Der Fall
Die moderne Arbeitgeberin Maria Theresia wickelt ihrer Unternehmens- und Finanzberatung nur noch über das Internet ab. Entsprechend sind ihrer Mitarbeiter während der gesamten
Arbeitszeit im Internet beschäftigt. Seit dem Jahr 2000 befindet sich auf der Startseite des Unternehmens oben links ein rot unterlegter Hinweis: „Internet nur zum dienstlichen Gebrauch“. Wird dieser Hinweis
angeklickt, so erfolgt eine gesperrt geschriebene Warnung. Darin wird mitgeteilt, daß jeder Zugriff auf Internetseiten mit pornografischem, gewaltverherrlichendem oder rassistischem Inhalt registriert und
gespeichert wird und daß Mitarbeiter, die hier tätig werden, mit arbeitsrechtlichen Konsequenzen rechnen müssen.
Außerdem hat Maria Theresia durch ein Rundschreiben an alle Mitarbeiter auf das Verbot zur
privaten Internetnutzung hingewiesen.
Im Zuge einer Routinekontrolle der Festplatte stellte Maria Theresia fest, daß der von ihr ungeliebte, aber altgediente Mitarbeiter Fritz Pommerol in den letzten 3
Monaten ca. 30.000 Zugänge auf privaten Seiten aufzuweisen hatte, vorwiegend E-bay, aber auch verschiedene Chat-Foren. Großes Interesse hatte er auf Wohnmobil-Verkaufsseiten gerichtet und auf den Ankauf von
Jagdgewehren. Besonders schmerzte sie das Interesse des alten Fritz bei Last-Minute-Angeboten für Reisen nach Schlesien.
Beim Arbeitnehmer Jerome Lustigk stellte sie fest, daß dieser stundenlang mit diversen
Freundinnen gechattet hat. Außerdem hat er zu Hunderten pornografische Seiten und Videos heruntergeladen und dann teilweise per e-mail unter Angabe der Firmenadresse in seinem weiten Bekanntenkreis verschickt.
Maria Theresia kündigt beiden Mitarbeitern wegen grober Treuewidrigkeit fristlos. Jerome und Fritz sind beleidigt, weil sie dies für eine überzogene Reaktion halten. Sie behaupten, von dem Verbot der
privaten Internetnutzung nichts gesehen und gehört zu haben. Maria Theresia habe keine klaren Verhältnisse geschaffen. Allenfalls sei eine Abmahnung gerechtfertigt.
Die Lösung
3. Abmahnung
Vor Ausspruch einer Kündigung muß ein Arbeitgeber zunächst prüfen, ob nach dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit eine Abmahnung ausreicht, um eine Vertragsverletzung, Schlechtleistung
etc. zu ahnden.
In vielen Fällen kann auch eine Ermahnung ausreichen, um dem Arbeitnehmer klar zu machen, daß sein Verhalten nicht geduldet wird. Die Abmahnung enthält im Gegensatz zur Ermahnung die Androhung
weiterer arbeitsrechtlicher Schritte oder gar einer Kündigung, falls der Arbeitnehmer sein Verhalten nicht ändert.
Die Abmahnung hat 3 Funktionen:
– Sie enthält eine Hinweisfunktion, mit der der gerügte
Sachverhalt dargestellt wird.
– Durch den Hinweis auf arbeitsrechtliche Schritte enthält sie eine Warnfunktion. Der Arbeitnehmer muß wissen, daß weitere vertragliche Verstöße für ihn kritisch werden.
–
Grundsätzlich zu empfehlende schriftliche Abmahnung enthält darüber hinaus eine Dokumentationsfunktion. Mit der schriftlichen Abmahnung wird dokumentiert, was der Arbeitgeber im einzelnen beanstandet hat und wie
er den Arbeitnehmer verwarnt hat.
Achtung: wegen der Hinweis- und Dokumentationsfunktion ist es wichtig, daß das gerügte Verhalten in der Abmahnung deutlich und nachvollziehbar bezeichnet worden ist. Floskeln
wie „Ihre ständigen Vertragsverletzungen“ oder „Ihre laufenden Schlechtleistungen“ führen dazu, daß eine Abmahnung unsubstantiiert und damit unwirksam ist.
Mit dem Erfordernis der einschlägigen Abmahnung vor
Ausspruch einer Kündigung soll gerade auch bei Internet-Verstößen dem Einwand des Arbeitnehmers begegnet werden, er habe die Pflichtwidrigkeit seines Verhaltens nicht erkennen können und nicht damit rechnen
müssen, daß der Arbeitgeber sein vertragswidriges Verhalten als besonders schwerwiegend ansieht.
Wichtig: Aus diesem Grunde bedarf es stets einer Abmahnung, wenn der Arbeitnehmer mit vertretbaren Gründen
annehmen durfte, daß sein Verhalten entweder nicht vertragswidrig sei oder vom Arbeitgeber zumindest nicht als ein erhebliches, den Bestand des Arbeitsverhältnisses gefährdendes Fehlverhalten angesehen wird.
4. Private Internetnutzung
Der Arbeitgeber entscheidet alleine darüber, ob er seinen Mitarbeitern gestattet, am Arbeitsplatz mit seinen Geräten und ggf. auf seine Kosten das Internet privat ganz oder teilweise zu
nutzen oder ob er ein generelles Verbot der privaten Internetnutzung ausspricht. Kein Arbeitnehmer hat ohne entsprechende Vereinbarung das Recht, das Internet am Arbeitsplatz auf Kosten des Arbeitgebers während
seiner Arbeitszeit privat zu nutzen.
Auch der Betriebsrat hat kein Recht, die private Nutzung des Internet durch Mitarbeiter gegen den Arbeitgeber durchzusetzen.
Achtung: Besonders problematisch ist die
stillschweigende Duldung der privaten Internetnutzung durch den Arbeitgeber oder der Umstand, daß der Arbeitgeber zu dieser Frage den Mitarbeitern keine klare Mitteilung macht. Hier kann es zu groben
Mißverständnisse kommen, die im Zweifel zu Lasten des Arbeitgebers gehen. Da der Arbeitgeber der Dienstherr ist, ist er im Rahmen seiner Organisationsmacht auch verpflichtet, diese Frage klar zu regeln.