Folge 212

Betriebliche Mitarbeiterkontrollen VIII – Internet



Der Fall


    Arbeitnehmer Rembrandt ist dienstlich im Internet. Er hält es für effektiv, wenn er während der Arbeitszeit auch privat im Internet surfen kann. Dadurch
    kann er sich z.B. Einkaufszeiten ersparen. Außerdem möchte er seinen privaten e-mail-Verkehr auf dem Firmen-PC abwickeln.

    Arbeitgeber Wallenstein dagegen verbietet jegliche private Internetnutzung. Er
    verbietet auch private e-mails. Aus diesem Grunde kontrolliert er den Inhalt der e-mails aller Mitarbeiter zumindestens stichprobenartig.

    Betriebsrätin Penelope hält dies für rechtswidrig. Sie möchte eine
    Betriebsvereinbarung mit dem Arbeitgeber Wallenstein abschließen.



Die Lösung



1. Kein Anspruch


    Arbeitnehmer haben gegen den Arbeitgeber keinen Anspruch, während der Arbeitszeit oder auch außerhalb der Arbeitszeit auf dem dienstlichen PC privat im
    Internet zu surfen und ihre Privatpost, sprich ihren privaten e-mails über ihren Arbeitsplatz abzuwickeln. Der Arbeitgeber kann die private Nutzung seiner Kommunikationseinrichtungen generell verbieten. Er kann
    allerdings auch einen beschränkten Zugang zulassen, z.B. private Internetbesuche oder e-mail-Verkehr außerhalb der Arbeitszeit.

    Es gelten hier die gleichen Regeln wie bei Privattelefonaten im
    Arbeitsverhältnis.




    Wichtig:


    Dem Arbeitgeber ist dringend zu raten, für die Frage der privaten I

    nternetnutzung im Betrieb eine
    klare Regelung durch Dienstanweisung zu schaffen: Was ist verboten, was ist erlaubt, was wird in welchem Umfang geduldet? Schon aus Gründen der Fürsorgepflicht ist es fatal, wenn in einer Firma insoweit
    Unklarheit herrscht. Arbeitnehmer riskieren nämlich bei Streitigkeiten über diese Fragen aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen letztendlich ihren Arbeitsplatz.

    Soweit die private Nutzung gestattet wird,
    sollten eindeutige Grenzen gesetzt werden. Nur so herrscht Rechtssicherheit und Rechtsklarheit. Außerdem ist nur so gesichert, daß der Arbeitgeber im Streitfalle Chancen besitzt, vertragswidriges Verhalten
    ordnungsgemäß abzumahnen oder gar eine Kündigung erfolgreich auszusprechen.



2. Kontrolle des Arbeitgebers


    Höchstrichterlich noch nicht ausreichend geklärt ist die Frage, inwieweit der Arbeitgeber von sich aus ohne eine Betriebsvereinbarung als Rechtsgrundlage
    Internetzugriffe von Mitarbeitern inhaltlich kontrollieren darf bzw. ob er e-mails leben darf.




    Achtung:


    Hier empfiehlt sich dringend der Abschluß einer
    Betriebsvereinb

    arung, in der die Möglichkeiten und Grenzen der Kontrolle mit dem Betriebsrat geregelt werden und ein gemeinsames Kontrollorgan geschaffen wird.

    Zulässig ist es,
    wenn der Arbeitgeber die Verbindungsdaten der einzelnen Internetzugriffe aufzeichnet. Mit diesen Aufzeichnungen kann der Arbeitgeber überprüfen, welche Seiten der Mitarbeiter im Internet aufgerufen hat. Er kann
    im Regelfall damit insbesondere überprüfen, ob es sich um dienstliche Bereiche handelt, oder ob die Zugriffe privater Art waren.



3. Lesen von e-mails


    Die inhaltliche Kontrolle von e-mails des Arbeitnehmers kann mit dem Persönlichkeitsrecht des Arbeitnehmers unverträglich sein. Da keine höchstrichterliche
    Rechtsprechung bisher vorliegt, werden verschiedene Auffassungen vertreten.

    Einerseits wird vertreten, daß entsprechend der Rechtsprechung zum Mithören von Telefonaten es grundsätzlich unzulässig ist,
    e-mails von Mitarbeitern zu lesen. Eine Ausnahme wird nur dann gemacht, wenn aufgrund erheblicher Indizien der konkrete Verdacht besteht, daß der Arbeitnehmer schwere Arbeitsvertragsverletzungen begeht.

