Der Fall
 
  Greta Garbo ist als Filialleiterin im Drogeriemarkt einer Kette seit 2 Jahren b
  
   eschäftigt. Sie hat 3 Untergebene.
   
   Es besteht die Personalanweisung an
                                    alle, sowohl bei Personalkauf in der Filiale wie auch bei dem Einbringen persönlicher Waren in die Filiale jeweils eine schriftliche Gegenzeichnung bzw. Bestätigung einer Arbeitskollegin einzuholen. Für die
                                    mitgebrachten oder in der Filiale gekauften Zigarettenschachteln läßt sie weisungswidrig niemanden gegenzeichnen.
   
   Wegen immer höherer Inventurdifferenzen, insbesondere auch im Zigarettenbereich ließ die
                                    Arbeitgeberin eine große Sendung Zigaretten heimlich markieren und die Chargennumerierung der Schachteln schriftlich festhalten.
   
   Bei einer späteren Taschenkontrolle wurde bei Greta eine Schachtel Zigaretten
                                    im Wert von 3,25 Euro gefunden. Die Zigarettenmarke wurde in der Filiale verkauft. Die Zigarettenschachtel war markiert und wies die vorher festgehaltene Chargennummer auf. Greta bestritt in einer Anhörung alle
                                    Vorwürfe. Sie behauptete, die Zigaretten an einer Tankstelle gekauft zu haben. Ggf. sei ihr die Schachtel von einer Kollegin untergeschoben worden. Im übrigen solle sich die Arbeitgeberin nicht so anstellen, da
                                    es sich nur um eine geringwertige Ware handele.
   
   Die Arbeitgeberin kündigte gleichwohl fristlos wegen Diebstahls bzw. wegen des dringenden Diebstahlverdachtes.
   
   Greta hält die Kündigung für unwirksam.
  
 
 
  
   Die Lösung
  
 
 
  
   5. Verdachtskündigung / Tatkündigung
  
 
  
   Ist eine Vertragsverletzung oder gar eine Straftat im Arbeitsverhältnis erwiesen und klar, so kann der Arbeitgeber eine Tatkündigung, z.B. eine Kündigung
                                    wegen erwiesener Straftat aussprechen. Oft ist aber die Lage nicht völlig klar, es liegen aber erhebliche Indizien vor. In diesem Falle kann der Arbeitgeber eine ordentliche oder außerordentliche
                                    Verdachtskündigung aussprechen. Da bei einer Verdachtskündigung der letzte Beweis fehlt, sind die Voraussetzungen allerdings streng:
   
   – es muß ein durch Tatsachen belegter und erhärteter, nahezu unabweisbarer
                                    Verdacht bestehen, daß die Arbeitnehmerin eine bestimmte strafbare Handlung oder Vertragsverletzung begangen hat,
   
   – durch diesen dringenden und mit Tatsachen belegten Verdacht ist das Arbeitsverhältnis und
                                    das Vertrauensverhältnis massiv beeinträchtigt,
   
   – die Arbeitgeberin hat die Arbeitnehmerin vor Ausspruch der Kündigung zu dem Verdacht angehört und ihr die Möglichkeit zur Rechtfertigung oder zur Entkräftung
                                    des Verdachtes gegeben,
   
   – die Arbeitgeberin hat alle ihr möglichen und sowohl wirtschaftlich wie technisch zumutbaren Aufklärungsmaßnahmen durchgeführt,
   
   – der Arbeitgeberin ist es unter Abwägung aller
                                    Umstände des Einzelfalls gleichwohl nicht mehr zumutbar, das Arbeitsverhältnis wegen dieses Verdachtes und des Vertrauensverlustes fortzusetzen.
   
   Filialleiterin Greta wurde vor Ausspruch der Kündigung
                                    angehört. Die Arbeitgeberin hat ihre Zigarettenschachteln markiert und die Chargennummern auf der Banderole aufgeschrieben. Damit hat die Arbeitgeberin auch die Voraussetzungen der Verdachtskündigung erfüllt.
  
