Der Fall:
Die Diätassistentin Eleonora von Aquitanien war Vollzeit im Elisabeth-Krankenhaus beschäftigt. 2004 ging sie auf ihren Antrag hin in Elternzeit. Im Sommer
2005 beantragte sie für die restliche Elternzeit bis zum 3. Lebensjahr ihres Kindes Teilzeitarbeit von 20 Wochenstunden im Wege der Verringerung ihrer Arbeitszeit.
Der Krankenhausträger lehnte dies ab. Er
wies darauf hin, daß er für die Dauer der Elternzeit eine andere Diätassistentin Vollzeit als Ersatz befristet eingestellt hat. Weder diese Ersatzkraft noch andere Diätassistenten seien auf Nachfrage bereit
gewesen, ihre Arbeitszeit nach den Wünschen von Eleonore zu reduzieren. Eleonore will trotzdem während der Elternzeit arbeiten. Sie habe einen gesetzlichen Anspruch darauf.
Die Lösung
1. Elternzeit
Nach § 15 Bundeserziehungsgeldgesetz haben Arbeitnehmer einen Anspruch auf Elternzeit, wenn sie mit einem Kind, für das ihnen die Personensorge zusteht
oder einem Kind des Ehegatten oder Lebenspartners in einem Haushalt leben und dieses Kind selbst betreuen und erziehen. Der Anspruch auf Elternzeit besteht bis zur Vollendung des 3. Lebensjahres des Kindes. Die
Elternzeit kann auch anteilig von jedem Elternteil alleine oder von beiden Elternteilen gemeinsam genommen werden.
2. Teilzeitarbeit
Während der Elternzeit ist Erwerbstätigkeit zulässig, wenn die vereinbarte wöchentliche Arbeitszeit für jeden Elternteil, der eine Elternzeit nimmt, 30
Stunden nicht übersteigt. Diese Teilzeitarbeit kann beim bisherigen Arbeitgeber absolviert werden.
Teilzeitarbeit bei einem fremden Arbeitgeber oder als Selbständiger bedarf der Zustimmung des bisherigen
Arbeitgebers. Dieser kann sie allerdings nur innerhalb von 4 Wochen aus dringenden betrieblichen Gründen schriftlich ablehnen.
3. Verringerung der Arbeitszeit
Nach § 15 Abs. 5 bis Abs. 7 Bundeserziehungsgeldgesetz kann die Mitarbeiterin einen Antrag auf eine Verringerung der Arbeitszeit und ihrer Ausgestaltung
beim Arbeitgeber stellen. Arbeitnehmer und Arbeitgeber sollen sich innerhalb von 4 Wochen einigen.
Soweit eine Einigung nicht zustande kommt, kann die Arbeitnehmerin während der Gesamtdauer der Elternzeit 2
Mal die Verringerung ihrer Arbeitszeit beanspruchen. Die Voraussetzungen dafür sind:
– Der Arbeitgeber muß mehr als 15 Arbeitnehmer (ohne Auszubildende) beschäftigen,
– das Arbeitsverhältnis der
Arbeitnehmerin hat in demselben Betrieb oder Unternehmen ohne Unterbrechung länger als 6 Monate bestanden,
– die neue Arbeitszeit während der Elternzeit soll auf einen Umfang zwischen 15 und 30 Wochenstunden
verringert werden,
– dem Verringerungsanspruch der Mitarbeiterin stehen keine dringenden betrieblichen Gründe entgegen,
– der Anspruch muß dem Arbeitgeber 8 Wochen oder – wenn die Verringerung unmittelbar
nach der Geburt des Kindes oder nach der Mutterschutzfrist beginnen sollte – 6 Wochen vor Beginn der Tätigkeit schriftlich mitgeteilt werden,
– der Antrag muß den Beginn und den Umfang der verringerten
Arbeitszeit enthalten. Die gewünschte Verteilung der verringerten Arbeitszeit soll im Antrag angegeben werden.
Will der Arbeitgeber die beanspruchte Verringerung der Arbeitszeit ablehnen, so muß er dies
innerhalb von 4 Wochen mit einer schriftlichen Begründung tun. Die Arbeitnehmerin kann dann Klage vor dem Arbeitsgericht erheben.
4. Spätere Anträge
Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts können Arbeitnehmer in Elternzeiten einen Verringerungsanspruch bzw. einen Teilzeitanspruch für die
Elternzeit nach § 15 Abs. 5 bis Abs. 7 Bundeserziehungsgeldgesetz auch dann noch beantragen, wenn sie zunächst nur die völlige Freistellung von der vertraglichen Arbeit in der Elternzeit beansprucht haben. Auch
wenn die Eltern zunächst nur vollständige Freistellung für die Elternzeit beantragt hatten, ohne Verringerung der Arbeitszeit, ist dieser Antrag auf Teilzeitarbeit in der Elternzeit noch nachträglich zulässig.
5. Betriebliche Gründe
In einem solchen Falle ist der Antrag jedoch nur erfolgreich, wenn der nachträglichen Teilzeitarbeit in der Elternzeit keinen dringenden betrieblichen
Gründe entgegenstehen. Wenn der Arbeitgeber für die Dauer der Elternzeit aufgrund des ursprünglichen Antrags eine Vollzeit-Ersatzkraft eingestellt hat und diese zur Verringerung nicht bereit ist, so kann sich
der Arbeitgeber in der Regel auf dringende betriebliche Gründe berufen, die einem Anspruch auf Verringerung der Arbeitszeit entgegenstehen. Der Arbeitgeber ist nicht verpflichtet, gegenüber der angestellten
Ersatzkraft eine Kündigung oder Änderungskündigung auszusprechen. Er ist verpflichtet, auch andere vergleichbare Arbeitnehmer über ihre Bereitschaft zur befristeten Verringerung ihrer Arbeitszeit zu befragen. Zu
weitergehenden Maßnahmen kann er jedoch nicht verpflichtet werden.
Im Ergebnis kann deshalb Eleonora ihren gesetzlichen Freizeitanspruch für die Elternzeit nicht durchsetzen. Das Krankenhaus durfte sich auf
Grund des ersten Antrags auf Elternzeit ohne Beschäftigung darauf verlassen, daß Eleonora 3 Jahre der Beschäftigung fern bleibt.
Da beim späteren Meinungswechsel alle Arbeitsplätze besetzt waren, brauchte das
Elisabeth-Krankenhaus Eleonora nicht beschäftigen. Eine Kündigung der Vertretungskraft könnte der Arbeitgeber freiwillig durchführen, allerdings mit allen kündigungsrechtlichen Risiken. Er muß aber die
Vertretungskraft nicht kündigen. Eleonora würde den Prozeß verlieren.