Der Fall:
  
 
  
   Arbeitnehmer Piccolomini kauft beim Möbelhändler Wallenstein eine neue Küche und ein neues Wohnzimmer. Da er kein Geld hat, vereinbart er mit Wallenstein
                                    eine Ratenzahlung. Zur Sicherheit für Wallenstein unterzeichnet er auf kleinen Zusatzpapieren jeweils eine Lohnabtretung. Arbeitgeberin Maria Stuart weiß nichts von der Lohnabtretung. Als Piccolomini die
                                    vereinbarten Raten nicht zahlt, gibt Wallenstein der Stuart die Lohnabtretung im Juli 2002 bekannt. Er fordert sie auf, den pfändbaren Lohn des Piccolomini in Höhe von 500 Euro monatlich ab August 2002 an ihn
                                    abzuführen.
   
   Maria will Piccolomini schützen und zahlt nicht. Wallenstein klagt zunächst 2.500 Euro für die Zeit von August bis Dezember 2002 ein.
   
   Piccolomini und Maria wenden im Prozeß ein, daß die Möbel
                                    minderwertig sind, außerdem Wucher und Sittenwidrigkeit der Vereinbarung, Verstoß gegen die Allgemeinen Geschäftsbedingungen, eine überraschende Klausel und unangemessene Benachteiligung des Vertragspartners.
                                    Die Abtretungserklärung sei nur auf kleinen Papierschnipseln mit kleiner Schrift vorgenommen worden.
   
   Wallenstein ist sich keiner Schuld bewußt, er meint, korrekt verfahren zu sein.
   
   Er will sein Geld von Maria Stuart und verklagt sie.
  
 
 
  
   Die Lösung:
  
 
 
  
   1. Lohnabtretung
  
 
  
   Viele Arbeitnehmer glauben, daß nur eine Lohnpfändung den Arbeitgeber zwingt, ihren Lohn an einen Gläubiger abzuführen, statt an sie selbst. Dies ist ein
                                    großer Irrtum.
   
   
    Achtung:
   
   Die Lohnabtretung kann genau die gleiche Wirkung entfalten.
   
   Der Käufer einer Ware muß bei Ratenzahlungsvereinbarungen stets das Kleingedruckte genau lesen. In den
                                    allermeisten Fällen ist bei solchen Ratenzahlungs- oder Kreditverträgen eine Lohnabtretungserklärung des Arbeitnehmers enthalten. Diese Lohnabtretung bewirkt das Gleiche wie die Pfändung. Sobald der Arbeitnehmer
                                    die vereinbarten Raten nicht mehr bezahlt, kann der Verkäufer / Gläubiger sich direkt an den Arbeitgeber wenden. Der Arbeitgeber ist dann verpflichtet, die pfändbaren Lohnbeträge an den Gläubiger abzuführen,
                                    sofern nicht Vorpfändungen oder vorangegangene Lohnabtretungen vorliegen.
   
   Führt der Arbeitgeber diese Beträge nicht ab, haftet er persönlich. Deshalb ist das Vorgehen von Maria Stuart problematisch. Im
                                    Ernstfall muß sie zwei Mal zahlen, wenn sie zunächst den Lohn entgegen der Abtretungsanzeige an Piccolomini statt an Wallenstein ausgezahlt hat.
  
 
 
  
   2. Form
  
 
  
   Piccolomini bemängelt die Lohnabtretung, weil sie nur auf einem kleineren Stück Papier, in kleiner Schrift und getrennt vom Kaufvertrag vorgenommen
                                    worden sei. Diese Einwendungen sind im Zweifel nicht stichhaltig.
   
   Entscheidend ist, daß der Text der Lohnabtretungsvereinbarung klar und deutlich ist und keine Mißverständnisse auslöst. Die Größe des Papiers,
                                    auf der sich die Lohnabtretung befindet (Papierschnipsel) und auch die Buchstabengröße bzw. die Textgröße sind nicht entscheidend.
   
