Folge 116

Mobbing II: Faktoren der Gefährdungen



Der Fall:


    Operettenchef Gotthilf Schiffer und seine Mitarbeiter leiden unter Streß, psychischer Beanspruchung, psychischer Ermüdung und Belastung, Mobbing, bis hin
    zu Depressionen. Gotthilf Schiffer fragt sich, welche Faktoren diese psychischen Belastungen und Gefährdungen in seinem Betrieb eigentlich auslösten. Nur wenn dies festgestellt ist, kann eine Änderung bewirkt
    werden.



Die Lösung:



1. Betriebliche “harte” Belastungsfaktoren


    Am einfachsten zu handhaben sind die Belastungsfaktoren, die unmittelbar von der Betriebsstätte, den Maschinen und den Arbeitsbedingungen vor Ort
    verursacht werden. Diese Ursachen können zumindest durch Fachleute relativ schnell erkannt, festgestellt oder gemessen werden. Bei den meisten dieser Faktoren kann durch technische Maßnahmen Abhilfe geleistet
    werden.

    Zu solchen sog. harten Belastungsfaktoren zählen z.B. schweres Heben, falsche Raumtemperatur, Zugluft, zu hoher Lärm. Dazu zählen insbesondere auch die falsche Plazierung eines Computers im Raum
    (Tageslichteinfall), nicht computergerechte Möbel, falsche Beleuchtung, zu schnelle Arbeitstakte, zu große Monotonie am Arbeitsplatz, mechanische Gesundheitsbelastungen jeglicher Art, ungünstige, belastende
    Arbeitszeit.

    Zu diesen harten Belastungsfaktoren zählt aber auch die mangelnde Bereitschaft vieler Arbeitnehmer, die notwendigen Schutzvorrichtungen zu benutzen oder zu tragen, z.B. den Schutzhelm, den
    Gehörschutz, die Schutzbrille, die Sicherheitsschuhe.



2. Soziale Gefährdungsfaktoren


    In vielen Unternehmen ist die Wichtigkeit des Personalmanagements noch nicht ausreichend erkannt. Innerbetriebliche Qualifikationsmöglichkeiten,
    Aufstiegsmöglichkeiten und die Möglichkeit zur Verbesserung der eigenen beruflichen Position zählen dazu. Dazu gehört aber auch die Ermöglichung von Arbeitszeitveränderungen bei familiären Gründen, z.B. die
    Reduzierung von Vollzeit auf Teilzeit oder umgekehrt, ggf. auch eine familiengerechte Lage der Arbeitszeit.

    Am wichtigsten unter den sozialen Bedingungen ist das soziale Betriebsklima. Psychische Probleme
    werden leicht ausgelöst durch häufige Konflikte zwischen den Arbeitskollegen, zwischen Vorgesetzten und Untergebenen. Ein Manko in vielen Betrieben ist auch die mangelnde Beachtung von Vorschlägen der
    Beschäftigten, fehlende Anerkennung, fehlendes Lob (schwäbischer Spruch: “nichts gesagt, ist genug gelobt”!).

    Schließlich kann das Betriebsklima durch vermeintliches oder echtes Mobbing erheblich
    beeinträchtigt werden und zu psychischen Beeinträchtigungen sowie Krankheiten führen.



3. Arbeitstätigkeit / Qualifikation


    Psychische Gefährdungen bei der Verrichtung der vertraglich geschuldeten Tätigkeit entstehen u.a. dann, wenn Arbeitnehmer entweder unterfordert werden,
    insbesondere nicht entsprechend ihrer Qualifikation und Fähigkeiten im Betrieb eingesetzt und gefordert sind. Die selbe Folge kann aber auch eintreten, wenn Mitarbeiter überfordert werden durch zu schwierige
    Tätigkeiten, durch ungenügende Schulung, z.B. im Bereich der Software, durch zu hohen Arbeitsdruck, Arbeitsverdichtung und immer schnellere Zeittakte.

    Weitere Auslöser können unklare Verantwortlichkeiten,
    fehlender Informationsfluß, fehlende Kompetenz bei Vorgesetzten oder Kollegen sein. Die fehlende Transparenz von Arbeitsabläufen mindert die Freude an der Arbeit und führt zu Frust, fehlende soziale Kontakte
    oder Fachgespräche, zu hoher Zeitdruck und daraus folgend Defizite im betrieblichen Sozialverhalten.



4. Organisatorische Faktoren


    Zu psychischem Streß und zu Gefährdungen führen u.a. eine falsche oder stritte oder schwierige Organisation des Arbeitsablaufs, eine nicht einleuchtende
    Organisation und mangelhafte Transparenz, fortwährende Störungen des Arbeitsablaufes durch inner- oder außerbetriebliche Faktoren, häufiges Abberufen während der Durchführung einer Aufgabe, übermäßiger
    Telefonstreß, unregelmäßiger Arbeitsanfall mit hohem Streß in den Spitzenzeiten.

    Für viele Arbeitnehmer ist die korrekte Einhaltung der Arbeitszeit von erheblicher Bedeutung. Deshalb sind Störungen in der
    Arbeitszeit besonders ernst zu nehmen. Ein massiver Streßfaktor ist die Nichteinhaltung der vorgeschriebenen Ruhe- und Kurzpausen. Dies gilt insbesondere bei Tätigkeiten mit hoher Konzentration, die dann
    nachlassende Konzentration und daraus entstehende Fehler erhöhen noch die psychischen Gefährdungen. Häufige und vor allem unregelmäßige Überstunden können zur innere Arbeitsverweigerung mit entsprechender
    psychischer Belastung führen, aber auch die mangelnde Rücksichtnahme bei der Arbeitszeit und bei Überstunden auf soziale und familiäre Verpflichtungen der Mitarbeiter sowie auf deren berechtigtes
    Freizeitverhalten.



5. Fazit


    Mobbing ist im Arbeitsleben sicherlich ein Streßfaktor und ein Grund, der Probleme im Betrieb schafft und die Freude der Mitarbeiter an der Arbeit
    mindert. Mobbing ist aber nur ein Faktor unter vielen Faktoren, die zu psychischen Belastungen, zu Fehlern bei der Arbeit und letztlich zu psychischen Erkrankungen führen können. Aus diesem Grund hat
    Operettenchef Gotthilf Schiffer mit seinem Betriebsrat und jedenfalls mit seinen Mitarbeitern ausreichend Grund, nach den Ursachen der psychischen Belastungen in seinem Betrieb zu suchen.

Textübernahmen aus den Arbeitsrechtsfolgen von Hans Gottlob Rühle:
Reine
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