Der Fall
Buchhalter Franzl Grillparzer und Chefsekretärin Roswitha von Gandersheim haben resigniert. Sie wollten die Kündigung des unerbittlichen Arbeitgebers
Gottlob akzeptieren. Was müssen sie aber im Zusammenhang mit der Beendigung beachten? Der listige Gottlob bietet eine Auflösungsvertrag an. Ist das von Vorteil?
Die Lösung
1. Kündigungsfrist
Entscheidend ist, daß bei einer ordentlichen Kündigung stets die Kündigungsfrist gewahrt ist. Sollte das nicht der Fall sein, so entstehen dem
gekündigten Arbeitnehmer diverse Nachteile. Während der nicht eingehaltenen Kündigungsfrist wird kein Arbeitslosengeld gezahlt (Ruhenstatbestand). Der neue Arbeitgeber könnte bei einer Bewerbung negative
Rückschlüsse ziehen und Unrat wittern.
Achtung: Oft erfolgt das Angebot, die Kündigungsfrist gegen Zahlung oder Erhöhung einer Abfindung abzukürzen. Dies ist eine sehr schlechte Lösung, insbesondere wenn der
Gekündigte dann arbeitslos wird und auf das Arbeitslosengeld angewiesen ist. Während der nicht eingehaltenen Kündigungszeit wird kein Arbeitslosengeld gezahlt. Auch für die spätere Vita ist stets die Einhaltung
der Kündigungsfrist und ein sauberes Arbeitsende von Bedeutung
2. Welche Kündigungsfristen gelten?
Es gibt gesetzliche Kündigungsfristen, tarifliche Kündigungsfristen und vertragliche Kündigungsfristen.
Die in § 622 BGB geregelten gesetzlichen
Kündigungsfristen sind Mindestkündigungsfristen. Von ihnen darf nur in bestimmten Fällen per Tarifvertrag abgewichen werden. Ist nichts vereinbart, so gelten die gesetzlichen Kündigungsfristen.
Sind
Arbeitgeber und Arbeitnehmer organisiert, d.h. Gewerkschaftsmitglied und Arbeitgeberverbandsmitglied, so gilt der jeweilige einschlägige Tarifvertrag normativ und zwingend. Im Rahmen- oder Manteltarifvertrag
sind Kündigungsfristen enthalten, die dann gelten. Die Geltung des einschlägigen Tarifvertrages kann aber auch im Arbeitsvertrag zwischen Arbeitgeber Gottlob und dem Buchhalter Grillparzer vereinbart sein.
In diesem Falle gelten dann die vereinbarten tariflichen Kündigungsfristen.
Unabhängig von Gesetz und Tarifvertrag können die Arbeitsvertragsparteien aber auch im Arbeitsvertrag Kündigungsfristen vereinbaren.
Diese Kündigungsfristen dürfen jedoch nicht kürzer sein, als die gesetzlichen Mindestkündigungsfristen. Falls Tarifbindung vorliegt (auch Mitgliedschaft in Gewerkschaft und AGV), dürfen die fraglichen
Kündigungsfristen auch die tariflichen Kündigungsfristen nicht unterschreiten.
Gegen die Vereinbarung von längeren Kündigungsfristen bestehen keine Bedenken, soweit dadurch die Freiheit der Berufswahl nicht
sachwidrig eingeschränkt wird. Es ist auch möglich, daß Arbeitgeber und Arbeitnehmer die verlängerte Kündigungsfrist für beide Seiten vereinbaren.
3. Kündigungsgründe
Die Kündigung kann in der Probezeit erfolgen. Dann sollte dies kenntlich gemacht werden.
Nach dem Kündigungsschutzgesetz gibt es für die ordentliche
Kündigung betriebsbedingte Gründe, verhaltensbedingte Gründe oder personenbedingte Gründe (z.B. Krankheit).
Es ist nicht gleichgültig, welcher Kündigungsgrund gewählt wird. Bei verhaltensbedingten Gründen muß
der Arbeitnehmer mit mehrfachen Nachteilen rechnen.
