Der Fall:
Arbeitgeber Mark Twain möchte seine deutschen Verkaufsmitarbeiter angesichts der Wä
hrungsschwankungen lieber in Dollar als in Euro bezahlen.
Sektfabrikantin Rotkäppchen möchte den Lohn ihrer Arbeitnehmer zumindest in Höhe von 100 Flaschen monatlich in Sekt bezahlen.
Autofabrikant Horch verkauft seinen Mitarbeitern seine Autos auf Kredit. Als
Alternative bietet er an, das Auto über ein Darlehn bei seiner Horch-Bank zu bezahlen. Arbeitgeber Karl May möchte den Absatz seiner Werke fördern, indem er jedem Arbeitnehmer statt Barzahlung jeweils 5
Gesamtausgaben seiner Werke gibt und von der alten Büroeinrichtung jeweils einen Schreibtisch.
Ist das alles zulässig?
Die Lösung:
1. Lohn in Euro?
In § 107 Abs. 1 GewO ist geregelt, daß das Arbeitsentgelt in Euro zu berechnen und auszuzahlen ist. Das war schon früher in der Gewerbeordnung bezüglich DM
so geregelt. Daraus geht hervor, daß Mark Twain in jedem Falle seine deutschen Mitarbeiter in Euro bezahlen muß, um sich nicht Problemen auszusetzen. Gerade bei Arbeitsverhältnissen mit Auslandsbezug ist dies
insgesamt ein Problem. Das Gesetz gilt nicht für Arbeitnehmer, die für deutsche Firmen im Ausland beschäftigt sind, sondern nur für Arbeitnehmer, die in Deutschland tätig werden.
Problematisch wird das Gesetz
immer für Arbeitsverhältnisse mit Auslandsbezug. Dies gilt insbesondere für höhere und leitende Angestellte, die sowohl in Deutschland wie auch im Ausland tätig sind, z.B. bei internationalen Unternehmen,
Konzernen, Banken etc.
Da durch die neue Gewerbeordnung auch höhere und leitende Angestellte einbezogen sind, ist bislang nicht geklärt, ob diese Vorschrift gerade auch in diesem Bereich bei
Arbeitsverhältnissen mit starkem Auslandsbezug zwingend ist, oder ob nach dem Grundsatz der Vertragsfreiheit durch Arbeitsvertrag davon abgewichen werden darf. Gerade die Währungsschwankungen zwischen Dollar und
Euro und Britischem Pfund und Euro zeigen die Problematik.
Richtig dürfte sein, daß Arbeitsverhältnisse ohne Auslandsbezug stets in Euro abzurechnen sind. Bei den Arbeitsverhältnissen leitender Angestellter
oder von Angestellten mit erheblichen Beschäftigungszeiträumen im Ausland wird der Grundsatz der Vertragsfreiheit vorgehen.
2. Sachleistungen
In § 107 Abs. 2 Satz 1 hat der Gesetzgeber bestimmt, daß Arbeitnehmer und Arbeitgeber Sachbezüge als Teil des Arbeitsentgeltes vereinbaren können,
„wenn
dies dem Interesse des Arbeitnehmers oder der Eigenart des Arbeitsverhältnisses entspricht.“
Sachbezüge im Sinne dieser Vorschrift sind Zuwendungen des Arbeitgebers an den Arbeitnehmer, die eine geldwerte
Leistung darstellen. In der Vergangenheit gab es bei vielen Unternehmungen Sachbezüge, z.B. Kohle bei Bergwerksunternehmen, Bier bei Brauereien, Butter, Eier, Mehl etc. in landwirtschaftlichen Unternehmen, Milch
und Joghurt sowie Sahne in Molkereien und Holz in Forstbetrieben. Dazu gehört auch die Überlassung eines Dienstwagens zum privaten Gebrauch.
Der Gesetzgeber hat anerkannt, daß Sachbezüge nach wie vor möglich
und zulässig sind. Allerdings müssen die Sachbezüge entweder einen Bezug zum Arbeitsverhältnis bzw. zu der Art des Betriebes besitzen oder im Interesse des Arbeitnehmers liegen.
Wenn Sektfabrikantin
Rotkäppchen ihren Arbeitnehmern Sekt überläßt als Bezahlung, so liegt dies in Übereinstimmung mit der Eigenart des Arbeitsverhältnisses oder des Betriebes. Die Höhe darf allerdings nicht unbeschränkt sein.
Sachbezüge dürfen höchstens bis zur Höhe der Pfändungsfreigrenze als Bezahlung dienen.
Streitig kann sein, welche Sachbezüge im Interesse des Arbeitnehmers liegen. Individuell sind die Interessen der
Arbeitnehmer sehr unterschiedlich. Der Alkoholiker liebt vielleicht mehr Bier und Schnaps als Sekt. Der Nichtalkoholiker hat mehr Interesse an Büchern, der Raucher an Rauchwaren. Es kann insbesondere in größeren
Unternehmungen jedoch nicht dem Sinn des Gesetzes entsprechen, auf die individuellen Interessen einzelner Arbeitnehmer einzugehen. Deshalb muß hier eine objektiv-abstrakte Betrachtung Platz greifen, nicht ein
individuelle Betrachtung. Der Arbeitgeber kann nicht die individuellen Vorlieben und Interessen einzelner Arbeitnehmer erforschen und versuchen zu befriedigen.
Achtung:
Eine Sonderregelung ist in § 10 Berufsbildungsgesetz für Berufsausbildungsverhäl
tnisse vorhanden. Danach dürfen im Ausbildungsverhältnis Sachbezüge 75 % der Bruttovergütung des
Auszubildenden nicht überschreiten. Diese Sonderregelung wird von § 107 GewO nicht erfaßt.
3. Kreditierungsverbot
Dieses Kreditierungsverbot durch § 107 Abs. 2 Satz 2 GewO wurde früher „Truck-Verbot“ genannt. Danach ist geregelt, daß der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer
keine Waren auf Kredit überlassen darf! Der Arbeitgeber darf dem Arbeitnehmer weder eigene Produkte auf Kredit verkaufen, noch fremde Produkte. Diese Regelung ist historisch bedingt. Es soll verhindert werden,
daß der Arbeitnehmer durch ständige Warenlieferungen des Arbeitgebers in Verschuldung und Abhängigkeit zum Arbeitgeber gerät und so über seine Arbeitskraft nicht mehr frei verfügen kann (vgl. die Romane von B.
Traven).
Es ist deshalb verboten, daß der Autofabrikant Horch seinen Mitarbeitern ein eigenes Auto auf Kredit verkauft. Macht er dies, kann der Arbeitnehmer später den einbehaltenen Lohn erfolgreich
herausverlangen!
Etwas anderes gilt allerdings, wenn der Kaufpreis für das Auto über einen Kredit bei einem Bankinstitut finanziert wird. Dann wird die Leistung des Arbeitgebers bezahlt. Der Kreditvertrag bei
einem Bankinstitut ist nicht verboten. Dies gilt selbst dann nach der Rechtsprechung des BAG, wenn das Kreditinstitut in ständiger Geschäftsverbindung zum Arbeitgeber steht.
Problem:
Bei manchen Unternehmen werden Vorzugs- oder Belegschaftsaktien den Mitarbe
itern unter Stundung bzw. unter Ratenzahlung des Aktienpreises
angeboten. Auch solche Vorgehensweisen dürften unter das Kreditierungsverbot fallen.