhalten in Sinne des § 144 SGB III dar. Führt das anschließende befristete Arbeitsverhältnis zur Arbeitslosigkeit, so ist letztendlich stets ein versicherungswidriges Verhalten gegeben. Es
                                    stellt sich nur die Frage, ob die Arbeitnehmer dafür einen wichtigen Grund hatten, der dieses versicherungswidrige Verhalten rechtfertigt.
  
  Anderenfalls wäre die Verhängung einer Sperrzeit rechtlich nicht zu
                                    beanstanden.
 
 
  2. Trainer Helmut
 
  Helmut Schön hat ein unbefristetes Arbeitsverhältnis aufgegeben, um eine Befristung in der 2. Bundesliga einzugehen. Da dieses befristete Arbeitsverhältnis nicht fortgesetzt wurde, liegt
                                    in der Gesamtschau eine Arbeitsaufgabe vor, die zu einer Sperrzeit führen könnte.
  
  Von einer Sperrzeit ist nur abzusehen, wenn ein wichtiger Grund i.S.d. § 144 Abs. 1 Satz 1 SGB III vorliegt. Bei der
                                    Beurteilung des wichtigen Grundes ist zu beachten, daß dem Arbeitnehmer die Freiheit der Berufswahl grundsätzlich verbürgt ist.
  
  Wegen dieser jedem Arbeitnehmer zustehenden Grundrechtsposition muß generell
                                    auch die Möglichkeit vorhanden sein, attraktive andere Arbeitsverhältnisse aufzunehmen und ein weniger attraktives Arbeitsverhältnis zu beenden.
  
  Der Aufstieg eines Trainers von der Regionalliga in die 2.
                                    Bundesliga ist sowohl von der Aufgabe, wie auch von den Einkommensverhältnisse her ein deutlicher Aufstieg. Es kann dem Arbeitnehmer nicht verwehrt werden, eine finanziell weitaus attraktivere Position
                                    einzunehmen, auch wenn er das Risiko der Befristung dabei eingehen muß.
  
  Nach Abwägung der Gesamtumstände muß deshalb davon ausgegangen werden, daß der Trainer Helmut Schön einen wichtigen Grund zum Aussteigen
                                    aus der unbefristeten Position hatte. Auch wenn letztendlich die Herbeiführung der Arbeitslosigkeit fahrlässig war, so wiegt dieser wichtige Grund dies auf und verhindert die Verhängung einer Sperrzeit.
 
 
  3. Vom Bühnenarbeiter zum Schauspieler
 
  Willy Quadflieg kann für das Ausscheiden aus dem unbefristeten Arbeitsverhältnis des Bühnenarbeiters nicht geltend machen, daß er sich als Schauspieler im Anfängerstatus finanziell
                                    deutlich verbessert hätte. So gut verdienen Schauspieler am Anfang nicht.
  
  Unabhängig von der finanziellen Situation muß jedoch die grundgesetzlich verbürgte Freiheit der Berufswahl auch dem Arbeitnehmer offen
                                    stehen, der alleine von der Tätigkeit her eine attraktiv erscheinende andere Tätigkeit im befristeten Arbeitsverhältnis aufnehmen möchte.
  
  Willy Quadflieg war der Wechsel in ein anderes Berufsfeld zwar nicht
                                    mit einer erheblich besseren Bezahlung versüßt worden. Der Wechsel war jedoch mit einer deutlichen Erweiterung und Verbesserung seiner beruflichen Möglichkeiten und eines entsprechenden beruflichen Aufstiegs
                                    verbunden. Aus diesem Grunde kann von einer mißbräuchlichen Gestaltung des anschließenden befristeten Arbeitsverhältnisses nicht die Rede sein. Ein wichtiger Grund für den Wechsel in das befristete
                                    Arbeitsverhältnis war gegeben.
 
 
  4. Starthilfe für Krimi-Karriere
 
  Im Falle von Agatha Christie muß davon ausgegangen werden, daß letztendlich das Arbeitsverhältnis von 2 Monaten bei der Sängerin Erika Köth nur zur Tarnung diente und dazu, eine
                                    Sperrzeitregelung wegen Eigenkündigung oder Auflösungsvertrages zu umgehen.
  
  Da das befristete Arbeitsverhältnis sich nur auf einen unwesentlichen Zeitraum erstreckte und Agatha Christie einen sicheren
                                    unbefristeten Job bei Ettore Bugatti aus rein persönlichen Interessen aufgab, ist die Verhängung einer Sperrzeit von 12 Wochen gerechtfertigt.
 
 
  5. Kündigung auf Verlangen
 
  Formal gesehen hat Arbeitgeber James Cooper dem Mitarbeiter Winnetou zwar betriebsbedingt gekündigt, tatsächlich aber fußte die Kündigung nicht auf betrieblichen Gründen, sondern auf dem
                                    Verlangen des Arbeitnehmers Winnetou.
  
  Da es sich hier um eine mißbräuchliche Gestaltung der Kündigung handelte und letztendlich hinter der Kündigung der Wille zur Arbeitsaufgabe durch Winnetou steckte, lag
                                    ein versicherungswidriges Verhalten von Winnetou vor. Es gibt keinen wichtigen Grund für dieses Verlangen, da die privaten Freizeitinteressen des Arbeitnehmers für die Arbeitsagentur ohne Belang sind.
  
  Die
                                    Verhängung einer Sperrzeit durch die Arbeitsagentur war nach dem Geständnis des Arbeitsgebers James Cooper unvermeidlich.