Der Fall
  
 
  
   Alle Arbeitnehmer bekommen Weihnachtsgeld. Der in einer Arbeitsmaßnahme stehende Parzival will dies wegen seiner vielen Kinder auch Weihnachtsgeld.
   
   Die
                                    kluge Theophanu beschäftigt aus Erfahrung nur noch Frauen als Arbeitnehmer im Betrieb, denen sie eine betriebliche Altersversorgung zugesagt hat.  Für 1 Jahr kommen im Rahmen einer Arbeitsgelegenheit die
                                    Arbeitslosen Parzival, Geronimo und Bernhard von Clerveaux in den Betrieb. Vor allem Bernhard will auch eine Altersversorgung für spätere karge Klosterzeiten. Er beruft sich Diskriminierung wegen des
                                    Geschlechts.
   
   Der soziale Arbeitgeber Caligula gewährt allen Arbeitnehmern bei Sommerhitze ab 30 Grad freie Getränke zur Auswahl. Die seit Monaten über eine Arbeitsgelegenheit arbeitenden Tristan und Isolde
                                    bekommen nichts. Das empfinden sie als diskriminierend.
   
   Wegen dringender betrieblicher Gründe muß Arbeitnehmer Karl May 10 Stunden pro Tag arbeiten. Arbeitgeber Zapata will auch den arbeitslosen
                                    Hilfebedürftigen Winnetou mit 10 Stunden einsetzen. Muß Winnetou?
   
   Arbeitgeber Robespierre kann Looser nicht leiden. Deshalb verlangt er vom Arbeitslosen Danton im Rahmen einer Arbeitsgelegenheit, daß Danton
                                    seine Schutzkleidung selbst bezahlen muß.
   
   Heinrich der Vogeler steht mit seinem Arbeitsplatz am Vogelherd ständig in Zug und Regen. Zwar hat er nur eine Arbeitsgelegenheit, gleichwohl verlangt er vom
                                    Arbeitgeber Barbarossa Schutzmaßnahmen.
  
 
 
  
   Die Lösung
  
 
 
  
   9. Gleichbehandlung / Diskriminierungsverbot
  
 
  
   a. Die Grundsätze des Arbeitsverhältnisses können nicht 1:1 auf Arbeitsgelegenheiten übertragen werden. Der Gesetzgeber hat ausdrücklich bestimmt, daß
                                    Arbeitsgelegenheiten kein Arbeitsverhältnis begründen. Gleichwohl muß in jedem Einzelfall geprüft werden, inwieweit neben den speziellen arbeitsrechtlichen Regeln allgemeine Grundsätze des Zivilrechts und der
                                    verfassungsmäßigen Rechte auch auf die Arbeitslosen im Rahmen von Arbeitsgelegenheiten anzuwenden sind.
   
   b. Dies bedeutet, daß Dienstnehmer im Rahmen von Arbeitsgelegenheit nicht einfach im Wege der
                                    Gleichbehandlung vertragliche Leistungen verlangen können, die die Arbeitnehmer erhalten. Der Gleichbehandlungsgrundsatz gilt nur zwischen den Arbeitnehmern oder zwischen den Dienstnehmern bei
                                    Arbeitsgelegenheiten, nicht aber zwischen Arbeitnehmer und Arbeitslosen im Rahmen von Arbeitsgelegenheiten.
   
   Auch wenn alle Arbeitnehmer Weihnachtsgeld bekommen, hat Parzival keinen Anspruch auf
                                    Weihnachtsgeld, weil er kein Arbeitnehmer ist.
   
   c. Gewährt Arbeitgeberin Theophanu den Arbeitnehmerinnen eine Altersversorgung, so müssen generell alle Arbeitnehmerinnen begünstigt werden. Dieses Recht haben
                                    aber Dritte nicht, auch nicht, wenn sie als Arbeitslose im Rahmen von Arbeitsgelegenheiten im Betrieb arbeiten.
   
   Zwar scheint auf den ersten Blick eine Geschlechterdiskriminierung vorzuliegen, weil alle Frauen
                                    Altersversorgung bekommen, die drei Männer Parzival, Geronimo und Bernhard von Clerveaux aber nicht. Der allgemeine Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 Grundgesetz, wie auch die besonderen Gleichheitssätze des
                                    Art. 3 Abs. 2 und Abs. 3 Grundgesetz gelten als allgemeine verfassungsrechtliche Grundsätze auch für Arbeitsgelegenheiten. Deshalb darf unabhängig vom Arbeitnehmerstatus niemand wegen seines Geschlechtes
                                    benachteiligt werden. Auch eine mittelbare Diskriminierung ist nicht erlaubt. Eine Ausnahme gilt jedoch dann, wenn ein sachlicher Grund vorliegt.
   
