Der Fall:
Friseurmeisterin Pandora stellte in ihren Salon die Friseurin Andromeda ein. Laut Qualifikationsnachweis war sie besonders ausgebildet in Hochzeits- und Jugendfrisuren.
Neben einem
Grundgehalt zahlte Pandora Leistungsprämien nach Umsatz. Dabei stellte sich heraus, daß Andromeda trotz Ermahnungen laufend etwa 40 % unter dem vergleichbaren Umsatz der Kolleginnen lag.
Als sich nach 2
Abmahnungen noch immer nichts besserte, kündigte Pandora die Mitarbeiterin Andromeda verhaltensbedingt wegen Schlechtleistung. Andromeda klagte und trug vor Gericht zu ihrer Rechtfertigung vor, daß sie besonders
gründlich und hervorragend gut arbeite. Deshalb könnte sie nicht das Tempo der anderen erreichen. Außerdem schnappe ihr die Abteilungsleiterin Elektra wie ein „schlitzäugiger Raffzahn“ stets die besonders
umsatzträchtigen Kundinnen vor der Nase weg.
Ist die Kündigung gerechtfertigt?
Die Lösung:
10. Konfliktlösung
Der Konflikt zwischen Pandora und Andromeda muß gelöst werden. Es muß zunächst festgestellt werden, ob Andromeda schuldhaft zu wenig Umsatz bringt, oder ob sie nicht anders arbeiten
kann. Dieser Konflikt ist nach den Regeln der „abgestuften Darlegungslast“ zu lösen.
Dies bedeutet vorgerichtlich wie auch im Prozeß, daß der Arbeitgeber zunächst einmal prüfen muß, ob die Mitarbeiterin nach
objektiv meßbaren Arbeitsergebnissen deutlich unterdurchschnittlich arbeitet. Dies kann die Arbeitsmenge, die Qualität, das Tempo, den Umsatz oder andere Kriterien betreffen.
Die Arbeitgeberseite genügt
zunächst ihrer Darlegungslast, wenn sie Tatsachen feststellen, aus denen ersichtlich ist, daß die gerügte Mitarbeiterin in ihrer Durchschnittsleistung hinter vergleichbaren Arbeitnehmern erheblich zurückbleibt.
Dadurch ist objektiv das Verhältnis von Leistung und Gegenleistung (Lohn- und Arbeitsleistung) stark beeinträchtigt. Dies muß die Arbeitgeberin generell nicht auf Dauer hinnehmen.
Liegen solche Fakten vor,
ist es Sache der Arbeitnehmerin, das Zahlenwerk der Arbeitgeberseite und seine Aussagefähigkeit im einzelnen zu bestreiten. Es ist ggf. auch ihre Sache, objektive Gründe der Leistungsbeeinträchtigung darzulegen,
die im Bereich der Arbeitgeberseite liegen.
Das tat Andromeda, indem sie vorhielt, die Abteilungsleiterin Elektra nehme ihr die wichtigen Kunden wie ein „schlitzäugiger Raffzahn“ weg.
11. Persönliche Leistungsfähigkeit
Die Arbeitnehmerin kann im Gegenzug weiterhin darlegen, warum und wie sie ihre persönliche Leistungsfähigkeit ausschöpft. Sie kann auf eine begrenzte Leistungsfähigkeit hinweisen, oder
darauf, daß sie an der Grenze ihrer Leistungsfähigkeit arbeitet bzw. diese ausschöpft. Es trifft sie dann kein Verschulden an der Schlechtleistung.
Die Mitarbeiterin könnte insbesondere altersbedingte
Leistungsdefizite, Beeinträchtigungen durch Krankheit, durch eine Behinderung, Beeinträchtigungen durch Arbeitskollegen, Mobbing, oder weitere betriebliche Gründe darlegen.
12. Unterdurchschnittliche Leistung
Eine unterdurchschnittliche Leistung, die von Arbeitgeberseite nicht auf Dauer hinzunehmen ist, liegt in der Regel vor, wenn die Mitarbeiterin mit
mehr als 1/3 unter der
durchschnittlichen Arbeitsleistung der anderen Arbeitskollegen liegt. Das wäre bei Andromeda der Fall gewesen.
Die Durchschnittsberechnung wird dabei richtigerweise aus dem Mittel der über- und
unterdurchschnittlichen Werte gebildet. Es reicht nicht aus, wenn Arbeitgeberin Pandora nur die Leistungen der besseren Hälfte der Mitarbeiter berechnet. Es müssen alle Mitarbeiter, auch die schlechten, in die
Durchschnittsberechnung mit einbezogen werden!
13. Personenbedingte Kündigung
Wenn die Mitarbeiterin ständig unterdurchschnittlich arbeitet, sie aber kein Verschulden trifft, so ist eine verhaltensbedingte Kündigung ausgeschlossen.
Die Arbeitgeberin kann jedoch
im Einzelfall eine personenbedingte Änderungskündigung oder Beendigungskündigung aussprechen. Dabei handelt es sich um eine Kündigung wegen unverschuldeter Unfähigkeit oder Unmöglichkeit zur besseren Leistung.
Die personenbedingte Kündigung wegen Minderleistung setzt nicht voraus, daß die Arbeitnehmerin gegen ihr persönliches Leistungsvermögen schuldhaft verstößt. Vielmehr kommt es darauf an, daß die
Arbeitsleistung berechtigte Leistungserwartungen des Arbeitgebers in einem gravierenden Maß unterschreitet, so daß ihm ein Festhalten an dem bisherigen Arbeitsvertrag aufgrund der Schlechtleistung objektiv
unzumutbar wird.
14. Fazit
– Jeder Arbeitnehmer muß unter angemessener Ausschöpfung seiner persönlichen Leistungsfähigkeit arbeiten. Sonst verstößt er schuldhaft gegen seinen Arbeitsvertrag.
– Im
Kündigungsschutzprozeß reicht es aus, wenn der Arbeitgeber Tatsachen vorträgt, aus denen hervorgeht, daß die Mitarbeiterin die Durchschnittsleistung erheblich unterschreitet. Es ist dann Sache der Mitarbeiterin,
die Gründe dafür aufzuzeigen und darzulegen, weshalb sie gleichwohl ihre persönliche Leistungsfähigkeit ausschöpft.
– Beruht die Schlechtleistung auf schuldhafter Zurückhaltung der persönlichen
Leistungsfähigkeit, so kann eine ordentliche verhaltensbedingte Kündigung gerechtfertigt sein nach entsprechenden Abmahnungen.
– Eine personenbedingte Kündigung wegen Minderleistung setzt dagegen voraus, daß
die Mitarbeiterin trotz Ausschöpfung ihrer Leistungsfähigkeit die berechtigten Erwartungen des Arbeitgebers auf eine bestimmte Arbeitsleistung unterschreitet. Die andauernde Minderleistung muß die
wirtschaftliche Ausgewogenheit des Arbeitsvertrages in einer Weise verletzen, die dem Arbeitgeber ein Festhalten an dem Arbeitsvertrag unzumutbar macht.