Folge 10

Einstellung – Zulässige Fragen des Arbeitgebers

(Stand 2025)

Bei der Einstellung werden einem Bewerber manchmal viele Fragen gestellt. Der Bewerber ist verwirrt und fragt sich, ob alle diese Fragen wirklich auch zulässig sind.


Der Fall:

Arbeitgeber Ole Hering will nur Fragen stellen, die für ihn, für die Personalabteilung und für die Ausübung der Arbeit von Bedeutung sind. Er meinte aber, dass insbesondere Fragen im familiären Bereich unabdingbar sind, um z.B. die Sozialversicherungsdaten korrekt zu führen. Andererseits will Ole Hering vor einer Einstellung auch wissen, welche beruflichen und schulischen Qualifikationen ein Arbeitnehmer aufzuweisen hat. Dies hält er für bedeutsam, vor allem deshalb, weil die Arbeitswelt sich schnell verändert und der Arbeitnehmer flexibel eingesetzt werden soll.

Der Bewerber Max Hinkel möchte jedoch nicht als “gläserner Arbeitnehmer” durch den Betrieb marschieren. Er ist deshalb über viele Fragen erbost, vor allem über die Frage zur Religionszugehörigkeit, zum Bezug von Betriebsrenten und zur Frage nach der Schwerbehinderung.

Darf er diese Fragen falsch beantworten?

Die Lösung:


1. Anfechtungsrecht des Arbeitgebers/Recht zur Lüge

Schon in der Folge 9 ist dargelegt, dass der Arbeitgeber bei der Einstellung von Arbeitnehmern nicht berechtigt ist, unterschiedslos alle Fragen zu stellen. Das Fragerecht des Arbeitgebers ist vielmehr beschränkt. Der Arbeitgeber darf nur die Fragen stellen, die zur Einstellung, zur fachlichen und persönlichen Einschätzung, sowie zur Ausübung der vertraglich geschuldeten Arbeitsleistung erforderlich und dienlich sind. Alle anderen Fragen sind überflüssig und oft auch rechtswidrig.

Nur dann, wenn die Fragen rechtswidrig sind, darf der Bewerber Max Hinkel diese Fragen falsch beantworten und lügen. Sofern die Fragen berechtigt sind, führt eine Lüge dazu, dass der Arbeitgeber den Arbeitsvertrag jederzeit wegen arglistiger Täuschung gemäß § 123 BGB anfechten kann. Mit dieser Anfechtung wird das Arbeitsverhältnis sofort beendet, ohne Kündigungsschutz, ohne Kündigungsfrist und ohne Hilfe des Betriebsrats.


2. Zulässige Fragen des Arbeitgebers

Die harte Konsequenz der Anfechtbarkeit eines Arbeitsvertrages bei falscher Beantwortung rechtmäßiger Fragen (vgl. Folge 9) stellt für den Bewerber Max Hinkel ein hohes Risiko dar, wenn er lügt.

Es ist deshalb für jeden Bewerber und Arbeitnehmer von elementarer Bedeutung, zu wissen, welche Fragen vom Arbeitgeber rechtmäßig gestellt werden dürfen. Diese Fragen muss er nämlich beantworten und
er muss sie richtig beantworten! Ein Fehlverhalten gefährdet seinen Arbeitsplatz massiv.


3. Beispiele


a.

Als oberster Grundsatz gilt für alle Bewerber, dass der Arbeitgeber ihm die Fragen stellen darf, die für die Durchführung des Arbeitsverhältnisses und für die ordnungsgemäße Erbringung der vertraglich geschuldeten Leistung von Bedeutung sind. Dabei muss der Arbeitgeber einerseits mit dem notwendigen Takt vorgehen. Andererseits aber ist er berechtigt, gerade im fachlichen Bereich den Arbeitnehmer ausreichend zu testen.

Soweit persönliche Bereiche für die Durchführung des Arbeitsverhältnisses eine Rolle spielen, dürfen auch diese in den Fragenkatalog des Arbeitgebers einbezogen werden.


b.

Zulässig sind Fragen nach dem vollen Namen, dem Wohnort, Geburtsdatum des Bewerbers, auch dessen Familienstand, Kinderzahl und das Alter der Kinder darf erfragt werden. Der Arbeitgeber braucht alle diese Daten, um den Anforderungen des Finanzamtes und der Sozialversicherung zu genügen. Er braucht diese Daten aber auch, um später, z.B. im Falle einer Kündigung die Sozialauswahl richtig zu treffen.

Diese

familiären Daten

sind auch wichtig, um bei Versetzungen z.B. in einen anderen Betrieb, an einen anderen Ort die Auswahl nach sozialen Gesichtspunkten richtig zu treffen und z.B. Rücksicht auf Kinder, Kindergarten oder Schule und ähnliches zu nehmen.


c. Staatsangehörigkeit:

Der Arbeitgeber muss feststellen, ob ein EU-Angehöriger eingestellt wird oder ein Ausländer aus einem Nicht-EU-Land. In diesem Falle muss er insbesondere vor Arbeitsantritt auf Vorlage einer Arbeitserlaubnis bestehen.

Nicht-EU-Ausländer darf er ohne Arbeitserlaubnis nicht beschäftigen.

d.

