Der Fall:
Die Arbeitnehmer Friedrich Schiller und Annette von Droste-Hülshoff klagen nicht. Sie wollen ihre Ansprüche aber geordnet mit dem Arbeitgeber abwickeln.
Dem sensiblen Schiller wäre es am liebsten, in der Kündigungsfrist nicht mehr mit dem herzlosen Gottlob zusammenarbeiten zu müssen. Annette hat noch den Dienstwagen des Gottlob zuhause stehen und diverse
Firmenunterlagen. Soll sie sie zurückgeben? Arbeitnehmer Schiller hat im Spind vor seiner neugierigen Verwandtschaft ein Wertpapierdepot versteckt. Darf er auch nach Ablauf der Kündigungsfrist seine Wertpapiere
in der Firma abholen?
Die Lösung
1. Freistellung in der Kündigungsfrist
Der sensible Schiller leidet seit dem Erhalt der Kündigung unter psychischen Problemen. In vielen Fällen empfiehlt sich eine Aussprache zwischen
Arbeitgeber und Arbeitnehmer über die Frage, ob für die Zeit der Kündigungsfrist eine Freistellung des Arbeitnehmers unter Fortzahlung seiner Vergütung erfolgt. In diesem Falle sollte weiterhin vereinbart
werden, daß diese Freistellung unter Anrechnung der noch offenen und noch entstehenden Urlaubsansprüche erfolgt.
Eine solche schriftliche und für beide Seiten klare Vereinbarung hat diverse Vorteile. Es ist
ein Phänomen, daß eine erhebliche Anzahl von Mitarbeitern während des Laufs der Kündigungsfrist erkranken. Dadurch entstehen beim Arbeitgeber nicht nur Ärger, sondern auch erhebliche Kosten und
Organisationsprobleme.
Aus diesem Grunde ist die Freistellung des Arbeitnehmers während der Kündigungsfrist unter Anrechnung von Urlaub eine durchaus gebräuchliche und empfehlenswerte Maßnahme, wenn beide
Seiten dies wünschen. Die Freistellung ist vor allem aber dann empfehlenswert, wenn zwischen den Parteien durch die Kündigung oder aufgrund früherer Umstände erhebliche Verstimmungen vorhanden sind. Die Parteien
ersparen sich dadurch neuen Ärger und neuen Streit, ggf. auch unnötige Arbeitsgerichtsprozesse.
2. Firmenunterlagen
Arbeitnehmerin Annette von Droste-Hülshoff muß mit der Beendigung des Arbeitsverhältnisses ihren Dienstwagen an den Arbeitgeber Gottlob zurückgeben.
Dasselbe gilt für Firmenunterlagen und vor allem für Schlüssel zu den Betriebsräumlichkeiten.
Soweit die Arbeitnehmerin Annette dieser Pflicht nicht nachkommt, könnte sie sich schadenersatzpflichtig machen.
Wenn die Firmenunterlagen in falsche Hände geraten, wäre dies zusätzlich ein Anlaß für neuen Streit.
Im Falle der Freistellung ist immer wieder der Zeitpunkt der Rückgabe problematisch. Die Firmenunterlagen
sind mit dem Freistellungszeitpunkt zurückzugeben, ebenso die Schlüssel des Betriebes.
Der Firmenwagen kann – wenn nichts anderes geregelt ist – während des Freistellungszeitraums noch beim Arbeitnehmer
verbleiben. Verlangt ihn Arbeitgeber Gottlob früher zurück, so muß er ggf. einen Ausgleich bezahlen.
3. Arbeitnehmereigentum
Die Arbeitnehmer sind generell berechtigt, ihr Eigentum im Falle der Kündigung aus der Firma abzuholen und mitzunehmen. Dies gilt auch für Gegenstände,
die die Arbeitnehmer zunächst in der Firma vergessen hatten. Vor allem im Falle der fristlosen Kündigung verbleiben oft persönliche oder private Gegenstände in der Firma. Entweder darf der Arbeitnehmer diese
Gegenstände am Arbeitsplatz abholen oder der Arbeitgeber muß sie dem Arbeitnehmer an der Firmenpforte übergeben.
Friedrich Schiller muß auf keinen Fall auf sein Aktiendepot verzichten. Er muß nur einen neuen
Platz suchen, um das Depot vor der neugierigen Verwandtschaft zu schützen.
4. Ausschlußfristen
Bei der Geltendmachung von Ansprüchen bei der Beendigung des Arbeitsverhältnisses muß beachtet werden, daß in den Tarifverträgen, manchmal aber auch in
Arbeitsverträgen, Ausschlußfristen vereinbart wurden. Dies bedeutet, daß Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis, bestimmter oder allgemeiner Art, binnen einer gewissen Frist von 2-3 Monaten schriftlich, beziffert
beim Vertragspartner geltend gemacht werden müssen.
Erfolg keine schriftliche und bezifferte Geltendmachung, so sind diese Ansprüche nach Ablauf der Ausschlußfristen verfallen und untergegangen. Dies kann
sehr ärgerlich sein.
Achtung: Die Ausschlußfrist gilt nicht für die Herausgabe von Eigentum. Das Eigentum kann nicht auf diese Weise verfallen. Schiller bekommt seine Aktien, Gottlob seinen Dienstwagen.
5. Ausgleichsquittung
Beim Abschluß des Arbeitsverhältnisses und der Schlußabrechnung wird dem Arbeitnehmer oft eine “Ausgleichsquittung” zur Unterschrift vorgelegt. Mit
dieser Quittung bestätigt der Arbeitnehmer den Erhalt bestimmter Arbeitspapiere, ggf. des Zeugnisses und bestimmter restlicher Lohnbeträge.
Bis zu diesem Punkt ist die Ausgleichsquittung korrekt und harmlos.
Bei vielen Ausgleichsquittungen erfolgt jedoch dann ein weiterer Teil, indem sich der Arbeitnehmer verpflichtet, keine Kündigungsschutzklage zu erheben, eine bestehende Klage zurückzunehmen oder sich mit der
Beendigung des Arbeitsverhältnisses einverstanden zu erklären.
Darüber hinaus enthalten solche Formulare regelmäßig auch einen Forderungsverzicht. In diesem wird bestätigt, daß mit dem Erhalt der voranstehend
geschilderten Gegenstände alle gegenseitigen Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis und seiner Beendigung, gleich aus welchem Rechtsgrund, bekannter oder unbekannter Art, erledigt und bezahlt sind.
Achtung: Hier ist höchste Vorsicht geboten!
Bevor ein Arbeitnehmer eine solche Ausgleichsquittung unterzeichnet, muß er sie genau durchlesen und den Inhalt der Ausgleichsquittung begreifen. Unterschreibt er
dann die Ausgleichsquittung, muß er für die Folgen geradestehen. Eine schon erhobene Kündigungsschutzklage kann dann unzulässig oder unbegründet werden. Die Ausgleichsquittung kann auch einen Verzicht auf noch
bestehende Ansprüche beinhalten.
Im Zweifel werden besser nur die erhaltenen Papiere und das erhaltene Entgelt quittiert, mehr nicht.