Folge 19

Befristung ohne sachlichen Grund

(Stand 2025)



Die Befristung ohne sachlichen Grund für 2 Jahre ist schon im Beschäftigungsförderungsgesetz vorgesehen gewesen. Sie hat sich als unproblematische und beliebte Befristungsart bewährt. Nunmehr aber hat der Gesetzgeber dieser Befristungsmöglichkeit Grenzen gesetzt.


Der Fall:

Arbeitgeber Amadeo hat den Arbeiter Mauricio zum Zweck der Probezeit befristet vom 1.10.2000 bis zum 31.3.2001 beschäftigt. Er möchte ihn dann ab dem 1.4.2001 ohne sachlichen Grund für 2 Jahre weiterbeschäftigen. Geht das?

Arbeitgeber Amadeo hat den Arbeiter Juan bis zum 31.12.2000 schon 2 Jahre nach dem Beschäftigungsförderungsgesetz ohne Sachgrund beschäftigt. Da Juan so gut war, will er ihn als Krankheitsvertretung für den verunglückten Roy Black im Jahre 2001 befristet weiterbeschäftigen. Geht das?

Die Lösung:


1. Beschäftigungsförderungsgesetz

Das Beschäftigungsförderungsgesetz mit seiner Möglichkeit der Befristung ist ohne sachlichen Grund bis zum 31.12.2000 ausgelaufen. An seine Stelle ist das neue Teilzeit- und Befristungsgesetz (TzBfG) getreten. Hier ist gesetzlich klar geregelt, dass die befristete Beschäftigung ohne sachlichen Grund nur die Ausnahme darstellt. Generell ist ein sachliche Grund für eine Befristung nötig.

Das neue Gesetz lässt auch die Beschäftigung ohne sachlichen Grund weiterhin zu. Allerdings wird diese Möglichkeit eingeschränkt und zukünftig erschwert.


2. Ohne sachlichen Grund

§ 14 Abs. 2 Teilzeit- und Beschäftigungsgesetz (TzBfG) gestattet die kalendermäßige Befristung eines Arbeitsvertrages (Zeitbefristung) ohne Vorliegen eines sachlichen Grundes unter weiteren Voraussetzungen weiterhin bis zur Dauer von 2 Jahren. Bis zu dieser Gesamtdauer von 2 Jahren kann die kalendermäßige Befristung bis zu 3 Mal verlängert werden.


Beispiel:


Arbeitgeber Amadeo befristet Arbeiter Mauricio 4 Mal hintereinander mit jeweils 6 Monaten.

Arbeitgeber Amadeo befristet 2 Mal auf 3 Monate, 1 Mal auf 6 Monate und 1 Mal auf 12 Monate.

Arbeitgeber Amadeo befristet 4 Mal auf 3 Monate, insgesamt 12 Monate. Dann ist eine weitere Befristung ohne sachlichen Grund ausgeschlossen.

Hat der Arbeitgeber diese Möglichkeit ausgeschöpft, so kann er den Arbeitnehmer danach nur noch mit einem sachlichen Grund weiterbeschäftigen.


Beachte:

Der Arbeitgeber kann die 2 Jahre Befristung ohne sachlichen Grund sofort am Stück mit dem Arbeitnehmer vereinbaren. Stückelt der Arbeitgeber und verlängert er die Befristung, so müssen die Verlängerungen nahtlos aneinander anschließen! Liegt eine Unterbrechung vor, greift das gesetzliche “Anschlußverbot”.


3. Neu: Anschlußverbot

Der Gesetzgeber hat in § 14 Abs. 2 TzBfG eine Zeitbefristung ohne Vorliegen eines sachlichen Grundes dann generell ausgeschlossen, wenn zwischen dem Arbeitgeber und dem Arbeitnehmer bereits zuvor ein befristetes oder ein unbefristetes Arbeitsverhältnis bestanden hat!

Der Gesetzgeber wollte damit lange Kettenbefristungsverhältnisse verhindern.

Im Gesetz sind keinerlei zeitliche Begrenzungen enthalten. Es ist deshalb ohne Bedeutung, wann dieses frühe Arbeitsverhältnis bestand, ob vor 1 Jahr oder vor 5 Jahren oder noch früher. Hat irgendwann einmal ein Arbeitsverhältnis zwischen diesen Vertragsparteien bestanden, so ist eine Befristung ohne sachlichen Grund grundsätzlich ausgeschlossen.

Das Bundesarbeitsgericht hatte dann entschieden, dass das Anschlussverbot nur für die ersten 3 Jahre gilt. Danach konnte erneut ohne Sachgrund befristet werden. Diese Rechtsprechung hat jedoch das Bundesverfassungsgericht als gesetzeswidrig angesehen. Das Bundesarbeitsgericht hat die Rechtsprechung deshalb revidiert.

Die Rechtsprechung neigt heute dazu, das Anschlussverbot dann in Frage zu stellen, wenn das Vorarbeitsverhältnis sehr lange zurück liegt oder wenn die Vorbeschäftigung von einer gänzlich anderen Art war, als das neue Arbeitsverhältnis. Sehr lange bedeutet jedenfalls mehr als 10 Jahre.

Beispiel 1:

Arbeitnehmer Juan hat schon vor 5 Jahren bei Amadeo gearbeitet. Juan hat selbst gekündigt wegen einer besseren Stelle. Amadeo kann ihn im Frühjahr 2001 nicht ohne sachlichen Grund befristet einstellen.