Erforderlich sind Angaben zur

Schulbildung

, Vorlage der Schulabschlüsse. Der Bewerber muß auch seine

Berufsausbildung

darlegen und den Berufsabschluß. Berufserfahrung, Lehrgänge, Spezialkenntnisse und Spezialausbildungen, beruflicher Werdegang sind für den Arbeitgeber wichtig. Nicht erforderlich ist dagegen z.B. die Vorlage sämtlicher Schulzeugnisse aus allen Schuljahren. Für den Arbeitgeber ist es in der Regel uninteressant und damit unzulässig, zu überprüfen, ob ein Arbeitnehmer in der Schule sitzengeblieben ist oder nicht.


e. Fremdsprachen

Im Zuge der EU und der Internationalisierung sind Fremdsprachen mittlerweile von enormer Bedeutung. Die Einsetzbarkeit des Arbeitnehmers erhöht sich, ggf. auch des Anspruchs auf höheren Lohn. Diese Angabe dient dem Unternehmen, aber auch dem Fortkommen des Arbeitnehmers in der Firma.


f.

Fragen nach dem beruflichen Werdegang, insbesondere

Zeugnisse

aus den vorangegangenen Arbeitsverhältnissen.

g.

Bestand eines ungekündigten Arbeitsverhältnisses oder Bewerbung aus der Arbeitslosigkeit, Dauer der Arbeitslosigkeit.


h.

Die zuständige

Krankenkasse

und Rentenversicherungsträger.


i.

Bezug von Sozialversicherungs-

Renten

und/oder von Betriebsrenten und Pensionen. Dies kann wichtig sein im Rahmen einer betrieblichen Altersversorgung. Hier könnten eventuell schon bestehende Ansprüche verrechnet werden.


j.

Existenz einer

Konkurrenzklausel

Geheimnisträger oder besonders wichtige Arbeitnehmer haben manchmal im Arbeitsvertrag ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot vereinbart.
Dies untersagt ihnen für einen bestimmten Zeitraum in derselben Branche direkt nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses zu arbeiten. Dadurch könnte der Einsatz des Bewerbers im neuen Betrieb eingeschränkt sein.


k.

Bisher im Urlaubsjahr durch den vorangegangenen Arbeitgeber

erhaltener
Urlaub.

Sofern der Arbeitnehmer schon seinen Jahresurlaub erhalten hat, braucht der neue Arbeitgeber diesen Urlaub nicht noch einmal zu gewähren.


l.

Andere, zusätzlich zum Hauptarbeitsverhältnis noch ausgeübte

Nebentätigkeiten.

Solche Nebentätigkeiten können ggf. das Arbeitsverhältnis beeinträchtigen.
Insbesondere muß der Arbeitgeber prüfen, ob die Arbeitszeitgrenzen des Arbeitszeitgesetzes gewahrt werden.

Allerdings darf der Arbeitgeber nicht jede Nebentätigkeit generell verbieten. Ein Nebentätigkeitsverbot ist nur dann zulässig, wenn durch die Nebentätigkeit das Arbeitsverhältnis in massiver oder unzumutbarer Weise beeinträchtigt wird.


m.

Besteht das Arbeitsverhältnis länger als 6 Monate ist die Frage nach der

Schwerbehinderteneigenschaft

und dem Grad der Behinderung zulässig. Der Arbeitnehmer hat dann den besonderen Schutz der schwerbehinderten Arbeitnehmer nach § 168 ff SGB IX erworben.

Der Arbeitgeber hat nach dieser Wartezeit ein berechtigtes Interesse daran, die Schwerbehinderteneigenschaften zu erfahren. Er kann dann nämlich diesen Schwerbehinderten auf sein Schwerbehinderten-Pflichtkontingent gemäß § 154 SGB IX von 5 % der Arbeitsplätze anrechnen. Er spart so die Ausgleichsabgabe, die er für jeden unbesetzten Pflichtarbeitsplatz bezahlen müsste.

Außerdem weiß der Arbeitgeber dadurch, dass er im Falle einer Kündigung zunächst die Hauptfürsorgestelle anrufen und deren Zustimmung einholen muss.


n.

Die Frage nach der

Religionszugehörigkeit

ist bei der Bewerbung im Zuge einer Einstellung zunächst unzulässig. Sie ist erst zulässig, wenn der Arbeitnehmer schon eingestellt ist, um ggf. die Kirchensteuer richtig abführen zu können.

Eine Ausnahme besteht nur in Tendenzbetrieben, z.B. in kirchlichen Betrieben. Dort darf generell nach der Religionszugehörigkeit gefragt werden.


o.

Frage nach

Krankheiten

können im Einzelfall zulässig sein, soweit dadurch die generelle Arbeits- und Einsatzfähigkeit des Arbeitnehmers betroffen sind. Fragen nach bestimmten Krankheiten, die stark ansteckend und gefährdend sind, können ebenfalls zulässig sein, soweit damit die Gesundheit der Arbeitskollegen gefährdet wird. Weitere Fragen nach einer Erkrankung sind aber unzulässig.

Textübernahmen aus den Arbeitsrechtsfolgen von Hans Gottlob Rühle:
Reine
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