Folge 125

Hilfe Kündigung – Form der Kündigung



Der Fall:


    Arbeitgeber Gottlob beschäftigt 150 Arbeitnehmer. Er muß 50 Arbeitnehmer betriebsbedingt abbauen. Gottlob meint, die Altarbeitnehmer Walter von der
    Vogelweide und Oskar von Wolkenstein beim Mittagessen in der Kantine mündlich gekündigt zu haben. Die ausgefuchsten Techniker Klopstock und Grimmelshausen hat Gottlob vorsichtshalber schriftlich und per
    Einschreiben gekündigt. Grimmelshausen war aber in Urlaub. Sein Einschreiben konnte nicht zugestellt werden. Den schwerbehinderten und kranken Andreas Gryphius hat Gottlob per Fax gekündigt. Das Faxprotokoll gab
    “okay” an. Gryphius bestreitet, eine Kündigung erhalten zu haben.

    Die Jungarbeitnehmer Uhland und Bettina von Arnim hat der fesche Gottlob per SMS gekündigt. Echt modern. Dem aufmüpfigen Betriebsrat Friedrich
    von Spee hat er die Kündigung per e-mail direkt ins Betriebsratsbüro geschickt.

    Sind die Kündigungen formgerecht zugegangen? Wann muß geklagt werden?



Die Lösung:



1. Schriftlichkeit der Kündigung


    Seit dem 1.5.2000 fordert § 623 BGB für alle Kündigungen, egal ob Beendigungs- oder Änderungskündigung, die Schriftform. Bis dahin war die Kündigung
    grundsätzlich formfrei möglich. Deshalb gibt es ältere Urteile mit wirksamen mündlichen Kündigungen.

    Diese Zeit ist aber vorbei. Die Schriftlichkeit ist Wirksamkeitsvoraussetzung. Die mündliche Kündigung
    durch Arbeitgeber Gottlob in der Kantine hat schon deshalb keine Bestandskraft.

    Schriftlichkeit bedeutet nach § 126 BGB, daß der Aussteller eigenhändig durch Namensunterschrift oder mittels notariell
    beglaubigtem Handzeichen die Kündigungserklärung unterzeichnen muß. Eine Unterzeichnung mit einer Funktionsbezeichnung (z.B. “der Chef” oder “Geschäftsführer”) reicht nicht. Entscheidend ist die echte,
    eigenhändige Unterschrift.



2. Kündigungsberechtigung


    Der Unterzeichner der Kündigungserklärung muß auch zur Kündigung berechtigt sein. Dies ist bei einer Einzelhandelsfirma der Chef in Person, bei der GmbH
    der Geschäftsführer, bei der Aktiengesellschaft der Vorstand. Daneben kann auch der Personalchef oder Leiter der Personalabteilung kündigungsberechtigt sein. Ein Prokurist, Abteilungsleiter, Ehepartner etc. ist
    nicht generell kündigungsberechtigt!

    Kündigt eine nichtkündigungsberechtigte Person (z.B. auch ein Rechtsanwalt) für die Firma, so muß der Kündigungserklärung eine eigenhändig unterzeichnete Vollmacht des
    Kündigungsberechtigten beigelegt sein. Andernfalls kann der Gekündigte die Kündigung nach § 174 BGB unverzüglich zurückweisen.

    Unverzüglich bedeutet binnen weniger Tage. Eine Zurückweisung nach Wochen oder
    erst im Prozess ist generell zu spät.

    Folge der unverzüglichen Zurückweisung: Die Kündigung ist mangels ordnungsgemäßer Unterschrift unwirksam!



3. Kündigung per Fax


    Da § 623 BGB i.V.m. § 126 BGB eine eigenhändige Namensunterschrift des Kündigungsberechtigten fordern, kann ein Telefax oder ein Telegramm nicht den
    Anforderungen des Gesetzes an eine eigenhändige Unterschrift erfüllen. Es handelt sich auf dem Fax nämlich stets um die Kopie der Unterschrift. Die Kopie einer Unterschrift die die Kopie der Kündigungserklärung
    reicht jedoch nicht für die Schriftform aus. Die Kündigung des Schwerbehinderten Gryphius per Fax war deshalb formwidrig und nichtig.



4. Kündigung per e-mail/SMS


    Auch eine e-mail oder SMS genügt den Formerfordernissen des § 623 BGB nicht. Zwar läßt § 127 Abs. 3 BGB eine telekommunikative Übermittlung zur Wahrung
    der Schriftform bei bestimmten Rechtsgeschäften zu. Das gilt aber dann nicht, wenn per Gesetz ausdrücklich Schriftform gefordert ist, so wie im Falle des § 623 BGB.

    Aus Gründen der Klarheit und
    Rechtssicherheit und Sicherung des Zuganges wollte der Gesetzgeber gerade bei der Kündigung eines SMS oder eine e-mail nicht zulassen. Die Kündigung der Jungarbeitnehmer Uhland und Bettina von Arnim wie auch des
    Betriebsrates von Spee ist mangels richtiger Form rechtsunwirksam.

Textübernahmen aus den Arbeitsrechtsfolgen von Hans Gottlob Rühle:
Reine
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