    Soweit der Arbeitgeber allerdings ein absolutes Internetverbot einschließlich des Verbots von privaten e-mails erlassen hat, dürfen die e-mails nur dienstlichen Charakter haben. Es wird deshalb auch vertreten,
    daß in diesem Falle die Inhaltskontrolle der e-mails zulässig sei. Handelt der Arbeitgeber der Dienstanweisung zuwider und versendet private e-mails, so verhält er sich rechtswidrig. Die Berufung des
    Arbeitnehmers auf das Allgemeine Persönlichkeitsrecht könnte dann rechtsmißbräuchlich sein.

    Ob diese Meinung sicher allerdings durchsetzt, muß abgewartet werden.




    Achtung:


    Auch in diesem Falle empfiehlt es sich, im Rahmen einer Betrieb

    svereinbarung eine Regelung zu treffen. Diese kann so aussehen, daß die Überprüfung der dienstlichen e-mails
    durch ein gemeinsames Kontrollorgan des Arbeitgebers und des Betriebsrats vorgenommen wird unter Anhörung des betroffenen Mitarbeiters im Falle von Problemen.

    Schließlich muß bei der Erhebung von
    personenbezogenen Daten das Bundesdatenschutzgesetz und seine Vorschriften beachtet werden.

    Eine Möglichkeit für den Arbeitgeber besteht darin, daß er mit Hilfe von Filtern oder Zugangssperren bestimmte
    Seiten des Internets für eine unerlaubte Nutzung von vorneherein sperrt bzw. ausschließt.



4. Erlaubte Privatnutzung


    Nach herrschender Ansicht fällt eine erlaubte private Nutzung des Internets einschließlich privater e-mails unter das Telekommunikationsgesetz und das
    Teledienstdatenschutzgesetz. Aus diesem Grunde sind bei erlaubter Internetnutzung die Kontrollmöglichkeiten des Arbeitgebers sehr begrenzt.

    Nach den gesetzlichen Vorschriften ist Verwertung von Kenntnissen
    über die Privatnutzung und den Inhalt weitgehend verboten.

    Soweit ein Nutzungsentgelt vereinbart wird, darf der Arbeitgeber allerdings Verbindungsdaten erheben, um seine Abrechnung tätigen zu können.

    Fraglich ist auch, ob der Arbeitgeber bei Mißbrauchverdacht Überprüfungen z.B. wegen der zeitlichen Inanspruchnahme durchführen darf.

    Eine inhaltliche Kontrolle der erlaubten Privatnutzung stellt in jedem
    Falle einen Verstoß gegen das Persönlichkeitsrecht dar. Eine solche inhaltliche Kontrolle ist deshalb grundsätzlich nicht zulässig.

    Eine Ausnahme dürfte nur bestehen, wenn konkrete Indizien vorliegen für
    einen schweren Arbeitsvertragsverstoß des Arbeitnehmers. In diesem Falle könnte die Berufung des Arbeitsnehmers auf das Allgemeine Persönlichkeitsrecht unzulässig sein.




    Beispiel:


    Der Arbeitnehmer betreibt Industriespionage und versendet per e-mail den Inhalt von Firmendokumenten, Zeichnungen, Fotos etc. von betriebl

    ichen Einrichtungen, Erfindungen usw.



5. Kostentragung


    Soweit der Arbeitgeber eine private Internetnutzung erlaubt, empfiehlt sich dringend eine klare Kostenregelung. Dabei ist der Arbeitgeber frei. Er kann
    alle entstandenen Kosten vom Arbeitnehmer verlangen. Allerdings muß er dann sicherstellen, daß die Kosten für privaten Internetzugang entsprechend abgerechnet werden können.



6. Mitbestimmung


    Wie schon bei der Telefonbenutzung, so steht auch bei der Frage der Kontrolle der Internetnutzung dem Betriebsrat ein weitgehendes Mitbestimmungsrecht zu.
    Es ist insoweit auf das zwingende Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats nach § 87 Abs. 1 Ziff. 6 Betriebsverfassungsgesetz zu verweisen. Die entsprechende Software ist generell geeignet, das Verhalten und die
    Leistung der Arbeitnehmer zu überwachen.

    Darüber hinaus empfiehlt sich schon zur Absicherung des Arbeitgebers die Betriebsvereinbarung als rechtliche Grundlage für alle Kontrollvorgänge.


Textübernahmen aus den Arbeitsrechtsfolgen von Hans Gottlob Rühle:
Reine
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Wichtiger Hinweis: Bitte keine e-mails mit konkreten Rechtsfragen einsenden, da diese nicht beantwortet werden können.