Folge 269

Nebentätigkeiten IV


Der Fall

    Der Schokoladenmischmaschinenarbeiter Wenzeslaus von Knobelsdorff kann seit Jahren wegen seiner schweren Bandscheibenerkrankung keine Kakaobohnensäcke mehr schleppen. Nach dem Tod seines
    Vaters will er aber dessen Nebenerwerbslandwirtschaft weiter betreiben. Arbeitgeber Corelli verbietet dies strikt und droht die Kündigung an. Sänger Antonius Salieri hat sich wegen Stimmbandflattern und einem
    steifen Hals bei den städtischen Bühnen krank gemeldet. Intendant Eckewitz trifft Salieri beim Schlendern durch die Stadt als Eisverkäufer an. Er wittert unerlaubte Nebentätigkeit und Schwarzarbeit.


Die Lösung


1. Arbeitsunfähigkeit

      Ist ein Arbeitnehmer wegen einer Krankheit arbeitsunfähig, so muß er alles tun, um möglichst bald zu genesen. Er hat alles zu unterlassen, was genesungsschädlich wäre. Auch wenn eine
      Krankheit, wie Bandscheibenschäden, nicht zur ständigen Arbeitsunfähigkeit führt, ist der Arbeitnehmer gleichwohl verpflichtet, alles Zumutbare zu tun, um seine Arbeitsfähigkeit zu behalten oder
      herbeizuführen.

      Dies bedeutet nicht, daß während einer Erkrankung jede Nebentätigkeit oder sonstige Betätigung untersagt wäre. Zunächst ist immer auf die konkrete Erkrankung abzustellen und die Frage, was
      in Bezug auf diese Krankheit genesungsschädlich wäre.

      Die Tätigkeit in der Nebenerwerbslandwirtschaft wäre für den bandscheibengeschädigten Wenzelslaus von Knobelsdorff in jedem Falle
      gesundheitsschädlich. Seine Ausfälle durch Arbeitsunfähigkeit würden dadurch nicht gestoppt, sondern gefördert. Alleine das nicht zu vermeidende schwere Heben ist gesundheitsschädlich. Das gleiche gilt für
      das besonders rückenschädliche Trecker-Fahren auf dem Acker. Arbeitgeber Corelli hat deshalb gute Gründe, Herrn von Knobelsdorff die Nebentätigkeit nicht zu gestatten.

      Sänger Antonio Salieri muß beim
      Eisverkaufen während seiner Arbeitsunfähigkeit in der Marburger Oberstadt nicht notwendigerweise singen. Intendant

      Eckewitz hätte insoweit eventuell keine Beanstandung. Allerdings deutet der steife Hals
      von Salieri auf eine Erkältungskrankheit hin. Eisverkaufen ist jedenfalls bei Erkältungskrankheiten nicht genesungsförderlich. Das viele Reden als Eisverkäufer strapaziert außerdem zusätzlich die
      Stimmbänder. Salieri verstößt deshalb gegen seinen Arbeitsvertrag, wenn er während der Erkrankung Eis verkauft. Intendant Eckewitz kann dies untersagen bzw. ihn abmahnen.

      Insgesamt ist es stets
      problematisch, wenn ein Arbeitnehmer während der Arbeitsunfähigkeit eine andere Erwerbstätigkeit durchführt. Diese Tätigkeit muß zwar nicht stets genesungsfeindlich sein. Im Einzelfall kann sie sogar
      genesungsförderlich sein. Es kann aber in jedem Falle das Vertrauensverhältnis zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber erheblich belastet werden. Aus diesem Grunde empfiehlt es sich dringend, eine solche
      Nebentätigkeit vorher anzuzeigen und ggf. die Genehmigung des Arbeitgebers einzuholen.


2. Schwarzarbeit

    Schwarzarbeit ist nach dem „Gesetz zur Bekämpfung der Schwarzarbeit“ verboten. Dies gilt auch für Nebentätigkeiten. Der Vertrag zwischen dem Nebenarbeitgeber und dem Schwarzarbeiter ist
    deshalb wegen Verstoßes ein zwingendes Gesetz gem. § 134 BGB nichtig.

    Dies bedeutet nicht, daß der Arbeitgeber dadurch von der Lohnzahlungspflicht befreit wird. Der Schwarzarbeiter kann Wertersatz bzw. den
    Lohn gleichwohl verlangen. Schwarzarbeit führt auch nicht dazu, daß der Haupt-Arbeitgeber automatisch abmahnen oder kündigen könnte. Es kommt darauf an, ob die Schwarzarbeit das Hauptarbeitsverhältnis
    beeinträchtigt.

    Im Falle des Eisverkäufers Salieri ist davon auszugehen, da der Eisverkäufer mit seiner Tätigkeit seine Gesundheit weiter schädigt, indem er Stimmbänder belastet und den steifen Hals nicht
    auskuriert.

    Arbeitgeber Eckewitz kann Salieri deshalb nicht nur wegen Verletzung seiner Genesungspflichten, sondern auch wegen vertragswidriger Schwarzarbeit abmahnen.


3. Nebentätigkeit im Urlaub

    Nach § 8 Bundesurlaubsgesetz darf der Arbeitnehmer während des Urlaubs keine dem Urlaubszweck widersprechende Erwerbstätigkeit leisten. Eine urlaubswidrige Tätigkeit liegt dann vor, wenn
    eine anderweitige Arbeitstätigkeit / Nebentätigkeit ein solches Ausmaß besitzt, daß die durch den Urlaub bezweckte Erholung nicht stattfinden kann. Dies ist im Einzelfall zu prüfen, da unter Umständen
    Nebentätigkeiten trotz großer Anstrengung erholungsförderlich sein können (z.B. Trecking in Nepal, Segeln um den Admirals-Cup).

    Bei Verstößen gegen den Erholungszweck des Bundesurlaubsgesetzes können die
    Urlaubsvergütungsansprüche, d.h. der Anspruch auf Urlaubsentgelt und Urlaubsgeld entfallen. Hat jedoch der Arbeitgeber die Nebentätigkeit zuvor generell genehmigt, so darf der Arbeitnehmer diese Nebentätigkeit
    auch während des Urlaubs ausüben, ohne daß die Urlaubsvergütungsansprüche entfallen.

Textübernahmen aus den Arbeitsrechtsfolgen von Hans Gottlob Rühle:
Reine
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