Der Fall:
Arbeitgeber Gottlob hat den trägen Schlosser Uhland und die zarte Annette von Droste-Hülshoff wegen Liebesverstrickungen am Arbeitsplatz unter Nutzung
der betrieblichen Einrichtungen gekündigt. Der Betriebsratsvorsitzende Friedrich von Spee wurde darüber nicht unterrichtet.
Bei der Kündigung der gemütskranken Caroline von Günterode hat der Arbeitgeber
Gottlob den Betriebsrat angehört. Der Betriebsrat hat der Kündigung aus sozialen Gründen widersprochen.
Alle 3 Arbeitnehmer meinen, daß die Kündigung schon wegen mangelhafter Betriebsratsanhörung bzw. wegen
des Betriebsratswiderspruchs rechtsunwirksam sei. Das mißfällt dem flotten Gottlob sehr.
Die Lösung:
1. Existiert ein Betriebsrat?
Sofern ein Betriebsrat existiert, muß der Arbeitgeber den Betriebsrat vor Ausspruch der Kündigung anhören. Geschieht dies nicht, kann sich der
Arbeitnehmer gem. § 102 BetrVG auf die Unwirksamkeit der Kündigung berufen.
In der Regel bereitet die Feststellung keine Schwierigkeiten. In manchen Betrieben ist jedoch fraglich, ob ein Betriebsrat
ordnungsgemäß gewählt wurde, ob er zurückgetreten ist und ob ggf. ein Übergangsmandat besteht.
2. Zuständiger Betriebsrat
Auch die Frage des zuständigen Betriebsrates ist normalerweise kein Problem. Ein Betriebsrat wird immer für einen speziellen Betrieb gewählt. Der
Gesamtbetriebsrat ist bei mehreren Betrieben eines Unternehmens für das Unternehmen, nicht aber den einzelnen Betrieb zuständig.
Sofern aber ausgelagerte Betriebsteile, Filialen, Filialbetriebe oder
weitentfernte Betriebsteile bestehen, muß geprüft werden, ob für diese Betriebsteile, Filialen etc. ein zuständiger Betriebsrat vorhanden ist.
3. § 102 Abs. 1 BetrVG
§ 102 Abs. 1 BetrVG bestimmt, daß der Betriebsrat vom Arbeitgeber vor jeder Kündigung zu hören ist. Eine ohne Anhörung des Betriebsrats ausgesprochene
Kündigung ist unwirksam.
Die Anhörung vor der Kündigung erstreckt sich auf alle Arten von Kündigungserklärungen, also sowohl auf die ordentliche, wie auch auf die außerordentliche, fristlose Kündigung, auf
die Beendigungs- wie auch auf die Änderungskündigung.
Im Falle der ordentlichen Kündigung muß der Arbeitgeber dem Betriebsrat eine Bedenkzeit von 1 Woche geben. Der Betriebsrat kann sich innerhalb dieser
Frist schriftlich abschließend äußern. Der Arbeitgeber kann dann kündigen. Sonst muß der Arbeitgeber die Wochenfrist abwarten.
Äußert sich der Betriebsrat innerhalb der Wochenfrist nicht, so gilt seine
Zustimmung als erteilt.
Im Falle der außerordentlichen Kündigung beträgt die Bedenkzeit des Betriebsrats lediglich 3 Tage. Der Arbeitgeber muß diese Frist abwarten, es sei denn, der Betriebsrat äußert sich
bereits vorher schriftlich abschließend.
4. Angabe von Gründen
§ 102 Abs. 1 BetrVG bestimmt auch, daß der Arbeitgeber dem Betriebsrat die Gründe für die Kündigung mitzuteilen hat. Diese Pflicht zur Mitteilung der
Gründe besteht ebenfalls für alle Kündigungen.
Hat der Arbeitgeber dem Betriebsrat die Kündigungsgründe nicht oder nicht ausreichend mitgeteilt, so ist die Kündigung ebenfalls aufgrund eines Formmangels
unwirksam.
Die Rechtsprechung verlangt vom Arbeitgeber, daß er die Kündigungsgründe im wesentlichen dem Betriebsrat mitteilt. Dazu gehören auch die betrieblichen und sozialen Daten des Arbeitnehmers, d.h.
seine Beschäftigungsdauer, seine Tätigkeit, seine Sozialdaten, alle kündigungsrelevanten Umstände.
Die Rechtsprechung verlangt nicht, daß der Arbeitgeber die Kündigungsgründe so ausführlich und substantiiert
vorträgt, wie sie später in einem Kündigungsschutzverfahren vor Gericht vorgetragen werden müssen. Eine nur pauschale Bezeichnung der Kündigungsgründe dagegen reicht auf keinen Fall aus. Die Gründe müssen dem
Betriebsrat so genau bezeichnet werden, daß er aus eigener Anschauung die Berechtigung der Kündigung überprüfen kann. Dem Betriebsrat bereits bekannte Gründe sind ggf. nicht mitzuteilen.
Bei betriebsbedingten
Kündigungen muß der Arbeitgeber auch die Sozialauswahl im einzelnen darlegen.
Im Falle der krankheitsbedingten Kündigung der Günterode muß der Arbeitgeber dem Betriebsrat die gesamten Arbeitsdaten,
Arbeitsunfähigkeitszeiten und so weit wie bekannt, auch die Diagnosen mitteilen. Dazu gehört allerdings eine Entbindung von der ärztlichen Schweigepflicht durch die Arbeitnehmerin.