Der Fall
Die Arbeitnehmer im Betrieb des Arbeitgebers Häberle bildeten den Singkreis Frohsinn. Der Singkreis Frohsinn möchte gerne zur Hopfenkur auf das Oktoberfest
fahren und meint, dies sei ein Betriebsausflug. Trollinger-Schlotzer Häberle ist fassungslos. Dem Arbeitgeber Häberle paßt der Betriebsausflug 2006 überhaupt nicht in das Produktionskonzept. Wegen guter Aufträge
will er den Betriebsausflug streichen. Arbeitnehmer Gscheidle dagegen meint nach Heranziehung eines Ratgebers, daß er einen Anspruch auf einen Betriebsausflug besitze.
Arbeitnehmerin Kirschblüte möchte an dem
Betriebsausflug nicht teilnehmen. Sie hat 3 Hunde und bekommt diese nicht unter. Statt der Teilnahme an dem Betriebsausflug möchte sie dann einen freien Tag genehmigt bekommt. Häberle weint ob dieser neuen
Sitten.
Wegen der Telefonanlage muß Notdienst gemacht werden. Keiner will den Notdienst während des Betriebsausflugs übernehmen. Der Arbeitgeber bestimmt deshalb einseitig die Arbeitnehmerin Kirschblüte und
den aufmüpfigen Gscheidle für den Notdienst. Müssen diese kommen?
Die Lösung
1. Was ist Betriebsausflug?
Nicht jede gemeinsame gesellschaftliche Betätigung von Arbeitnehmern eines Betriebes stellt einen Betriebsausflug dar. Dies gilt insbesondere dann, wenn
Mitarbeiter ohne Beteiligung des Arbeitgebers oder des Betriebsrates für sich oder einen bestimmten Kollegenkreis gesellige Veranstaltungen durchführen.
Ein Betriebsausflug im rechtlichen Sinne liegt nur dann
vor, wenn der Arbeitgeber befragt und mit der Durchführung der Veranstaltung als Betriebsausflug einverstanden ist.
Organisiert dagegen der Singkreis Frohsinn eine Fahrt zum Oktoberfest außerhalb der
Arbeitszeit am Wochenende, ohne daß Arbeitgeber Häberle eingebunden ist, so ist dies eine reine Privatveranstaltung.
2. Rechtsgrundlagen
Zur Durchführung des Betriebsausfluges, zur Frage der Anspruchsbegründung und zu den Einzelheiten gibt es keine gesetzlichen Regelungen. Normalerweise
finden sich auch in den Arbeitsverträgen keine entsprechenden Vereinbarungen.
Es wäre nur möglich, daß zwischen dem Arbeitgeber und dem Betriebsrat im Wege der freiwilligen Betriebsvereinbarung nach § 81
Betriebsverfassungsgesetz eine Vereinbarung über die Abhaltung eines oder mehrerer Betriebsausflüge getroffen worden ist.
In einem solchen Falle ist zu empfehlen, die Einzelheiten so genau wie möglich zu
regeln.
3. Anspruch auf Betriebsausflug?
Mangels gesetzlicher oder vertraglicher Regelung existiert normalerweise kein Anspruch eines Mitarbeiters auf den Betriebsausflug. Insbesondere besteht
keine Pflicht des Arbeitgebers zur Durchführung eines Betriebsausflugs aus vertraglichen Nebenpflichten. Zunächst jedenfalls ist der Arbeitgeber frei darin, ob er der Durchführung eines Betriebsausfluges
zustimmt oder nicht.
Soweit seit vielen Jahren regelmäßig und ohne Rechtsvorbehalt durch den Arbeitgeber im Unternehmen Betriebsausflüge stattfinden, könnte über eine betriebliche Übung nachgedacht werden.
Auch das ist gerichtlich nicht generell abgeklärt und eine Frage des Einzelfalles.
4. Teilnahmepflicht?
Soweit ein Betriebsausflug mit Billigung des Arbeitgebers oder in Absprache zwischen Betriebsrat und Arbeitgeber stattfindet, haben alle Mitarbeiter des
Betriebes einen Anspruch auf Teilnahme an dem Betriebsausflug.
Dies gilt auch dann, wenn bei Großbetrieben die Betriebsausflüge im Rahmen von Bereichen oder Abteilungen durchgeführt werden.
Der Ausschluß
einzelner Arbeitnehmer vom Betriebsausflug ohne sachlichen Grund wäre ein Verstoß gegen die Grundsätze der Gleichbehandlung oder ein allgemeines Diskriminierungsverbot.
Interessanter ist die Frage der
Teilnahmepflicht. Eine solche Teilnahmepflicht am Betriebsausflug besteht grundsätzlich nicht. Die Teilnahmepflicht ergibt sich weder aus Gesetz, noch aus dem Arbeitsvertrag oder einer Betriebsvereinbarung.
Der Arbeitnehmer ist verpflichtet, seine Arbeitskraft zur Erbringung einer Arbeitsleistung in einer bestimmten Weise zur Verfügung zu stellen. Daraus folgt aber nicht als Nebenpflicht die Teilnahme an
Geselligkeiten, Betriebsausflügen o.ä. Dagegen steht im übrigen auch das Persönlichkeitsrecht des einzelnen Arbeitnehmers.
Arbeitnehmerin Kirschblüte kann sich deshalb zu Recht weigern, am Betriebsausflug
teilzunehmen.
5. Freistellung von der Arbeit
Die Arbeitnehmer, die am Betriebsausflug nicht teilnehmen, unterliegen ihren ganz normalen arbeitsvertraglichen Verpflichtungen. Dies bedeutet, daß der
Arbeitnehmer, der nicht für den Betriebsausflug mit Billigung des Arbeitgebers freigestellt ist, generell seine vertraglich geschuldete Arbeitsleistung zu erbringen hat.
Ein Anspruch auf Freistellung an diesem Tag besteht nicht.
In der Praxis ist jedoch die Durchführung der vertraglich geschuldeten Tätigkeit am Tag des Betriebsausfluges nicht immer möglich. Durch das Fehlen
vieler Mitarbeiter können bestimmte Betriebsabläufe blockiert sein.
Der Arbeitgeber hat dann im Wege des Direktionsrechtes nach § 109 Gewerbeordnung das Recht, dem zurückbleibenden Arbeitnehmer in andere
vergleichbare oder zumutbare Tätigkeiten zuzuweisen. Gerade in diesem Falle wird das Direktionsrecht des Arbeitgebers gegenüber dem Normalfall erweitert sein, um einen sinnvollen Einsatz des Mitarbeiters am Tag
des Betriebsausflugs zu ermöglichen.