Der Fall:
  
 
  
   Arbeitnehmerin Cosima ist bei Arbeitgeberin Mathilde Wesendonk bis zum 31.12.2002 befristet beschäftigt. Im Arbeitsvertrag ist als Befristungsgrund die
                                    Krankheitsvertretung für den schwer erkrankten Mitarbeiter Richard Wagner aufgeführt. Es handelt sich dabei um die 3. Befristung dieser Art in Folge. Arbeitgeberin Mathilde entläßt nach vorheriger schriftlicher
                                    Mitteilung Cosima zum 31.12.2002.
   
   Cosima beruft sich auf die Unwirksamkeit der Befristung und fordert die unbefristete Weiterbeschäftigung. Sie begründet dies damit, daß Richard unheilbar krank sei und
                                    ohnehin nicht wiederkomme. Dies habe Mathilde aufgrund ihrer engeren Bekanntschaft mit Richard doch wissen müssen.
  
 
 
  
   Die Lösung:
  
 
 
  
   1. Befristung mit Sachgrund
  
 
  
   Nach ständiger Rechtsprechung ist für eine Befristung des Arbeitsverhältnisses ein Sachgrund erforderlich, weil sonst das Kündigungsschutzgesetz durch
                                    fortwährende Befristungen umgangen werden könnte.
   
   Eine Ausnahme gilt nur nach dem Teilzeit- und Befristungsgesetz für die ersten 2 Jahre. § 14 Abs. 2 TzBfG bestimmt, daß unter bestimmten Voraussetzungen ein
                                    befristetes Arbeitsverhältnis für die Zeit bis zu 2 Jahren auch ohne Sachgrund abgeschlossen werden kann. Es darf allerdings kein früheres Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien vorgelegen haben. Diese
                                    Möglichkeit scheidet für Cosima und Mathilde aus, da Cosima vor ihrer letzten Befristung bereits zweimal befristet beschäftigt wurde (Vorarbeitsverhältnisse).
  
 
 
  
   2. Krankheitsvertretung
  
 
  
   Die Befristung mit Sachgrund ist in § 14 Abs. 1 Teilzeit- und Befristungsgesetz (TzBfG) geregelt. In den Ziffern 1 bis 8 sind Sachgründe für die
                                    Befristung aufgeführt.
   
   § 14 Abs. 1 Ziff. 3 TzBfG bestimmt, daß ein sachlicher Grund insbesondere vorliegt, wenn die Arbeitnehmerin zur Vertretung eines anderen Mitarbeiters beschäftigt wird.
   
   Solche
                                    Vertretungsfälle können verschiedene Ursachen haben, z.B. Urlaub, Elternzeit, unbezahlte Freistellung. Ein Hauptgrund ist die Vertretung wegen Krankheit. Der Arbeitsvertrag mit Cosima hatte also einen zulässigen
                                    Sachgrund. Die Befristung ist insoweit nicht zu beanstanden.
  
 
 
  
   3. Zweckbefristung
  
 
  
   Die Krankheitsvertretung eines Mitarbeiters ist eine Zweckbefristung. Nach § 15 Abs. 2 TzBfG endet der zweckbefristete Arbeitsvertrag mit dem Erreichen
                                    des Zwecks. Das ist bei Krankheit oft schwierig festzustellen. In der Regel kann die Beendigung des Zwecks, d.h. die Gesundung des vertretenen Mitarbeiters oder gar dessen Tod nicht im Voraus genau festgelegt
                                    werden.
   
   Deshalb bestimmt der Gesetzgeber in § 15 Abs. 2 TzBfG, daß die Zweckbefristung frühestens nach 2 Wochen nach Zugang der schriftlichen Unterrichtung der Arbeitnehmerin durch die Arbeitgeberin über den
                                    Zeitpunkt der Zweckerreichung endet.
   
   Mathilde Wesendonk hat der Arbeitnehmerin Cosima eine solche schriftliche Mitteilung rechtzeitig gemacht.
  
 
 
  
   4. Prognose der Arbeitgeberin
  
 
  
   Cosima wendet gegen die Wirksamkeit der letzten Befristung ein, daß der Mitarbeiter Richard Wagner ohnehin unheilbar krank sei und nicht mehr
                                    wiederkomme. Der Arbeitsplatz kann deshalb von Richard nicht mehr besetzt werden. Damit besteht aus ihrer Sicht kein Grund, sie zu entlassen und ggf. einen neuen Arbeitnehmer einzustellen.
   
   Diese Argumentation
                                    von Cosima ist sachlich nachvollziehbar, rechtlich jedoch nicht von Bedeutung.
   
   Der sachliche Rechtfertigungsgrund einer Vertretungs-Befristung liegt darin, daß der Arbeitgeber mit der Rückkehr des vertretenen
                                    Mitarbeiters rechnet. Er hat deshalb von Anfang an nur ein zeitlich begrenztes Bedürfnis an einem Vertretungsarbeitsverhältnis. Zum Sachgrund der Vertretung gehört deshalb die Prognose des Arbeitgebers über den
                                    voraussichtlichen Wegfall des Vertretungsbedarfs durch die Rückkehr des zunächst erkrankten Mitarbeiters. Von einer Rückkehr kann in Vertretungsfällen nach der Rechtsprechung regelmäßig ausgegangen werden. Nur
                                    wenn der Arbeitgeber im Ausnahmefall aufgrund der ihm vorliegenden Informationen davon ausgehen muß, daß die zu vertretende Stammkraft (hier: Richard Wagner) nicht wieder zurückkehren wird, könnte der Sachgrund
                                    der Vertretung zweifelhaft und vorgeschoben sein.
   
   Die Arbeitnehmerin Cosima müßte deshalb darlegen und ggf. nachweisen, daß beim Abschluß der letzten Befristung Arbeitgeberin Mathilde bereits mehr oder
                                    weniger sicher wußte oder wissen mußte, daß Richard Wagner an einer unheilbaren Krankheit leidet und deshalb nicht in das Arbeitsverhältnis zurückkommen kann. Nur in diesem Falle hätte sie recht, weil dann ein
                                    Befristungsbedarf zum Zeitpunkt des letzten Vertrages nicht mehr bestand.
   
   Einen solchen Nachweis hat Cosima aber nicht geführt.
  
 
 
  
   5. Mehrfachbefristung
  
 
  
   Auch bei wiederholten Befristungen hintereinander wegen fortdauernder Verhinderungen der vertretenen Stammkraft bedarf es dieser negativen Prognose beim
                                    letzten Vertragsabschluß. Auch bei mehrfacher Krankheitsvertretung darf der Arbeitgeber grundsätzlich davon ausgehen, daß der vertretene Mitarbeiter wieder gesundet und an den Arbeitsplatz wieder zurückkehrt.
                                    Arbeitgeberin Mathilde brauchte auch vor Abschluß des letzten Befristungsvertrages mit Cosima keine Erkundigungen über die gesundheitliche Entwicklung beim erkrankten Richard einholen. Nur wenn ihr aufgrund
                                    besonderer Umstände im Zuge der Mehrfachbefristungen die unheilbare Krankheit bekanntgeworden wäre, wäre die Befristung unwirksam.
   
   Im Ergebnis muß deshalb Cosima ausscheiden, auch wenn Richard Wagner zuletzt
                                    tatsächlich unheilbar krank gewesen sein sollte.