(Stand 2025)
Im Rahmen der unternehmerischen Freiheit beanspruchen viele Arbeitgeber einzustellen, wen sie für geeignet erachten. Teilweise wird den Arbeitgebern dieses Recht wieder streitig gemacht.
Der Fall:
Arbeitgeber Peter Pan will eine Stelle in der Lohnbuchhaltung besetzen. In die engere Auswahl fallen 4 Arbeitnehmer.
Die 30jährige Buchhalterin Eva lehnt Peter Pan ab, da sie “fast
schwanger” aussieht. Außerdem könnte der flotte Minirock die alten Buchhaltersäcke irritieren. Der Langzeitarbeitslose und Schwerbehinderte Otto Alt macht keinen dynamischen Eindruck. Der erfahrene Buchhalter August Bebel ist alter Gewerkschafter. Nur der unerfahrene, aber jung-dynamische Mike gefällt Peter Pan. Den will er nehmen.
Damit sind die anderen nicht einverstanden. Eva ist in ihrer Frauenehre verletzt! August Bebel beruft sich auf ein Einstellungsrecht wegen seiner besseren Qualifikation und auf sein Recht zum Engagement in der Gewerkschaft. Otto Alt pocht auf die Pflicht zur bevorzugten Einstellung Behinderter.
Die Lösung:
1. Freie Bewerberwahl?
Der Arbeitsmarkt ist zunächst ein freier Markt wie andere Märkte auch. Arbeitgeber Peter Pan darf jedoch nicht übersehen, dass auf fast allen Märkten Restriktionen und Grenzen durch den Gesetzgeber und die Bürokratie gesetzt sind.
2. Gleichbehandlung
Im Bewerbungsverfahren gilt der Gleichbehandlungsgrundsatz nicht, anders als im Arbeitsverhältnis. Bebel kann gegenüber dem jungen Mike nicht geltend machen, das er besser qualifiziert, erfahrener ist und deshalb die Stelle zu bekommen habe. Arbeitgeber Peter Pan hat auch das Recht, einen unqualifizierten oder falschen Bewerber einzustellen.
Wenn Arbeitgeber Peter Pan den Eindruck hat, dass ihm Bebel nicht gefällt, so muss er ihn nicht einstellen. Problematisch wäre allerdings eine Ablehnung wegen der Gewerkschaftszugehörigkeit. Bebel darf nicht wegen seines Engagements in der Gewerkschaft abgelehnt werden.
3. Diskriminierungsverbot
§ 611a BGB verbietet dem Arbeitgeber die Benachteiligung von Bewerbern wegen des Geschlechtes. Es ist untersagt, einen Mann oder eine Frau nur wegen ihres Geschlechtes bei der Einstellung abzuweisen. Verstößt der Arbeitgeber gleichwohl dagegen, macht er sich schadenersatz- oder schmerzensgeldpflichtig.
Das Argument von Peter Pan, dass keine Frauen in die Buchhaltung kämen, ist diskriminierend und rechtswidrig. Außerdem ist es rechtswidrig, eine Arbeitnehmerin auf einem Dauerarbeitsplatz nur deshalb abzuweisen, weil sie schwanger werden kann, schwanger “aussieht”, oder gar schwanger ist. Auch dieses Argument ist rechtswidrig diskriminierend.
Es ist generell untersagt, nach der Gewerkschaftszugehörigkeit von Arbeitnehmern zu fragen. Wenn ein Arbeitnehmer in der Gewerkschaft ist, darf er deshalb nicht abgelehnt werden. Sowohl die Frage wie auch die Ablehnung wäre rechtswidrig und der Arbeitnehmer hätte ggf. einen Schadenersatzanspruch.
Eine Ausnahme gilt nur dann, wenn der Arbeitnehmer bei einer Gewerkschaft angestellt werden will.
4. Schwerbehinderung / Einarbeitungszuschuss
Arbeitgeber Peter Pan hat den jungen, dynamischen Mike dem Langzeitarbeitslosen und Schwerbehinderten Otto vielleicht rechtmäßig, vielleicht aber auch in unkluger Weise vorgezogen. Ein
Langzeitarbeitsloser oder ein Schwerbehinderter kann oft den Arbeitgeber darauf verweisen, dass das Arbeitsamt oder das Land einen Einarbeitungszuschuss an den Arbeitgeber für 1-3 Jahre zahlen. Dies kann sowohl für den Bewerber wie auch für den Arbeitgeber sehr hilfreich und lukrativ sein, weil sich solche Zuschüsse oft auf Beträge zwischen 60 und 80 % des Gehalts belaufen.
Allerdings muss sich der Schwerbehinderte Otto hüten, einem “Abstauber”, d.h. einem Subventionserschleicher aufzusitzen! Es gibt Arbeitgeber, die auf dieser Masche “reiten” und versuchen, so billige Arbeitskräfte an Land zu ziehen. Diese Arbeitgeber versuchen dann, die Schwerbehinderten und Langzeitarbeitslosen mittels Tricks und unfairen Methoden später insbesondere über fristlose Kündigungen loszuwerden, um die Rückzahlung der Zuschüsse zu vermeiden.
Otto muss also zunächst versuchen, den Betrieb des Peter Pan zu prüfen. Sollten dort überwiegend Lohnkostenzuschuss-Arbeitnehmer beschäftigt sein, dann heißt es:
Finger weg!
5. Mitbestimmung des Betriebsrats
Die unternehmerische Freiheit wird insbesondere auch durch die Mitbestimmung des Betriebsrats eingeengt. Arbeitgeber Peter Pan darf nicht übersehen, das bei jeder Einstellung nach § 99 Abs. 1 BetrVG der Betriebsrat ein zwingendes Mitwirkungsrecht hat. Der Betriebsrat kann unter bestimmten Voraussetzungen der Einstellung widersprechen.
Hier könnte der Betriebsrat der Einstellung von Mike widersprechen mit der Begründung, dass die Ablehnung von Eva rechtswidrig und diskriminierend war, ebenso wie die Ablehnung von Bebel wegen seiner Gewerkschaftszugehörigkeit. Arbeitgeber Peter Pan darf dann den
dynamischen Mike nicht einstellen.
Ggf. muss er mit dem Betriebsrat vor dem Arbeitsgericht deswegen prozessieren. Stellt Peter Pan den dynamischen Mike trotzdem ein, kann der Betriebsrat nach § 101 BetrVG verlangen, dass Mike wieder aus dem Arbeitsverhältnis entlassen wird.