Der Fall
Buchhalter Jonathan Swift möchte neben seinem Brotberuf Bücher schreiben. Die am Abend beschäftigte Bedienung Marylin Monroe möchte tagsüber in Hollywood als angestellte Schauspielerin
arbeiten. Der in Khartoum stationierte General Charles George Gordon möchte, von der Langeweile getrieben, eine Brauerei für die vom Wüstensand ausgedörrten Engländerkehlen eröffnen. Der Archivar Ludwig Bickell
sammelt Antiquitäten und ist ständig klamm. Zur Aufbesserung seiner Finanzen möchte er in der Würstchenbude neben dem Staatsarchiv in seiner Freizeit als Verkäufer arbeiten.
In den Verträgen aller Genannten
befindet sich ein Nebentätigkeitsverbot. Zumindest muß die Nebentätigkeit zuerst vom Arbeitgeber oder Dienstherrn genehmigt werden.
Der Antrag von Jonathan Swift wird abgelehnt, weil Bücherschreiben die
Fantasie eines Buchhalters zu sehr erregt. Die Bedienung Marylin erhält eine Ablehnung, weil die Filmaufnahmen am Tag sowie die Tätigkeit in der Nacht zusammengerechnet gegen das Arbeitszeitgesetz verstoßen.
General Gordon und Archivar Bickell erhalten eine Ablehnung, weil sich die geplanten Nebentätigkeiten mit den althergebrachten Grundsätzen des Öffentlichen Dienstes nicht vertragen und die profane Tätigkeit im
Genußbereich das Ansehen der ausgeübten Berufe beflecke.
Buchhalter Swift und General Gordon sehen sich in ihrer freien Berufsausübung unzulässig behindert. Bedienung Marylin und Archivar Bickell brauchen
einfach das zusätzliche Geld für ihren Lebensunterhalt bzw. die Antiquitätensammlung.
Die Lösung
1. Problemstellung
Nebenbeschäftigungen spielen in der zunehmend flexibilisierten und globalisierten Arbeitswelt und Gesellschaft eine immer stärkere Rolle. Das gilt insbesondere deshalb, weil einerseits
nicht ausreichend Vollzeitarbeitsverhältnisse zur Verfügung stehen und weil andererseits aus verschiedenen Gründen die Zahl der Teilzeitarbeitsverhältnisse immer mehr ansteigt.
Einerseits gibt es viele
Menschen, die zu ihrer Selbstverwirklichung eine zusätzliche Nebentätigkeit ausüben. Andererseits reicht für viele Arbeitnehmer ihr Arbeitseinkommen nicht mehr aus, um sich oder ihre Familie ausreichend zu
ernähren bzw. um die getätigten Anschaffungen bezahlen zu können.
Aus diesem Grunde steigt auch in Deutschland die Zahl der Mitarbeiter ständig an, die neben ihrem Hauptarbeitsverhältnis eine bezahlte
Nebentätigkeit ausüben oder die schon von Anfang an mehrere Teilzeitarbeitsverhältnisse nebeneinander durchführen.
2. Begriff der Nebentätigkeit
Der Begriff der Nebentätigkeit ist nur schwer zu definieren. Er kann ganz verschieden eingegrenzt werden.
– Nach dem Steuerrecht ist Nebentätigkeit eine Erwerbstätigkeit, die neben
dem Hauptberuf des Betroffenen ausgeübt wird, der regelmäßig einen größeren Aufwand und ein höheres Einkommen beinhaltet, als die Nebentätigkeit.
– Nach einer anderen Definition ist die Nebenbeschäftigung
jede Tätigkeit außerhalb des eigentlichen Arbeitsverhältnisses, ob bei einem anderen Arbeitgeber oder als Selbständiger oder unentgeltlich ehrenamtlich.
– Arbeitsvertraglich kommt es nicht so sehr darauf an,
was eine Haupt- und Nebentätigkeit ist. Vielmehr können auch mehrere Teilzeitarbeitsverhältnisse gleichwertig nebeneinander stehen. Aus der Sicht des Arbeitsvertrages ist die Nebentätigkeit jeweils die
Tätigkeit, die der Arbeitnehmer bei einem anderen Arbeitgeber oder in einem anderen Erwerbsverhältnis ableistet.
– Arbeitsrechtlich wird von einer Nebentätigkeit in der Regel dann gesprochen, wenn es sich um
eine andere Erwerbstätigkeit handelt. Die arbeitsrechtlichen Nebentätigkeitsverbote beziehen sich i.d.R. auf die anderweitige Verwertung der Arbeitskraft.
