Der Fall:
Arbeitgeberin Elisabeth beschäftigte mit ihrem Butler Tony und ihrem Chauffeur Monaco-Rainer insgesamt 6 Arbeitnehmer. Im Jahr 2004 stellte sie noch 4
weitere Mitarbeiter ein.
Wegen schlechter betrieblicher Lage kündigte sie jedoch diese 4 Mitarbeiter später wieder. Außerdem ging Monaco-Rainer endgültig in den Ruhestand. Koch Charles und Zofe Diana
kündigten, weil sie ein eigenes Restaurant eröffnen wollten.
Wegen schlechter Ertragslage beließ es Elisabeth lange Zeit bei den verbliebenen 3 Arbeitnehmern.
Als der von der Bundesregierung schon lange
versprochene Aufschwung endlich einsetzte, stellte sie zu den 3 Vollzeit-Arbeitnehmern weitere 9 Arbeitnehmer ein. Von den dann insgesamt 12 Arbeitnehmern waren allerdings 2 Arbeitnehmer in Teilzeit.
Gilt das Kündigungsschutzgesetz und wenn ja, für wen?
Die Lösung:
1. Schutz der Arbeitnehmer
§ 23 Abs. 1 KSchG hat zwar zugunsten der Arbeitgeber den Schutzbereich des Kündigungsschutzgesetzes abgebaut. Ab dem 1.1.2004 gilt das
Kündigungsschutzgesetz generell nur noch in Unternehmen, die mehr als 10 Arbeitnehmer beschäftigen.
Der Gesetzgeber hat jedoch bestimmt, daß die Arbeitnehmer, die zuvor schon Kündigungsschutz hatten, diesen
auch behalten, sofern die Mitarbeiterzahl nicht auf 5 und weniger Arbeitnehmer absinkt.
2. Verlust des Kündigungsschutzes
Alt-Arbeitnehmer mit Kündigungsschutz können den Kündigungsschutz nach dem Willen des Gesetzgebers aber dann verlieren, wenn die Gesamtmitarbeiterzahl im
Unternehmen in der Regel auf 5 Arbeitnehmer oder weniger absinkt. Dies war bei Elisabeth der Fall. Sie hat zunächst 4 Arbeitnehmern gekündigt. Von den verbliebenen 6 Arbeitnehmern ging Monaco-Rainer in den
Ruhestand. Charles und Diana kündigten. Die 3 verbliebenen Arbeitnehmer verloren ihren Kündigungsschutz, da Elisabeth wegen schlechter wirtschaftlicher Lage für längere Zeit keine Neueinstellungen vornahm. Das
war auch nach altem Recht nicht anders!
Achtung:
Die spätere Steigerung der Mitarbeiterzahl führt nicht dazu, daß diese Altarbeitnehmer ihren Kündigungsschutz zurückgewinnen, sofern die Gesamtmitarbeiterzahl nach den Neueinstellungen nicht höher als 10 Vollzeitarbeitnehmer ansteigt. Steigt die Mitarbeiterzahl höher, so haben alle Mitarbeiter Kündigungsschutz nach 6 Monaten Betriebszugehörigkeit.
3. Teilzeitarbeitnehmer
Für die Berechnung der Mitarbeiterzahl nach § 23 Abs. 1 KSchG gilt
nicht
die Kopfzahl. Teilzeitmitarbeiter sind vielmehr nur anteilig mit 0,5 bei einer Wochenstundenzahl bis 20 Stunden und mit 0,75 bei einer Wochenarbeitszeit bis 30 Stunden zu berücksichtigen.
Wenn Elisabeth
aufgrund späterer Neueinstellungen 12 Mitarbeiter beschäftigt, gilt das Kündigungsschutzgesetz, wenn dies 12 Vollzeitmitarbeiter wären. Sofern Teilzeitmitarbeiter beschäftigt werden, dürfen diese nur anteilig
berücksichtigt werden. Bei 10 Vollzeitmitarbeitern und 2 Teilzeitmitarbeitern gilt jedoch das Kündigungsschutzgesetz, da die Zahl von 10 Mitarbeitern in jedem Falle überschritten ist. In diesem Falle genießen
dann alle Mitarbeiter Kündigungsschutz.
4. Kleinbetriebe – Pflicht zur sozialen Rücksichtnahme
Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts und nachfolgend des Bundesarbeitsgerichts sind im Rahmen des Sozialstaatsprinzips die Arbeitnehmer
in Kleinbetrieben bis zur Zahl von 10 Arbeitnehmern nicht völlig schutzlos.
Die obersten Bundesgerichte haben entschieden, daß Arbeitgeber bei Kündigungen in Kleinbetrieben ein “Mindestmaß an sozialer
Rücksichtnahme” wahren müssen. Außerdem darf die Kündigung nicht gegen Treu und Glauben, § 242 BGB, verstoßen.
Diese Rechtsprechung bedeutet, daß auch in Kleinbetrieben die Auswahlentscheidung des
Arbeitgebers bei betriebsbedingten Kündigungen frei sein muß von Willkür und von sachfremden Motiven. Der Arbeitgeber genießt nur bis zur Grenze sachfremder Motive Kündigungsfreiheit.
Dies bedeutet nicht, daß
damit das Kündigungsschutzgesetz auf “kaltem Wege” durch die Rechtsprechung auch in Kleinbetrieben eingeführt wird. Allerdings darf der Arbeitgeber soziale Gesichtspunkte nicht völlig außer acht lassen.
Betriebliche Gründe können sozialen Gesichtspunkten vorgehen. Der Arbeitgeber muß dann, wenn er z.B. ältere Arbeitnehmer mit Unterhaltsverpflichtungen kündigt und junge Arbeitnehmer ohne
Unterhaltsverpflichtungen behält, ein Mindestmaß an sachlichen Gründen für diese Entscheidung anführen. Dabei reicht eine Plausibilität aus. Auch ein Vertrauensverlust oder Störungen im persönlichen Bereich
können ausreichen.
5. Sonderkündigungsschutz
Der Sonderkündigungsschutz einzelner Arbeitnehmer gilt auch im Kleinbetrieb. Es handelt sich dabei um Sonderkündigungsschutz nach dem
Betriebsverfassungsgesetz
, für
schwerbehinderte Menschen
, für
Schwangere
und
Mütter
, für
Wehr- oder Zivildienstleistende
, für Eltern in der
Elternzeit
, in manchen Bundesländern auch für
Mandatsträger in Parlamenten
.