Beispiel 2:

Arbeitnehmerin Magdalena wird für 1 Jahr ohne Sachgrund befristet beschäftigt. 3 Monate nach Ausscheiden tritt ein Personalengpaß auf. Arbeitgeber Amadeo stellt Magdalena erneut für 1 Jahr befristet ohne Sachgrund ein. Diese 2. Befristung verstößt gegen das gesetzliche Anschlussverbot.

Beispiel 3:

Im Vorarbeitsverhältnis war Juan während seines Studiums als ungelernter Arbeiter beschäftigt. Nach 9 Jahren wird er als mittlerweile ausgebildeter IT-Fachmann befristet ohne Sachgrund für 1 Jahr eingestellt. Diese Befristung dürfte nach der nun herrschenden Ansicht rechtswirksam sein, da beide Arbeitsverhältnisse nichts miteinander zu tun haben.

Beispiel 4:

Arbeitnehmer Mauricio war als Bürokaufmann bei dem Pharmariesen Gesundbrunnen AG beschäftigt. Nach einem Streit schied er aus. 2 Jahre danach wird er bei der Tochtergesellschaft Gesundbrunnen GmbH wieder eingestellt, allerdings befristet ohne Sachgrund für 6 Monate.

Diese Befristung ist zulässig. Das gesetzliche Anschlussverbot ist nicht berührt, da Mauricio bei einer anderen Gesellschaft und juristischen Person neu eingestellt wurde. Unschädlich ist es, dass es sich dabei um eine Konzerngesellschaft handelt. Es darf nur nicht dieselbe juristische oder natürlich Person sein.

 

4. Verlängerung mit Sachgrund

Der Gesetzgeber hat es dagegen zugelassen, dass an ein befristetes Arbeitsverhältnis ohne Sachgrund weitere Arbeitsverhältnisse mit sachlichem Grund angeschlossen werden dürfen. Insoweit
hat sich die Rechtslage nicht verändert.


Beispiel:

Arbeitnehmerin Magdalena ist bis zum 30.6.2001 für 2 Jahre ohne sachlichen Grund beschäftigt gewesen. Ab dem 1.7.2001 will die Arbeitnehmerin Diana für 2 Jahre in den Erziehungsurlaub. Arbeitgeber Amadeo darf die Mitarbeiterin Magdalena nun mit sachlichem Grund als Erziehungsurlaubsvertretung für weitere 2 Jahre befristet beschäftigen. Gegen diese Art des Kettenarbeitsgvertrages mit sachlichem Grund hat der Gesetzgeber nichts einzuwenden.

Dasselbe gilt für den Arbeitnehmer Juan, der nach 2jähriger Befristung ohne sachlichen Grund nun eine Krankheitsvertretung für den Kollegen Roy Black befristet übernehmen soll. Diese weitere Befristung ist
zulässig, da ein sachlicher Grund vorliegt.


5. Problemfälle

Der Gesetzgeber schließt die Befristung ohne sachlichen Grund auf 2 Jahre aus, wenn ein Arbeitsverhältnis vorher schon bestanden hat. Dies erscheint vor allem dann ungerecht oder sinnwidrig, wenn das vorangegangene Arbeitsverhältnis nur kurz bestand.


Beispiel:

Arbeitnehmer Kaspar war bis zum 31.12.2000 für 1 Jahr befristet beschäftigt. Nach einer Unterbrechung soll er vom 1.3.2001 bis 30.9.2001 noch einmal 6 Monate ohne sachlichen Grund beschäftigt werden.

Dies hat der Gesetzgeber generell verboten. Sofern eine Unterbrechung vorliegt, handelt es sich nicht lediglich um eine “Verlängerung” des Arbeitsverhältnisses. Das neue Arbeitsverhältnis könnte nur mit sachlichem
Grund befristet abgeschlossen werden. Verlängerte Arbeitsverhältnisse ohne sachlichen Grund müssen nahtlos aneinander angeschlossen werden.


Beispiel:

Kaspar hat vom 1.1.2001 bis 30.6.2001 ein Probearbeitsverhältnis mit Amadeo vereinbart. Arbeitgeber Amadeo ist mit Kaspar zufrieden. Nachdem Kaspar eine Woche ausgeschieden war, möchte Arbeitgeber Amadeo das Arbeitsverhältnis ohne sachlichen Grund befristet für 2 Jahre verlängern, hilfsweise wenigstens für 18 Monate auf die Gesamtdauer von 2 Jahren. Geht das?


Lösung:

Eine Anschlussbefristung ohne sachlichen Grund auf weitere 2 Jahre ab dem 1.7.2001 ist in jedem Falle gesetzlich ausgeschlossen.

Nach dem Gesetzeswortlaut ist auch eine „Verlängerung“ um 18
Monate ohne sachlichen Grund auf insgesamt 2 Jahre ausgeschlossen. Es handelt sich nämlich um eine Neueinstellung, da das alte Arbeitsverhältnis beendet war, auch wenn die Unterbrechung nur 1 Woche beträgt.

6. Ältere Arbeitnehmer

Nach § 15 Abs. 3 TzBfG bedarf die Befristung eines Arbeitsvertrages keines sachlichen Grundes mehr, wenn der Arbeitnehmer zu Beginn der Befristung das 58. Lebensjahr vollendet hat und ein enger sachlicher Zusammenhang mit einem früheren Arbeitsverhältnis nicht besteht. Damit will der Gesetzgeber ältere Arbeitnehmer leichter wieder eingliedern.

Textübernahmen aus den Arbeitsrechtsfolgen von Hans Gottlob Rühle:
Reine
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