Folge 197

Schriftform der Kündigung



Der Fall


    Die Zahnärzte Richard Löwenherz und Johann Ohneland beschäftigen den Zahntechniker Hägar. Sie wollen Hägar wegen Alkoholismus und vieler Blauzeiten
    kündigen. Im Kündigungsschreiben war der Name beider Zahnärzte maschinell niedergelegt, die Unterschrift leistete jedoch nur Johann Ohneland. Als Hägar die fehlende Unterschrift von Löwenherz rügte, teilten
    beide mit, daß Johann Ohneland im Auftrag und mit Zustimmung seines Partners die Kündigung unterschrieb. Dies reiche aus. Hägar zweifelt.



Die Lösung



1. Schriftlichkeit


    In § 623 BGB ist bestimmt, daß die Beendigung von Arbeitsverhältnissen durch Kündigung oder durch Auflösungsvertrag zu ihrer Wirksamkeit der Schriftform
    bedürfen. Die elektronische Form ist ausgeschlossen. Der Gesetzgeber hat damit klargestellt, daß für die Beendigung eines Arbeitsverhältnisses stets Schriftform erforderlich ist. Die in der Vergangenheit oft
    genutzte mündliche Form nicht mehr ausreicht. Die Schriftform soll der Rechtsklarheit und -sicherheit dienen. Allerdings sind damit nicht alle Streitigkeiten ausgeräumt.



2. Schriftform


    Ist durch das Gesetz schriftliche Form vorgeschrieben, so muß nach § 136 BGB die Urkunde von dem Aussteller oder den Ausstellenden eigenhändig durch
    Namensunterschrift oder mittels notariell beglaubigten Handzeichen unterzeichnet werden.

    Der Gesetzgeber hat damit klargestellt, daß unter Schriftform nicht Papierform zu verstehen ist. Neben der Papierform
    muß zusätzlich die eigenhändige Unterschrift z.B. unter der Kündigungserklärung enthalten sein.




    Achtung:

    Daraus folgt, daß es nicht ausreicht, wenn die Unterschrift kopiert ist. Damit zählt sowohl ein Fax-Schreiben, wie auch eine Kopie nicht als schriftlich im Sinne des § 126 BGB.



    Fehlt Schriftlichkeit, so ist die Erklärung nach § 125 BGB wie auch das zugrundeliegende Rechtsgeschäft wegen Formmangels nichtig. Dies gilt insbesondere für die Kündigung.



3. Elektronische Form


    Im Zweifel kann die schriftliche Form durch elektronische Form heutzutage ersetzt werden. Dies gilt nach § 126 Abs. 3 BGB aber nur dann, wenn im Gesetz
    nicht etwas anderes bestimmt ist. In § 623 BGB ist jedoch für die Kündigung eines Dienst- oder Arbeitsverhältnisses ausdrücklich bestimmt, daß elektronische Form ausgeschlossen ist.

    Dies bedeutet, daß eine
    Kündigung per e-mail, SMS oder auf sonstige elektronische Weise ausgeschlossen ist.



4. Zugang


    Eine Kündigung des Arbeitsverhältnisses ist nur dann rechtswirksam, wenn die Kündigung schriftlich ausgestellt wurde und in schriftlicher Form dem
    Berechtigten zugegangen ist.

    Dies bedeutet, daß der Gekündigte die schriftliche Kündigungserklärung mit der Original-Unterschrift des Arbeitgebers oder der Arbeitgeber in der Hand haben muß und darüber
    verfügen kann.

    Nach neuester Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts reicht es aus, wenn der Gekündigte die Kündigungserklärung in der Hand hatte, d.h. sie sich in seinem Verfügungsbereich befand. Es ist
    unschädlich, wenn die Kündigungserklärung dann im Original an den Arbeitgeber zurückgegeben wurde. Allerdings ist allen Arbeitgebern zu empfehlen, dies nicht zu tun, sondern die Kündigungserklärung beim
    Arbeitnehmer zu belassen.



5. Der Fall Löwenherz


    Generell ist es möglich, daß die Kündigung statt des Arbeitgebers durch einen Vertreter unterschrieben wird. In diesem Fall empfiehlt es sich allerdings
    dringend, daß der Kündigung eine schriftliche Vollmacht für den Vertreter, z.B. einen Rechtsanwalt beigelegt wird. Andernfalls könnte der Kündigungsempfänger die Kündigung mangels Vollmacht des Vertreters nach §
    174 BGB unverzüglich zurückweisen. Dann wäre die Kündigung rechtsunwirksam.

    Im Falle Löwenherz hatte der Zahntechniker Hägar eine solche Zurückweisung nach § 174 BGB jedoch nicht vorgenommen. Später im Prozeß
    kann er sich auf diese Möglichkeit nicht mehr berufen, da die Zurückweisung dann nicht mehr unverzüglich ist.

    Nach der Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 21.4.2005 muß im Falle der Vertretung in der
    Kündigung ein das Vertretungsverhältnis anzeigender Zusatz mit hinreichender Deutlichkeit vorhanden sein. Dies bedeutet im Falle der Vertretung von Richard Löwenherz durch Johann Ohneland, daß Johann Ohneland
    nicht nur seine Unterschrift für sich abgeben muß. Vielmehr muß er durch einen Zusatz oder eine zweite Unterschrift deutlich machen, daß er auch seinen Kompagnon Löwenherz mitvertritt.

    Das war nicht der Fall.
    Damit enthielt die Kündigungserklärung keine Unterschrift für Richard Löwenherz. Sie enthielt damit auch keinen hinreichend deutlichen Hinweis darauf, daß es sich bei dem Kündigungsschreiben nicht lediglich um
    einen Entwurf der Kündigung handelte, das versehentlich zur Unterzeichnung des Löwenherz weggesandt wurde.

    Das Bundesarbeitsgericht hat diese Kündigung wegen fehlender ausreichender Schriftform für unwirksam
    erklärt.

Textübernahmen aus den Arbeitsrechtsfolgen von Hans Gottlob Rühle:
Reine
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