Der Fall:
Neuunternehmerin Madame Pompadour will die senile Belegschaft ihres Vorgängers Richelieu entlassen und alle Positionen neu besetzen.
Sie wirft den
sächsischen Oberhofmeister Gerhard eigenhändig raus und kündigt mündlich. Der lombardische Außendienstmitarbeiter Silvio erhält die Kündigung per Fax, Hausmeister Jacques per e-mail und SMS. Ihren bisherigen
Liebhaber und Personalchef Ludwig läßt sie schriftlich durch seinen Nachfolger Danton kündigen.
Alle klagen innerhalb der 3-Wochen-Frist, nur Oberhofmeister Gerhard verpaßt die Klagefrist um 3 Tage.
Ex-Personalchef Ludwig behauptet, kein Kündigungsschreiben von Danton erhalten zu haben. Wer obsiegt?
Die Lösung:
1. Schriftlichkeit
Seit dem 1.5.2000 müssen Kündigungen im Arbeitsverhältnis nach § 623 BGB schriftlich ausgesprochen werden. Dies gilt auch für Auflösungsverträge. Sonst
sind sie gem. § 134 BGB rechtsunwirksam. Gerhard steht also noch im ungekündigten Arbeitsverhältnis.
Er hat die Klagefrist von 3 Wochen nach § 4 KSchG verpaßt. Dies ist auch nach dem 1.1.2004 ganz
ausnahmsweise unschädlich. Die zwingende Klagefrist gilt nämlich nur für schriftliche Kündigungen. Die Klage von Gerhard ist also nicht verspätet, sondern begründet.
2. Faxschreiben
Faxschreiben, Kopien u.ä. erfüllen nicht die Voraussetzung der Schriftform. Sie sind zwar an sich schriftlich, richtigerweise: in Textform. Nach § 126
BGB ist jedoch für die Schriftform zusätzlich die eigenhändige Namensunterschrift des Ausstellers gefordert. Der Außendienstler Silvio wird deshalb den Prozeß gewinnen.
3. e-mail / SMS
§ 623 BGB fordert die Schriftform. Die Vorschrift hat die elektronische Form ausdrücklich ausgeschlossen. Auch die Kündigung des Hausmeisters Jacques per
e-mail oder SMS ist deshalb rechtsunwirksam.
4. Vertretung / Vollmacht
Nur die Kündigung des Ex-Liebhabers Ludwig durch den neuen Personalchef Danton ist schriftlich im Sinne des Gesetzes. Neuunternehmerin Pompadour hat aber
übersehen, daß im Falle einer rechtsgeschäftlichen Vertretung der Kündigung stets eine schriftliche, von ihr persönlich unterzeichnete Vollmacht beiliegen muß. Geschieht dies nicht, ist die Kündigung zwar nicht
von Anfang an unwirksam. Arbeitnehmer Ludwig kann aber die Kündigung nach § 174 BGB unverzüglich, d.h. binnen weniger Tage nach Erhalt zurückweisen. Dann ist die Kündigung ebenfalls unwirksam.
5. Zugang der Kündigung
Entscheidend für die Wirksamkeit einer Kündigung ist deren Zugang beim Empfänger, hier beim Arbeitnehmer Ludwig. Bestreitet dieser den Zugang, so muß die
Arbeitgeberin den Zugang nachweisen. Das kann im Einzelfall sehr schwierig sein. Es ist deshalb wichtig, den Zugang so zu gestalten, daß er auch bewiesen werden kann.
6. Arbeitnehmerkündigung
Die voranstehend aufgeführten Kriterien und Grundsätze gelten nicht nur für Arbeitgeberkündigungen. Da es sich um allgemeine Grundsätze handelt, gelten
sie ebenso für die Kündigung von Arbeitnehmern. Auch diese müssen sich an die strenge Formvorschrift des § 623 BGB halten.