Der Fall:
Spediteur Friedrich Barbarossa beschäftigt 2 Fahrer, nämlich den wilden Junker Hans von der Schwalm und den getreuen Ferdinand. Friedrich Barbarossa und sein Disponent Eisenhans drängen
auf Tempo.
Als der getreue Ferdinand und Junker Hans wegen der zu erwartenden Geldbußen und Strafen Dienst nach Vorschrift machen, sichert Friedrich Barbarossa bei seinem roten Barte den beiden Fahrern zu,
daß eventuelle Geldbußen und Strafen von ihm übernommen werden.
Die ersten Geldbußen des wilden Junkers Hans übernahm Barbarossa auch. Als der getreue Ferdinand aber zu einer Geldbuße von 3.600 DM wegen
erheblicher Lenkzeitüberschreitungen verurteilt wurde und auch Junker Hans wiederum mit neuen Geldbußen antrat, verweigerte der alte Barbarossa die Erstattungen.
Durch die vielen
Geschwindigkeitsüberschreitungen, Geldbußen und Punkte in Flensburg hat der wilde Junker Hans auch noch seinen Führerschein verloren. Der dadurch neu zu absolvierende Führerschein hat ihn 10.000 DM gekostet.
Auch den soll der alte Barbarossa ersetzen. Da Barbarossa sich weigert, klagen beide vor dem Arbeitsgericht. Sie berufen sich darauf, daß die Zusagen des Barbarossa dazu dienten, die Fahrer zu veranlassen, die
knappen Termine und Ladezeiten des Disponenten Eisenhans einzuhalten.
Die Lösung:
1. Zusagen
Im Rechtsverkehr hat generell jedermann seine Zusagen einzuhalten, sofern er sich damit rechtlich binden wollte, bzw. rechtlich gebunden hat. Dies gilt auch für Zusagen des Arbeitgebers
gegenüber seinen Arbeitnehmern.
Allerdings müssen bei solchen Zusagen und Verträgen stets die zwingenden Gesetze, Tarifverträge und anderen Rechtsvorschriften beachtet werden. Deshalb besteht kein genereller
Verlaß darauf, daß eine Zusage letztendlich auch immer gerichtlich durchsetzbar ist.
Bei mündlichen Zusagen wie denen des Altarbeitgebers Friedrich Barbarossa muß außerdem die Frage der Beweisbarkeit bedacht
werden. Nicht umsonst hat Friedrich Barbarossa zu mittelalterlichen Zeiten alle wichtigen Verträge und Zusagen stets auf Pergament schreiben lassen, besiegelt und unterschrieben.
Da der alte Barbarossa ein
Ehrenmann ist, hat er die entsprechenden Zusagen im Prozeß aber nicht bestritten. Junker Hans und der getreue Ferdinand hatten insoweit noch Glück. Ohne entsprechende Zeugen wäre ihnen nämlich der Nachweis der
Kostenerstattungszusage durch Barbarossa schwergefallen.
2. Sittenwidrigkeit
Sittenwidrige Verträge sind nach § 138 BGB nichtig und damit rechtsunwirksam. Sittenwidrige Zusagen müssen deshalb nicht eingehalten werden.
Nach ständiger Rechtsprechung sind Zusagen über die Erstattung von
Geldbußen für Verstöße gegen Vorschriften im allgemeinen Straßenverkehr sittenwidrig und daher unwirksam. Die Zusage des alten Barbarossas, die Geldbuße des getreuen Ferdinands bei der Lenkzeitüberschreitung von
letztendlich 3.600 DM zu übernehmen, ist unwirksam. Trotz der Zusage kann der getreue Ferdinand wegen der Sittenwidrigkeit der Zusage nicht obsiegen. Dasselbe gilt für die Geldbußen des wilden Junker Hans bei
den Geldbußen wegen Geschwindigkeitsüberschreitungen. Hier gilt der Grundsatz: “Pacta sunt servanda” wegen Sittenwidrigkeit nicht. Den beiden Fernfahrern nützt auch der Hinweis nichts, daß der schlaue Barbarossa
sie dadurch nur veranlaßt hat, die engen Termine des Disponenten Eisenhans einzuhalten. Wenn die Termine des Disponenten nicht einzuhalten waren ohne rechtswidrige Verstöße gegen die Straßenverkehrsordnung, so
mußte den entsprechenden Anweisungen nicht gefolgt werden.
Jedenfalls rechtfertigt das Handeln im Firmeninteresse nicht den Verstoß gegen die Straßenverkehrsordnung. Auch die Sittenwidrigkeit der Zusage des
alten Barbarossa wird dadurch nicht geheilt.
3. Auftrag / Anordnungen
Von allgemeinen Zusagen der Art Friedrich Barbarossas zu unterscheiden sind konkrete Anordnungen des Arbeitgebers. Generell muß der Arbeitgeber bei konkreten Anordnungen nach allgemeinen
Rechtsgrundsätzen, wie auch nach den Vorschriften des BGB über den “Auftrag” die daraus entstehenden Kosten und Belastungen tragen.
Soweit die konkrete Anordnung des Arbeitgebers sittenwidrig ist, ist er
außerdem nach § 826 BGB gegenüber dem Arbeitnehmer zum Schadenersatz verpflichtet.
Im vorliegenden Fall hat Barbarossa keine konkreten Anordnungen gegeben, gegen Gesetze zu verstoßen. Schon deshalb entfällt
ein gesetzlicher Schadenersatzanspruch des wilden Junkers Hans und des getreuen Ferdinands.
Könnte der getreue Ferdinand nachweisen, daß Barbarossa ihn im konkreten Fall bei einer bestimmten Tour anwies, die
Lenkzeit zu überschreiten, so hätte sich Barbarossa selbst strafbar im Sinne der Verkehrsordnung gemacht.
Allerdings gehört auch in diesem Falle der Anweisung die Erstattung von Geldbußen nur in seltenen
Fällen zu dem vom Arbeitgeber zu ersetzenden Schaden.
Selbst bei einer solchen konkreten Anweisung des Arbeitgeber, bei einer bestimmten Tour gegen die Lenkzeitverordnung zu verstoßen, wäre im Zweifel die
Geldbuße von 3.600 DM vom getreuen Ferdinand alleine zu tragen gewesen.
4. Merke:
Der Arbeitgeber hat kein Recht, den Arbeitnehmer zur Rechts- und Gesetzesverletzung anzuweisen. Verstößt der Arbeitnehmer gegen Gesetze, z.B. gegen die Straßenverkehrsordnung, so tut er
das generell auf sein eigenes Risiko. Dies gilt insbesondere wegen der zu erwartenden Geldbußen. Der Arbeitgeber haftet nur im Ausnahmefall auf Schadenersatz.
Etwaige Zusagen des Arbeitgebers auf Ersatz von
Geldstrafen und Geldbußen sind sittenwidrig und nicht bindend. Der Arbeitnehmer tut gut daran, bei solchen Anweisungen dem Arbeitgeber zu widersprechen und sich nicht danach zu richten, auch wenn dies ggf. den
Arbeitsplatz gefährden sollte.