   Im Falle von Theophanu liegt der sachliche Grund im
                                    Arbeitsverhältnis. Es ist sachlich begründet, festangestellte Arbeitnehmer besser zu behandeln, als betriebsfremde Personen, die nur für einen beschränkten Zeitraum im Rahmen von anderweitigen Tätigkeiten oder
                                    Rechtsverhältnissen in den Betrieb kommen.
   
   d. Die Rechtsprechung verlangt für die unterschiedliche Behandlung von Menschen im betrieblichen Bereich wegen des allgemeinen Gleichheitsgrundsatzes bzw. des
                                    arbeitsrechtlichen Gleichheitssatzes das Vorliegen eines sachlichen Grundes für die Ungleichbehandlung. Der Arbeitnehmerstatus kann ein solcher sachlicher Grund sein. Dies gilt aber nicht für alle Fälle.
   
   Gibt
                                    der Arbeitgeber bei großer Hitze freie Getränke an Arbeitnehmer aus, verweigert diese aber den ebenfalls ähnlich mitarbeitenden Arbeitslosen im Rahmen einer Arbeitsgelegenheit, so liegt eine sachlich nicht
                                    gerechtfertigte Ungleichbehandlung vor. Weihnachtsgeld und Altersversorgung sind wegen der Höhe der Leistung auch Entgelt für langjährige Betriebstreue und Ansporn für zukünftiges Wohlverhalten. Deshalb ist die
                                    Unterscheidung zwischen Arbeitnehmern und Anderen gerechtfertigt. Dies gilt aber nicht für den freien Ausschank von Getränken bei großer Hitze. Getränke sind weder ein Treuebonus, noch ein Ansporn für zukünftige
                                    Arbeiten. Sie sollen vielmehr die aktuelle Arbeit erleichtern. Aus diesem Grunde haben die arbeitslosen Tristan und Isolde ebenfalls einen Anspruch auf freie Getränke.
  
 
 
  
   10. Arbeitsschutz
  
 
  
   Der Arbeitsschutz und die damit zusammenhängenden Gesetze gelten nach § 16 Abs. 3 SGB II ausdrücklich auch für Arbeitsgelegenheiten und die soweit
                                    mitarbeitenden Arbeitslosen.
   
   Diese Regelung ist weit auszulegen. Zum einen gelten die gesamten öffentlich-rechtlichen Arbeitsschutzregeln auch für Arbeitsgelegenheiten. Dies betrifft sowohl Gesetze, wie auch
                                    die Vorschriften der Berufsgenossenschaften. Damit sind auch Pflichten verbunden, z.B. Rauch- und Alkoholverbote öffentlich-rechtlicher Art für bestimmte Tätigkeiten, wie Tankstellenwart, Lebensmittelerzeugung,
                                    Umgang mit Gefahrstoffen und weitere Unfallverhütungsvorschriften. Zum Arbeitsschutzrecht fällt auch die Einhaltung des Arbeitszeitgesetzes und der darin vorgesehenen Begrenzungen.
   
   Arbeitgeber Geronimo kann
                                    vom Arbeitnehmer Karl Mai zwar im Rahmen des Arbeitszeitgesetzes verlangen, daß er ausnahmsweise 10 Stunden am Tag arbeitet. Dies kann er aber nicht von dem Mitarbeitern in Arbeitsgelegenheiten Winnetou
                                    verlangen. Dieser hat keinen Arbeitsvertrag, der ihn dazu verpflichten würde, Überstunden zu leisten. Erst recht kann Arbeitgeber Geronimo nicht verlangen, daß Winnetou z.B. am Sonntag arbeitet, wenn er nicht in
                                    einer Branche tätig ist, in der Sonntagsarbeit dazugehört.
   
   Zum Arbeitsschutz gehört auch, daß der Arbeitgeber die notwendige Arbeitsschutzkleidung stellt. Es ist deshalb rechtswidrig, wenn Robespierre von dem
                                    arbeitslosen Danton verlangt, daß dieser im Rahmen der Arbeitsgelegenheit seine Schutzkleidung selbst anschafft oder bezahlt.
   
   Neben Arbeitnehmern können auch Mitarbeiter in Arbeitsgelegenheiten vom
                                    Maßnahmeträger nach § 618 BGB verlangen, daß bei groben Gesundheitsbeeinträchtigungen im Dienst effektive Schutzmaßnahmen getroffen werden.  Wenn Heinrich der Vogeler bei seiner Arbeitsgelegenheit im
                                    Dauerzug und Regen steht, so muß Arbeitgeber Barbarossa unverzüglich für Schutz sorgen, soweit ihm dies technisch und wirtschaftlich möglich und zumutbar ist.
   
   Soweit der Maßnahmeträger seinen Verpflichtungen
                                    zum Arbeitsschutz nicht nachkommt, können die Dienstverpflichteten eventuell ein Zurückbehaltungsrecht nach § 273 BGB geltend machen. In diesem Falle empfiehlt es sich aber dringend, die Arbeitsverwaltung und
                                    den Leistungsträger unverzüglich über die Umstände zu informieren und dessen Zustimmung vorher (!) einzuholen. Sonst muß mit Sanktionsmaßnahmen und einer Kürzung des Arbeitslosengeldes II gerechnet werden.
   
   Der Maßnahmeträger muß schon im eigenen Interesse für die Einhaltung des Arbeitsschutzes sorgen. Er könnte sich sonst ggf. schadenersatzpflichtig machen, soweit nicht die Haftungsbeschränkung nach §§ 104, 105
                                    SGB VII vorliegt.