Folge 119

Mobbing V: Arbeitsrechtliche Formen und Fallgruppen



Der Fall:


    Im Betrieb von Richard Wagner geht es drunter und drüber. Tristan wird von der Arbeitskollegin Isolde hinter verschlossenen Türen immer wieder
    beschimpft. Der Untergebene Hagen verspottet den Abteilungsleiter Siegfried regelmäßig wegen dessen Sprachfehler und Stotterns. Brunhilde verbreitet im Betrieb, daß die Kollegin Krimhild versuche, die
    Chefsekretärin Cosima beim Chef Wagner auszustechen, um in Wagners Bett zu landen. Richard Wagner selbst ärgert sich über den Sachbearbeiter Giselher und schickt ihn für unbestimmte Zeit ins Lager als Arbeiter.

    Welche Mobbing-Formen verbergen sich hier?



Die Lösung:



1. Mobbing – Fallgruppen


    Hauptfälle des Mobbings könnten das Mobbing durch Vorgesetzte, den Chef oder das Mobbing durch Arbeitskollegen mit Zustimmung, unter Beteiligung, mit dem
    Wohlwollen des Vorgesetzten sein. Dazu zählt auch das Mobbing durch andere, aber mit Wissen und Duldung des Vorgesetzten.

    Diese Mobbing-Form wird auch als

    “Vorgesetzten-Mobbing”

    ,

    “Bossing”

    , oder
    als

    “Abwärts-Mobbing”

    bezeichnet.

    Eine weitere Form des Mobbings ist das sog.

    “horizontale Mobbing”

    , auch

    “Kollegen-Mobbing”

    genannt. Hier findet ein Mobbing-Vorgang eines Arbeitskollegen gegen einen anderen Arbeitskollegen statt. Bei geschickter Vorgehensweise merken Vorgesetzte von diesen Konflikten zunächst nichts. In vielen Fällen allerdings geschieht diese Art des horizontalen Mobbings auch mit Kenntnis, Duldung oder gar Zustimmung des Vorgesetzten.

    Eine weitere Fallgruppe ist das sog.

    “Aufwärts-Mobbing”

    . In diesem Fall ist der Vorgesetzte das Mobbing-Opfer von einem oder mehreren Untergebenen. Diese Art des Mobbings von Untergebenen gegen
    Vorgesetzte ist weitaus häufiger als zunächst angenommen. Man vermutet, daß ca. 25 bis 30 % der Mobbing-Vorgänge auf solches “Aufwärts-Mobbing” bezieht.

    Z.T. geschieht dieses Mobbing von Vorgesetzten durch
    Untergebene auch mit Wissen und mit Billigung höherer Chefs, die mit dem entsprechenden Vorgesetzten z.B. nicht zufrieden sind und ein Weggehen des Vorgesetzten oder eine Versetzung gerne sähen.

    Die stärkste und die schlimmste Form des Mobbings ist das sog.

    “Rudel-Mobbing”

    . In diesem Falle verbünden sich mehrere oder viele Kollegen, z.T. zusammen mit dem Vorgesetzten, um einzelne Arbeitnehmer zu
    schikanieren, fertigzumachen etc. Dieses auch

    “Gruppen-Mobbing”

    genannte Verhalten ist für das Opfer besonders schwerwiegend, da durch die Vielzahl der Täter eine Gegenwehr kaum möglich ist. Diese Art des Mobbings führt sehr schnell zu einer sozialen Isolation und zu einer erheblichen psychischen Beeinträchtigung, insbesondere wegen der schlechten Perspektiven für die zukünftige Zusammenarbeit.

    Im Betrieb von Richard Wagner könnten die meisten Fallgruppen des Mobbings vertreten sein, mit Ausnahme des Rudel-Mobbings.



2. Typische Handlungsweisen


    Schon die Formen des Mobbings bzw. die Fallgruppen sind differenziert. Noch differenzierter und vielfältiger sind die Handlungsweisen, die im Rahmen von
    Mobbing an den Tag gelegt werden. Es können insoweit nur Beispiele aufgezeigt werden:

    Eine grobe Form des Mobbings wäre fortgesetzte, ggf. zielgerichtete Tätlichkeiten oder Ehrverletzungen durch Wort und /
    oder Tat, fortgesetzte sexuelle Belästigungen am Arbeitsplatz. Dazu zählen auch wiederholte Demütigungen, Diskriminierungen, grundlose Kritik an einer ordentlichen Arbeitsleistung, grundlose Herabsetzungen und
    Zurückweisungen (“was soll denn das schon wieder” oder “was will denn die schon wieder” oder “muß das denn sein” oder fortlaufendes “ich hab jetzt keine Zeit für Sie”).

    Andere Handlungsweisen sind überzogen
    schlechte Beurteilungen, soziale oder räumliche Isolierungen ohne Sachgrund, soziale Ausgrenzungen.

    Eine wichtige Form des Mobbings ist das Abschneiden von technischen, kaufmännischen oder betrieblichen
    Informationen, das Abschneiden von Kommunikation, nicht mit der betroffenen Person reden.

    Es gehören dazu schikanöse Anweisungen, widersprüchliche Anweisungen (machen Sie heute das – und morgen soll das
    Arbeitsergebnis wieder rückgängig gemacht werden), Zuweisung nutzloser, sinnloser oder gar unlösbarer Aufgaben. Die Ankündigung oder gar Durchführung von belastenden Maßnahmen, wie z.B. einer Versetzung, der
    Wegnahme bestimmter Aufgabenbereiche, Maschinen etc. ohne Begründung und ohne sachlichen Grund, Arbeitsanweisungen oder Maßnahmen, die bei vergleichbaren Arbeitnehmern nicht angewandt werden, schikanöse oder
    fachlich nicht begründete Häufung von Überwachungen, Arbeitskontrollen, Ergebnisbesprechungen, Torkontrollen, Taschenkontrollen etc.



3. Geschlechtsspezifische Handlungen


    Nach den Feststellungen der Fachleute sind die Mobbing-Handlungen geschlechtsspezifisch durchaus nicht einheitlich. Es können in der Praxis
    geschlechtsspezifische Besonderheiten festgestellt werden.

    Die

    Mobbing-Handlungen von Männern

    gegenüber Arbeitskollegen, Vorgesetzten, Untergebenen, sind in der Regel direkter und plumper, als bei
    Frauen. Die Handlungen von Männern sind mehr durch eine unmittelbare, erkennbare Aggression geprägt. Die Mobbing-Opfer von Männern sind zumeist wiederum Männer. Besonders beliebt ist in diesem Verhältnis von
    Männern zu Männern der Versuch der sozialen Isolation des scheinbaren Gegners bzw. des Mobbing-Opfers.


    Mobbing-Handlungen von Frauen

    sind oft subtiler, schwieriger zu fassen, weniger offenkundig und direkt. Dazu zählen Handlungen wie das Lächerlichmachen einer Gegnerin, einer Vorgesetzten, eines Kollegen, das Streuen von Gerüchten, das Anhängen von Liebesgeschichte etc., ggf. auch hier die verdeckte Verleumdung.

    Ich weiß, daß es immer problematisch ist, auf diese Weise zwischen Geschlechtern zu unterscheiden. Deshalb kann die vorangehende Bewertung nur unter Vorbehalt gemacht werden.

Textübernahmen aus den Arbeitsrechtsfolgen von Hans Gottlob Rühle:
Reine
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