– Theoretisch kann auch eine unentgeltliche oder eine
ehrenamtlich ausgeübte Tätigkeit eine Nebentätigkeit sein. Die arbeitsrechtlichen Verbote umfassen jedoch i.d.R. nicht ehrenamtliche Tätigkeiten, z.B. in Vereinen, der Politik oder im Sozialbereich.
Achtung:
Auch ehrenamtliche Tätigkeiten können so exzessiv ausgeübt werden oder so belastend sein, daß das Arbeitsverhältnis dadurch beeinträchtigt wird. In solchen Fällen hat der Arbeitgeber auch ohne
Nebentätigkeitsverbot einen Anspruch gegen den Arbeitnehmer auf Einschränkung oder Unterlassung dieser Nebentätigkeit. Andernfalls riskiert der Arbeitnehmer die Kündigung des Arbeitsverhältnisses.
Etwas
anderes gilt nur für politische Ehrenämter, die gesetzlich besonders geschützt sind, z.B. durch ein Kündigungsverbot. Hier verlangt der Gesetzgeber vom Arbeitgeber aus Gründen des Gemeinwohls eine besondere
Rücksichtnahme und die Pflicht zur Freistellung von Arbeit für die gemeinnützige, öffentliche ehrenamtliche Tätigkeit (z.B. Parlamentsmitglieder, Gemeindevorstände, Ausschuß- und Beiratsmitglieder). Der
besondere Kündigungsschutz ergibt sich in Hessen aus § 35 a Hess Gemeindeordnung. Danach ist eine ordentliche Kündigung des Arbeitsverhältnisses – egal aus welchen Gründen – verboten.
3. Öffentlicher Dienst
Im Öffentlichen Dienst gibt es spezielle Nebentätigkeitsregelungen bzw. Verbote.
Für Beamte und Richter ist die Nebentätigkeit durch das 2. Nebentätigkeitsbegrenzungsgesetz vom
9.9.1997 sowie durch die Beamtengesetze stark eingeschränkt worden. Hier bestehen Zustimmungs- und Genehmigungspflichten durch den Dienstherrn. Für Arbeiter und Angestellte ist in § 11 BAT und § 13 MTArb eine
entsprechende Regelung mit Zustimmungs- und Genehmigungsvorbehalt getroffen worden.
Nach § 3 Abs. 3 TVöD müssen Nebentätigkeiten gegen Entgelt dem Arbeitgeber rechtzeitig vorher angezeigt werden. Der
Arbeitgeber kann die Nebentätigkeit untersagen oder mit Auflagen versehen, wenn diese geeignet ist, die Erfüllung der arbeitsvertraglichen Verpflichtungen der Beschäftigten oder die berechtigten Interessen des
Arbeitgebers zu beeinträchtigen.
Im Öffentlichen Dienst müssen teilweise Einnahmen aus der Nebentätigkeit aus der Nebentätigkeitsverordnung an den Arbeitgeber abgeführt werden. Durch diese Abführungspflicht
soll der Anreiz zur Nebentätigkeit abgeschwächt werden.
4. Nebentätigkeitsverbote
Auch in der Privatwirtschaft gibt es Nebentätigkeitsverbote. Diese beruhen in vielen Fällen auf einer Regelung im Arbeitsvertrag. Nebentätigkeitsverbote finden sich aber auch in
Betriebsvereinbarungen, die zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat abgeschlossen wurden, sowie in Tarifverträgen, wie z.B. den Tarifverträgen des Öffentlichen Dienstes (siehe oben).
Nebentätigkeitsverbote
können unterschiedlich gestaltet und unterschiedlich stark sein:
– Die schwächste Form ist die Anzeigepflicht gegenüber dem Arbeitgeber. In diesem Fällen ist die Nebentätigkeit generell erlaubt.
– Die
nächste Steigerung ist die generelle Erlaubnis mit einem Verbotsvorbehalt durch den Arbeitgeber. Der Arbeitgeber kann danach die Nebentätigkeit untersagen oder einschränken, wenn diese geeignet ist, die
Erfüllung der arbeitsvertraglichen Verpflichtungen zu beeinträchtigen (vgl. § 3 Abs. 3 TVöD).
– Stärker ist das generelle Verbot mit Genehmigungsvorbehalt durch den Arbeitgeber. Danach darf eine
Nebentätigkeit nur ausgeübt werden, wenn sie vorher durch den Arbeitgeber genehmigt ist.
– Die stärkste Form ist das generelle Verbot einer Nebentätigkeit ohne Genehmigungsmöglichkeit bzw. ohne Anspruch auf
Genehmigung.