Zum einen verhängt das Arbeitsamt nach § 144 Abs. 1 SGB III eine Sperrfrist. Zum anderen ist die Wiedererlangung eines neuen Arbeitsplatzes unter solchen
Voraussetzungen sehr schwierig.
Die Kündigung wegen Krankheit führt nicht zu einer Sperrzeit für das Arbeitslosengeld. Andererseits könnte die Kündigung wegen Krankheit bei der Arbeitsplatzsuche hinderlich
sein. Wer stellt schon einen dauerkranken Arbeitnehmer ein? Am günstigsten ist die betriebsbedingte Gründe. Ist der Arbeitsplatz durch Rationalisierung, Auftragsmangel, Wegfall der Produktion, Betriebsstillegung
weggefallen, so trifft den Arbeitnehmer in der Regel keine Schuld. Er bekommt keine Sperrfrist beim Arbeitsamt. Außerdem ist er unbelastet bei der Suche nach einem neuen Arbeitsplatz.
Merke: Es ist sehr wichtig, auf den richtigen Kündigungsgrund zu achten!
4. Auflösungsvertrag
Der listige Arbeitgeber Gottlob hat den gekündigten Franzl und Roswitha einen Auflösungsvertrag angeboten. Ist dies von Vorteil? Für wen?
Ein
Auflösungsvertrag ist eher für den Arbeitgeber von Vorteil. Er braucht dann keine Kündigungsschutzklage mehr zu fürchten. Aus diesem Grunde ist der Arbeitgeber oft im außergerichtlichen Wege zu Zugeständnissen
bereit, z.B. auch zur Zahlung einer Abfindung.
Der Arbeitnehmer muß jedoch wissen, daß der Aufhebungsvertrag generell zu einer Sperrfrist nach § 144 Abs. 1 Ziff. 1 SGB III führt, da der Arbeitnehmer seinen
Arbeitsplatz “quasi aufgibt”. Die Sperrzeit beträgt bis zu 12 Wochen. Unter diesen Voraussetzungen kann selbst das Versprechen einer Abfindung für den Arbeitnehmer nachteilhaft sein.
Aus diesem Grunde ist der
Abschluß eines Aufhebungsvertrages stets sorgfältig und kritisch zu prüfen.
Im Zweifel: Finger weg.
5. Einvernehmliche Beendigung
Für die einvernehmliche Beendigung gilt dasselbe wie für den Auflösungsvertrag. Die einvernehmliche Beendigung ist letztlich ein Aufhebungsvertrag.
Achtung: Möglichst das Wort “einvernehmlich” im Zusammenhang mit einer Beendigung, Kündigung etc. vermeiden. Diese und ähnliche Vokabeln erwecken beim Arbeitsamt den Eindruck, daß ein Arbeitnehmer seinen
Arbeitsplatz freiwillig aufgegeben hat. Dies führt wiederum zu einer Sperrfrist bei der Arbeitslosengeldzahlung.
6. Klageverzicht
Franzl und Roswitha wollen nicht klagen. Sie befürchten, daß sie schon wegen des Unterlassens der Erhebung der Kündigungsschutzklage eine Sperrfrist vom
Arbeitsamt bekommen könnten. Ist das richtig?
Die Befürchtung von Franzl und Roswitha ist nicht begründet. Nach der neuesten Rechtsprechung des Bundessozialgerichts führt das Unterlassen einer
Kündigungsschutzklage bei Kündigung nicht dazu, daß das Arbeitsamt eine Sperrfrist beim Arbeitslosengeld anordnen dürfte.
Die Nichterhebung der Kündigungsschutzklage ist nicht gleichzusetzen mit einer
einvernehmlichen Aufhebung oder mit einer schuldhaften, arbeitsvertragswidrigen Kündigung des Arbeitsverhältnisses im Sinne des § 144 Abs. 1 Ziff. 1 SGB III. Der Gesetzgeber hat dem gekündigten Arbeitnehmer die
Möglichkeit der Kündigungsschutzklage eingeräumt. Daraus folgt aber nicht die Pflicht zur Erhebung einer Klage!