 
 
  
   6. Beweispflicht der Arbeitgeberseite
  
 
  
   Bei jeder verhaltensbedingter Kündigung, ob ordentlich oder außerordentlich, muß die Arbeitgeberseite im Bestreitensfalle die den Kündigungsgrund bildenden
                                    Tatsachen darlegen und beweisen. Diese Beweispflicht stellt für die Arbeitgeberseite oft eine schwierige Hürde dar. Gleichwohl ist die Kündigung unwirksam, wenn die Arbeitgeberin die den Kündigungsgrund
                                    bildenden Tatsachen nicht im einzelnen nachweist. Allgemeine Erfahrungsgrundsätze, Wahrscheinlichkeiten und allgemeine Verdachtsmomente reichen nicht aus!
   
   In unserem Falle hat Greta zum einen die
                                    Personalanweisungen über die Kennzeichnung eingebrachter eigener Waren verletzt. Die Arbeitgeberin hat weiter die aufgefundene Zigarettenschachtel markiert und die Chargennummer notiert. Diese stimmt mit der
                                    Banderole auf der Zigarettenschachtel überein.
   
   Damit hat die Arbeitgeberin ihre Nachweispflicht für eine Tatkündigung erfüllt.
  
 
 
  
   7. Einwendungen der Arbeitnehmerin
  
 
  
   Hat die Arbeitgeberseite ihre Beweispflicht erfüllt, so kann die Arbeitnehmerseite entlastende Gegenbeweise führen. Dazu müssen aber auch entsprechende
                                    Beweismittel vorhanden sein. Es reicht nicht aus, daß Greta einfach behauptet, die Zigarettenschachtel stamme von einer Tankstelle oder Arbeitskolleginnen hätten ihr diese Schachtel unterschoben. Für solche
                                    entlastende Behauptungen muß auch Beweis erbracht werden. Ist dies nicht der Fall, werden Einwendungen dieser Art nicht berücksichtigt.
  
 
 
  
   8. Geringwertige Ware
  
 
  
   Im Falle einer Diebstahlskündigung spielt es keine entscheidende Rolle, welchen Wert die eingebrachte Ware hat. Die Störung des Vertrauensverhältnisses ist
                                    generell auch dann schon gegeben, wenn die Arbeitnehmerin geringwertige Sachen entwendet. Entscheidend ist nicht der geringe Wert, sondern die Störung des Vertrauensverhältnisses. Der Arbeitgeber kann sich nicht
                                    darauf verlassen, daß dieser Fall der einzige Fall war und daß solche Vertragsverletzungen in Zukunft ausgeschlossen sind. Deshalb gibt es keinen Grundsatz, daß z.B. Diebstahl bis zu einem gewissen Wert nicht
                                    mit Kündigung geahndet werden dürfte.
   
   Der geringe Wert könnte allenfalls bei der noch vorzunehmenden Interessenabwägung eine Rolle spielen.
  
 
 
  
   9. Vertrauensverlust
  
 
  
   Die außerordentliche Kündigung ist nur dann zulässig, wenn der Vertrauensverlust so groß ist, daß der Arbeitgeberin selbst die Einhaltung der
                                    Kündigungsfrist nicht mehr zumutbar war. Dies wird bei strafbaren Handlungen regelmäßig angenommen.
  
 
 
  
   10. Interessenabwägung
  
 
  
   Im Rahmen der Interessenabwägung ist zu bedenken, daß Greta als Filialleiterin ein besonderes Vertrauen genossen hat. Die Arbeitgeberin mußte sich auf die
                                    Ehrlichkeit der Mitarbeiterin verlassen können. Jeder Arbeitnehmerin im Einzelhandel ist klar, daß Diebstahl oder Unterschlagung eine schwerwiegende Vertragsverletzung darstellt und zur Kündigung führen kann.
   
   Die Arbeitnehmerin war auch erst 3 Jahre beschäftigt, so daß ein besonderes Vertrauensverhältnis zwischen den Parteien noch nicht gewachsen war. Etwas anderes könnte gelten, wenn die Arbeitnehmerin viele Jahre
                                    sehr sorgfältig und zuverlässig gearbeitet hat und ihr dann ein solcher Fehltritt mit einer geringwertigen Ware passiert. In solchen Fällen hat das BAG ausnahmsweise im Zuge der Interessenabwägung zumindest die
                                    fristlose Kündigung abgelehnt.
   
  
  
   
    Ergebnis:
   
  
  Die fristlose Künsigung ist wegen erwiesener Straftat gerechtfertigt. Das Arbeitsve
  
   rhältnis ist beendet.