Der Fall:
Der listige Arbeitgeber Odysseus will seine langjährig beschäftigten treuen Mitarbeiter Castor und Pollux möglichst schnell und schmerzlos entlassen. Auf
Ratschlag seines Steuerberaters Erinnyos läßt er die beiden eine Ausgleichsquittung unterschreiben. Darin quittieren die Arbeitnehmer den Erhalt der Kündigung, der Arbeitspapiere und des Restlohns. Im
Kleingedruckten allerdings verzichten sie auch auf die Erhebung einer Kündigungsschutzklage und auf alle sonstigen Rechte.
Die ahnungslosen Castor und Pollux unterzeichnen. Als sie Kündigungsschutzklage
erheben, präsentiert ihnen der listige Odysseus im Termin die Ausgleichsquittung und fordert Klageabweisung. Castor und Pollux fühlen sich betrogen.
Die Lösung:
1. Problemstellung
Die Beendigung des Arbeitsverhältnisses kann für Arbeitgeber und Arbeitnehmer mit erheblichen Kosten und Zahlungsrisiken verbunden sein, aber auch mit der
Ungewißheit über den Prozeßausgang einer Kündigungsschutzklage. Um die Probleme in den Griff zu bekommen, gehen viele Arbeitsvertragsparteien richtigerweise dazu über, Beendigungsvergleiche zu schließen.
Dabei werden jedoch viele Fehler gemacht. Insbesondere die Sperrzeit ist zu beachten. Aus diesem Grunde ist es wichtig, daß die Parteien gerade bei Beendigung eines Arbeitsverhältnisses möglichst umfassend und
sorgfältig die Rechtsfolgen regeln.
Die kommenden Beiträge sollen auf Fehlerquellen und Problemfelder hinweisen. Sie sollen Hilfestellung sein, ohne Probleme umfassend würdigen zu können.
2. Ausgleichsquittung
Ein beliebtes Mittel der Bereinigung von Problemen ist die „Ausgleichsquittung“. Dabei handelt es sich um ein Papier, das Arbeitgeber und Arbeitnehmer am
Ende eines Arbeitsverhältnisses immer wieder unterzeichnen.
Die Gefährlichkeit solcher Abschlußvereinbarungen besteht in der Schnelligkeit der Unterzeichnung, ohne die Rechtsfolgen zu kennen oder zu bedenken.
Es ist deshalb dringend davor zu warnen, im Zuge der Quittierung von Lohn oder Arbeitspapieren umfassende Erklärungen zu unterzeichnen.
Achtung:
Der Arbeitnehmer wie der Arbeitgeber müssen sorgfältig lesen, was sie dabei unterzeichnen. Wenn Unklarheiten auftreten, muß nachgefragt werden, Rechtsrat beim Rechtsanwalt oder Gewerkschaft/Arbeitgeberverband eingeholt werden.
3. Kündigungsempfangsquittung
Sofern der Arbeitnehmer nur durch Unterschrift bestätigt, für einen bestimmten Termin eine bestimmte schriftliche Kündigung erhalten zu haben, besteht kein
Problem. Dies ist nur eine Empfangsquittung ohne weitere Rechtsfolgen. Allerdings muß der Arbeitnehmer genau lesen, was er quittiert!
4. Inhalt Ausgleichsquittung
Die Ausgleichsquittung beinhaltet in der Regel zunächst einen Quittungsteil. Daher der Name. Der Arbeitnehmer quittiert, die Kündigung erhalten zu haben,
seine Arbeitspapiere, seinen Restlohn, ein Zeugnis oder den Erhalt anderer Dinge. Ebenso kann der Arbeitgeber die Rückgabe des Firmenhandys, der Firmenunterlagen, der Schlüssel, des Dienstwagens auf diese Weise
quittieren. Im zweiten Teil allerdings bestätigen Arbeitnehmer und/oder Arbeitgeber, keine weiteren Ansprüche mehr gegenseitig aus dem Arbeitsverhältnis zu besitzen. In vielen Fällen verpflichtet sich der
Arbeitnehmer auch, keine Kündigungsschutzklage zu erheben. Dieser Teil ist der eigentlich wichtige und gefährliche Teil der Erklärung. Hier muß genau geprüft werden, bevor eine Unterschrift gegeben wird.
5. Rechtsfolgen
Die gravierendste Rechtsfolge für den Arbeitnehmer kann darin bestehen, daß er auf die Erhebung der Kündigungsschutzklage verzichtet und damit die
Kündigung anerkennt. Dies kann nach neuer Rechtsprechung des Bundessozialgerichts sogar zu einer Sperrzeit beim Arbeitslosengeld von 12 Wochen führen!
Weitere gravierende Rechtsfolgen können darin bestehen,
daß die Arbeitnehmer auf noch offene Lohnansprüche verzichten. Dies gilt allerdings nur, soweit diese Ansprüche verzichtbar sind (z.B. nicht zwingende Tariflohnansprüche oder gesetzliche Urlaubsansprüche).
Auch der Arbeitgeber kann durch einen Verzicht Forderungen verlieren, z.B. Rückzahlungsansprüche, Darlehensansprüche, Schadenersatzansprüche.
Achtung:
Einseitige Verzichtserklärungen der Freunde Castor und Pollux sind rechtsunwirksam wegen unangemessener Benachteiligung der Arbeitnehmerseite. Hat dagegen der listige Odysseus ebenfalls auf weitere Rechte und Ansprüche verzichtet, könnte ein erheblicher Rechtsverlust vorliegen.
6. Anfechtung
Eine Anfechtung der Ausgleichquittung wegen Erklärungs- oder Inhaltsirrtums kommt kaum in Betracht, wenn diese klar formuliert ist. Bei Unklarheit der
Formulierungen läge eine unangemessene Benachteiligung gemäß § 307 Abs. 1 BGB vor. Dann wären diese unklaren Regelungen rechtsunwirksam.
Eine Anfechtung wegen arglistiger Täuschung (§ 123 BGB) durch Castor
und Pollux wäre nur erfolgreich, wenn diese nachweisen könnten, daß Odysseus sie über den Inhalt des Schriftstückes belogen und vom Lesen abgehalten hatte.
Im Ergebnis sind Arbeitnehmer meist an den Inhalt
der unterzeichneten Ausgleichsquittung gebunden.