   Wichtig ist vielmehr der klare Zusammenhang zwischen dem Kauf, der
                                    Ratenzahlungsvereinbarung und der Lohnabtretung. Dieser Zusammenhang muß sich aus der unterzeichneten Lohnabtretung ergeben. Auch wenn die Lohnabtretung auf einem eigenen Stück Papier neben dem Kaufvertrag
                                    unterzeichnet wird, kann in der Regel beim Käufer bzw. beim Arbeitnehmer kein Mißverständnis darüber bestehen, daß er neben dem Kaufvertrag eine zweite zusätzliche Vereinbarung mit dem Verkäufer abschließt.
  
 
 
  
   3. Wucher / Sittenwidrigkeit
  
 
  
   Der Einwand der Wuchers oder der Sittenwidrigkeit gegen die Lohnabtretung macht keinen großen Sinn. Möglicherweise ist der zugrundeliegende Kauf- oder
                                    Kreditvertrag sittenwidrig. Dann müßte dieser angefochten werden. Eine Lohnabtretung als solche ist grundsätzlich im Rahmen der Vertragsfreiheit möglich und nicht schon von sich aus sittenwidrig.
  
 
 
  
   4. Schlechtleistung
  
 
  
   In vielen Fällen wird im Rahmen eines Zahlungsprozesses beim Arbeitsgericht vom Arbeitgeber / Arbeitnehmer gegenüber dem Verkäufer eingewandt, daß die
                                    Ware schlecht oder minderwertig gewesen sei. Solche Einwendungen wäre von Piccolomini schon beim Empfang der Möbel zu erheben gewesen. Ggf. müßte Piccolomini gegenüber Wallenstein eine Mängelrüge erheben und im
                                    Rahmen des Kaufvertrages entsprechende Einwendungen vornehmen.
   
   Für die Wirksamkeit der Lohnabtretung ist es ohne Belang, ob die gelieferten Möbel Mängel aufwiesen oder nicht.
  
 
 
  
   5. Allgemeine Geschäftsbedingungen
  
 
  
   Eine Lohnabtretungsvereinbarung beinhaltet eine Allgemeine Geschäftsbedingung im Sinne des Gesetzes (Achtung: Die Vorschriften sind jetzt im BGB
                                    eingearbeitet). Dies folgt schon daraus, daß die Lohnabtretungsvereinbarung vorformulierte Vertragsbedingungen enthält, die für eine Vielzahl von Kaufverträgen verwandt werden.
   
   Piccolomini beruft sich jedoch
                                    zu Unrecht darauf, daß es sich bei der Lohnabtretung um eine überraschende Klausel im gesetzlichen Sinne gehandelt habe. Gerade bei Kaufverträgen in Verbindung mit Ratenzahlungsvereinbarungen oder
                                    Kreditverträgen sind Lohnabtretungsvereinbarungen gang und gäbe.
   
   Eine Lohnabtretung enthält entgegen der Ansicht von Piccolomini auch keine unangemessene Benachteiligung im Sinne der Vorschriften über die
                                    Allgemeinen Geschäftsbedingungen. Lohnabtretungen sind vielmehr im Falle von Darlehns- oder Ratenzahlungsgeschäften eine Sicherheit, die nicht ohne Grund von Verkäufern als Bedingung für das Geschäft verlangt
                                    werden.
   
   Eine Lohnabtretungsvereinbarung verstößt in der Regel auch nicht gegen das gesetzliche Transparenzverbot. Der Umstand, daß dem Arbeitnehmer Piccolomini möglicherweise die Reichweite und die rechtliche
                                    Konsequenz einer Lohnabtretung nicht klar war, führt nicht dazu, daß diese Lohnabtretung wegen Verstoßes gegen das Transparenzgebot rechtsunwirksam wäre.
   
   
    Ergebnis:
   
   Arbeitgeberin Maria Stuart muß zahlen. Sollte sie dem Piccolomini den vollen Lohn in der Zeit von August bis Dezember 2002 ausgezahlt haben, so würde sie die entsprechende Zahlung zum zweiten Mal zu erbringen haben, dieses Mal an Wallenstein. Allerdings müßte Piccolomini an sie die Schuld zurückzahlen.