Folge 137

Wie soll ich Klage erheben? (1)

(Stand 2025)



Der Fall:


Der forsche Arbeitgeber Gottlob hat dem gemütlichen Buchhalter Franz Grillparzer samt seiner Ärmelschoner gekündigt: Umstellung auf EDV, fehlende Flexibilität von Grillparzer.

Franzl ist todtraurig. Er liebt seine staubigen Aktenschränke ebenso wie den Heurigen in Grinzing. Er will klagen. Aber wie? Mit oder ohne Anwalt? Allein fühlt er sich hilflos.



Die Lösung:



1. Alleine klagen


Der gekündigte Franzl Grillparzer kann wie jeder Bürger beim Arbeitsgericht selbst Klage erheben, indem er einen Schriftsatz an das Arbeitsgericht
schickt. Beim Arbeitsgericht besteht kein Anwaltszwang.

Wenn Grillparzer sich einigermaßen sicher fühlt und mit Gerichtssachen etwas bewandert ist, wäre dies eine der beiden kostengünstigsten Lösungen.

Es reicht aus, wenn er im Klageschriftsatz aufnimmt, wer gegen wen klagt, den oder die Klageanträge schreibt und eine Begründung dazu. Die Begründung sollte möglichst verständlich sein.

Außerdem muss die Klage vom Betreffenden selbst unterschrieben sein! Sollte er sie nicht selbst unterschreiben, sondern ein Bevollmächtigter, so muss eine eigenhändig unterschriebene Vollmacht der Klage beigefügt werden.

Zur Verdeutlichung nachfolgend einige Klage-Muster.



2. Muster einer Kündigungsschutzklage


An das Arbeitsgericht … (Anschrift)


Klage des Buchhalters Franz Grillparzer, Reblausweg 13, 71530 Weinstadt,


Kläger


gegen


Fa. Mitteldeutsche Dichtungs GmbH, vertreten durch den Geschäftsführer Gottlob Lyrikus, Schillerplatz 1, 35991 Wolkenstein,


Beklagte


wegen Kündigungsschutz.


Es wird beantragt,


1. festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die Kündigung der Beklagten mit Schreiben vom 11.11.2033, zugegangen am 13.11.2033 nicht aufgelöst worden ist, sondern ungekündigt fortbesteht.

2. die Beklagte zu verurteilen, den Kläger als Buchhalter bis zum rechtskräftigen Abschluss des Kündigungsschutzgesetzes zu unveränderten Bedingungen weiter zu beschäftigen.

 

Begründung:


Der Kläger ist bei der Beklagten als Buchhalter seit dem 2.1.1980 beschäftigt.


Er ist 53 Jahre alt und hat 4 unterhaltsberechtigte, minderjährige Kinder.

Sein Gehalt belief sich zuletzt auf 2.000 Euro brutto. Die Beklagte beschäftigt 150 Arbeitnehmer.

Der Beklagte hat das Arbeitsverhältnis mit Schreiben vom 11.11.2033 zum 31.12.2033 gekündigt. Dieses Kündigungsschreiben ist dem Kläger am 13.11.2033 zugegangen. Die Beklagte hat die Kündigung auf betriebsbedingte Gründe gestützt. Sie beruft sich auf die Umstellung der EDV und die mangelnde Flexibilität des Klägers.

Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien findet aufgrund der Dauer der Betriebszugehörigkeit des Klägers (mehr als 6 Monate) und der Beschäftigtenzahl der Beklagten das Kündigungsschutzgesetz Anwendung. Die Klage ist rechtzeitig innerhalb einer Frist von 3 Wochen nach Zugang der Kündigung erhoben.

Die Kündigung ist sozial nicht gerechtfertigt im Sinne des § 1 Abs. 2 KSchG. Die von der Beklagten vorgetragenen Kündigungsgründe liegen nicht vor.

Bei der Beklagten besteht ein Betriebsrat. Dieser Betriebsrat ist vor Ausspruch der Kündigung nicht gehört worden bzw. nicht ordnungsgemäß gehört worden. Auch aus diesem Grunde ist die Kündigung unwirksam.

