Die Verbesserung der Weihnachtsgeldzahlung durch den Arbeitgeber ist kein Problem. Immer wieder aber kommt es vor, daß ein Arbeitgeber die
Weihnachtsgratifikation zukünftig verringern oder gar streichen will. Ausschlaggebend sind dabei zumeist wirtschaftliche Gründe, insbesondere Einbrüche in der Ertragssituation.
Mit einer solchen
Verschlechterung sind Arbeitnehmer aber nicht immer einverstanden.
Der Fall
Arbeitgeber Joschka zahlte in der Vergangenheit an seine 10 Arbeitnehmer am Jahresende eine Weihnachtsgratifikation von 1/2 Monatsgehalt. Die Zeiten sind
schlecht geworden. Ende 2002 stellen die Mitarbeiter fest, daß Joschka nichts gezahlt hat. Arbeitgeber Joschka ist der Ansicht, daß er wegen schlechter wirtschaftlicher Lage seine freiwillige Leistung jederzeit
einstellen können.
Arbeitgeberin Claudia unterliegt dem Metalltarifvertrag. Sie möchte da raus und die Gratifikation einstellen. Geht das?
Spediteur Gregor hat Fahrer Lothar nach langem Verhandeln
vertraglich Weihnachtsgeld in Höhe von 1.000 DM zugesichert. Jetzt kommt der Auftragseinbruch. Deshalb zahlt er für das Jahr 2000 nur 500 DM Weihnachtsgeld. Lothar will klagen.
Die Lösung
1. Allgemeines
Die Änderung von vertraglichen Zusagen ist immer schwierig. Das arbeitsrechtliche Instrumentarium dazu ist für den Arbeitgeber begrenzt, nämlich:
– Änderungskündigung,
– Änderungsvertrag,
– Widerrufsvorbehalt.
2. Änderungsvertrag
Ein Änderungsvertrag ist nur dann möglich, wenn beide Seiten einverstanden sind. Arbeitgeber Joschka kann seinen Mitarbeitern den vertraglichen Verzicht
auf Gratifikation anbieten. Dabei ist dann zu unterscheiden, ob die Weihnachtsgratifikation auf Dauer oder nur für das nächste Jahr entfallen soll.
Spediteur Gregor kann auch dem Fahrer Lothar eine
Verringerung des vertraglichen Anspruches anbieten. Auch hier muß geklärt werden, ob der Verzicht oder die Verringerung dann auf Dauer erfolgen soll.
Sind die Arbeitnehmer damit nicht einverstanden, so ist
diese Möglichkeit des Änderungsvertrags gescheitert.
3. Änderungskündigung
Eine Änderungskündigung ist nach den §§ 1, 2 Kündigungsschutzgesetz dann möglich, wenn wirtschaftliche oder andere Gründe den Arbeitgeber zur
Verringerung der Leistung zwingen. Im Zweifel muß der Arbeitgeber aber vor dem Arbeitsgericht die wirtschaftliche Notwendigkeit der Kürzung oder des Wegfalls der Leistung darlegen und beweisen.
Außerdem muß
bei der Änderungskündigung berücksichtigt werden, daß die Arbeitsverhältnisse und Vertragsbedingungen einzelner Arbeitnehmer gar nicht ohne weiteres kündbar sind, z.B. Schwerbehinderte, Schwangere, Betriebsräte,
Stadtverordnete, Ausländerbeiräte etc. Für diese Arbeitnehmer entfällt ein solches Instrumentarium regelmäßig.
4. Widerrufsvorbehalt
Die Zahlung einer Weihnachtsgratifikation ist in der Regel freiwillig, wenn nicht zwingende Tarifverträge kraft Organisationszugehörigkeit oder
Allgemeinverbindlichkeit im Betrieb gelten.
Der Arbeitgeber kann sich deshalb bei dieser freiwilligen Leistung zu Beginn der Zahlung den jederzeitigen Widerruf der Leistung vorbehalten. Er kann auch bei jeder
jährlichen Zahlung erklären, daß diese Zahlung einmalig ist und kein Rechtsanspruch für die Zukunft besteht. Entscheidend für den Widerrufsvorbehalt ist jedoch, daß diese Erklärung eindeutig, klar und letztlich
auch beweisbar erfolgt. Aus diesem Grunde empfiehlt es sich dringend, den Widerrufsvorbehalt schriftlich zu formulieren. Der Widerrufsvorbehalt führt dazu, daß der Arbeitgeber nach den Grundsätzen des billigen
Ermessens die Leistung für die Zukunft widerrufen und einstellen kann.
In diesen Fällen ist die hohe Hürde des Kündigungsschutzgesetzes vom Arbeitgeber nicht zu beachten. Es sind allerdings reine
Willkürentscheidungen ausgeschlossen.
5. Vorbehaltlose Zahlung / Betriebliche Übung
Nach ständiger Rechtsprechung bindet sich der Arbeitgeber entweder dann, wenn er eine Zusage definitiv macht, ohne sich einen Widerruf vorzubehalten.
Dann bleibt ihm nur die Möglichkeit der Änderungskündigung oder des Änderungsvertrages.
Sofern der Arbeitgeber durch eine betriebliche Übung stillschweigend eine bestimmte Weihnachtsgratifikation zahlt, kann
jedoch ebenfalls eine Bindung entstehen. Die Rechtsprechung geht davon aus, daß nach dreimaliger vorbehaltloser Zahlung von Weihnachtsgratifikationen durch den Arbeitgeber für die Zukunft eine Rechtsbindung
entstanden ist. Durch die dreimalige vorbehaltlose Zahlung hat er in der Regel einen Vertrauenstatbestand gesetzt, auf den sich der Arbeitnehmer verlassen darf. Auch hier ist dann der Arbeitgeber gebunden.
Sowohl Arbeitgeber Joschka wie auch Spediteur Gregor haben einen Widerrufsvorbehalt nicht gemacht. Arbeitgeber Joschka hat 5 Jahre lang vorbehaltlos gezahlt. Arbeitgeber Gregor hat sogar eine ausdrückliche
Zusage gegeben.
Sie müßten eine Änderungskündigung aussprechen, die gerichtlich überprüfbar ist. Sie müssen allerdings bedenken, daß einzelne Arbeitsverhältnisse gar nicht so ohne weiteres kündbar sind
(Schwangere, Schwerbehinderte, Betriebsräte etc.).
6. Tarifvertrag
Metallarbeitgeberin Claudia ist durch den Manteltarifvertrag gebunden. Bei einer zwingenden, normativen Tarifbindung (Verbandszugehörigkeit von
Arbeitnehmer und Arbeitgeber) kann der Arbeitgeber nicht von dem Tarifvertrag abweichen. Arbeitnehmer können bei Mitgliedschaft in der Gewerkschaft noch nicht einmal auf tarifvertragliche Rechte verzichten.
Im Falle einer normativen Geltung des Tarifvertrages kann deshalb Arbeitgeberin Claudia die Weihnachtsgratifikation nicht absenken, weder durch Änderungsvertrag, noch durch Änderungskündigung, noch durch
Widerrufsvorbehalt.
Etwas anderes gilt nur dann, wenn der Tarifvertrag lediglich einzelvertraglich vereinbart wurde, also eine normative Bindung des Tarifvertrags fehlt. Dann könnte per Änderungsvertrag oder
Änderungskündigung bei Vorliegen entsprechender Voraussetzungen eine Absenkung erreicht werden.