Schließlich ist der Kläger schwerbehindert mit einem Grad der Behinderung von 50.

Es bedarf jetzt schon der Erhebung einer Feststellungsklage nach § 256 ZPO. Der Kläger bietet seine Arbeitskraft an. Er möchte bei der Beklagten als Buchhalter auch nach Ablauf der Kündigungsfrist während des Kündigungsschutzprozesses weiterarbeiten. Da die Beklagte sich weigert, muss der Kläger seinen gesetzlichen bzw. allgemeinen Weiterbeschäftigungsanspruch geltend machen.


Datum/Unterschrift



3. Muster einer Kündigungsschutz- und Zahlungsklage


An das Arbeitsgericht … (Anschrift)


Klage des Buchhalters Franz Grillparzer, Reblausweg 13, 71530 Weinstadt,


Kläger


gegen


Fa. Mitteldeutsche Dichtungs GmbH, vertreten durch den Geschäftsführer Gottlob Lyrikus, Schillerplatz 1, 35991 Wolkenstein,


Beklagte


wegen Kündigungsschutz.


Es wird beantragt,


1. festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die Kündigung der Beklagten mit Schreiben vom 11.11.2033, zugegangen am 13.11.2033 nicht aufgelöst worden ist, sondern ungekündigt fortbesteht.

2. die Beklagte zu verurteilen, den Kläger als Buchhalter bis zum rechtskräftigen Abschluss des Kündigungsschutzgesetzes zu unveränderten
Bedingungen weiter zu beschäftigen.

3. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 2.000 Euro brutto nebst 4 % Zinsen seit Klagezustellung zu zahlen.

Begründung:


I. Begründung des Kündigungsschutzantrags wie vorstehend.


II. Begründung des Weiterbeschäftigungsantrags wie vorstehend.


III. Die Beklagte hat das Gehalt des Klägers für November 2003 nicht bezahlt. Sie hat zum einen geäußert, dass sie kein Gehalt zahle an Arbeitnehmer, die sie vor das Arbeitsgericht zerren.

Zum anderen hat sich die Beklagte auf Schadensersatzansprüche berufen. Der Kläger habe das Auto der Ehefrau des Geschäftsführers bei einem Unfall nach einem Opernbesuch demoliert.

Der Einbehalt der Vergütung ist nicht berechtigt. Der Kläger hat in der Kündigungsfrist gearbeitet. Schadensersatzansprüche aus dem privaten Verkehrsunfall berechtigen nicht zum Einbehalt der Vergütung.


Datum / Unterschrift



4. Klage auf Arbeitspapiere / Zeugnis


An das Arbeitsgericht … (Anschrift)


Klage des Buchhalters Franz Grillparzer, Reblausweg 13, 71530 Weinstadt,


Kläger


gegen


Fa. Mitteldeutsche Dichtungs GmbH, vertreten durch den Geschäftsführer Gottlob Lyrikus, Schillerplatz 1, 35991 Wolkenstein,


Beklagte.


Es wird beantragt die Beklagte zu verurteilen,


1. an den Kläger die Arbeitspapiere, bestehend aus Lohnsteuerkarte 2033, Arbeitsbescheinigung gem. § 312 SGB III und Sozialversicherungsnachweis
ordnungsgemäß ausgefüllt herauszugeben.

2. dem Kläger ein wohlwollendes, qualifiziertes Zeugnis zu erteilen.



Begründung:


Der Kläger war bei der Beklagten seit dem 2.1.1990 als Buchhalter beschäftigt. Sein Gehalt belief sich zuletzt auf 2.000 Euro brutto.

Die Beklagte hat das Arbeitsverhältnis zum 31.12.2033 gekündigt. Sie hat nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses weder die Papiere herausgegeben, noch ein Zeugnis erteilt. Der Kläger hat ein Zeugnis bereits im November 2033
beantragt.

Die Weigerung der Beklagten ist unbegründet.


Datum / Unterschrift

Textübernahmen aus den Arbeitsrechtsfolgen von Hans Gottlob Rühle:
Reine
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