Die Teilzeitarbeit im Erziehungsurlaub bietet noch weitere vielfältige Probleme. Einige davon sollen noch angesprochen werden.
Der Fall:
Arbeitnehmerin Antoinette und ihr Ehemann Louis haben bei ihrem Arbeitgeber Robespierre Erziehungsurlaub beantragt und bekommen. Nun wollen sie während des Erziehungsurlaubs mit jeweils
25 Wochenstunden weiterarbeiten.
Robespierre hat eingesehen, daß er dies nicht ablehnen kann, er akzeptiert aber nicht die gewünschte Lage der Arbeitszeit. Sollen Antoinette und Louis klagen?
Die Lösung:
1. Lage der Arbeitszeit
Anders als im Befristungs- und Teilzeitgesetz gibt es im Erziehungsurlaubsgesetz keine gesetzliche Regelung über die Ausgestaltung der Teilzeitarbeit während des Erziehungsurlaubs. Dies
ist mißlich.
Die Lage der Teilzeitarbeitszeit während des Erziehungsurlaubs ist sowohl für die Arbeitnehmer wie für die Arbeitgeber u.U. von erheblichem Interesse. Mangels einer gesetzlichen Regelung muß
davon ausgegangen werden, daß Arbeitnehmerin Antoinette und Ehemann Louis eine bestimmte Lage der Arbeitszeit gegen den Willen des Arbeitgebers Robespierre nicht ohne weiteres durchsetzen können.
Zunächst
einmal entspricht es dem generellen Wunsch des Arbeitgebers, daß sich Arbeitnehmer und Arbeitgeber über die Frage des Umfangs der Teilzeitarbeit während des Erziehungsurlaubs, damit aber auch über die Frage der
Lage der Teilzeitarbeit einigen.
Sollte das nicht der Fall sein, muß der Arbeitgeber im Rahmen des Direktionsrechtes einerseits und nach den Grenzen des billigen Ermessens gem. § 315 BGB andererseits die Lage
der Arbeitszeit nach Abwägung der Wünsche und der Erfordernisse beider Seiten festlegen.
Dies bedeutet, daß der Arbeitgeber generell die Wünsche der Arbeitnehmer berücksichtigen muß, soweit es ihm betrieblich
möglich und zumutbar ist. Darüber kann gestritten werden. Allerdings bleibt das Entscheidungsrecht auch im Rahmen des billigen Ermessens letztlich beim Arbeitgeber.
2. Mitbestimmung des Betriebsrats
Die Festlegung der Lage der Arbeitszeit kann in der Praxis auch deswegen problematisch werden, weil der Betriebsrat nach § 87 Abs. 1 Nr. 3 BetrVG generell ein Mitbestimmungsrecht besitzt
bei der Verteilung und der vorübergehenden Verkürzung der Arbeitszeit im Betrieb. Ob und inwieweit bei der Teilzeitarbeit im Erziehungsurlaub ein Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats besteht, ist im Augenblick
gerichtlich noch nicht abschließend geklärt.
Teilweise wird ein Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats abgelehnt, da der Teilzeitanspruch der Arbeitnehmer gesetzlich geregelt ist. Dabei wird aber übersehen,
daß diese gesetzliche Regelung nicht die Lage der Arbeitszeit betrifft!
3. Klageverfahren
Soweit sich Arbeitgeber und die Mitarbeiter Antoinette und Louis nicht über den Umfang der Teilzeitarbeit oder die Lage der Teilzeitarbeit einige können, ist vom Gesetzgeber in § 15 Abs.
7 (letzter Satz) BEerzGG die Einleitung eines Klageverfahrens vor den Gerichten für Arbeitssachen vorgesehen.
Diese Regelung ist zwingend. Es ist den Arbeitnehmern dringend davor abzuraten, eigenständig zu
handeln und ggf. den Betriebsfrieden zu stören.
In einem Klageverfahren muß allerdings Arbeitgeber Robespierre damit rechnen, daß er seine Widerspruchsgründe und die diversen betrieblichen Interessen
substantiiert darlegen und auch nachweisen muß.
Eine
Klagefrist
ist vom Gesetzgeber nicht vorgesehen. Eine zeitnahe Klageerhebung ist jedoch immer dringend geboten.
Der Arbeitgeber ist verpflichtet,
die Widerspruchsgründe den antragstellenden Erziehungsurlaubern schriftlich mitzuteilen. Er ist deshalb letztendlich im Prozeß auch an diese Gründe gebunden. Inwieweit er weitere Gründe nachschieben kann, muß
noch gerichtlich geklärt werden.
In besonderen Eilfällen kann ggf. der Erziehungsurlauber auch Antrag auf Erlaß einer einstweiligen Verfügung beim Arbeitsgericht stellen, um eine bestimmte Teilzeitarbeit
durchzusetzeh. Dafür braucht er jedoch ein besonderes Eilinteresse. Dies wird im Normalfall nicht gegeben sein.
Sofern der Arbeitgeber Robespierre der Arbeitnehmerin Antoinette die Teilzeitarbeit oder eine
bestimmte Lage zu Unrecht abgelehnt hat, sind ggf. Schadenersatzansprüche der Arbeitnehmerin Antoinette gegeben. Diese Schadenersatzansprüche können sich z.B. auf die Höhe der während der Teilzeitarbeit zu
erwartenden Vergütung belaufen.
4. Beschäftigung auf anderem Arbeitsplatz
Sofern Arbeitgeber Robespierre für Antoinette und Louis auf ihrem bisherigen Arbeitsplatz keine Beschäftigungsmöglichkeit besitzt, könnte auch die Beschäftigung auf einem anderen
Arbeitsplatz in Betracht kommen. Diese Frage ist jedoch sowohl gesetzlich wie auch von der Rechtsprechung nicht ausreichend geklärt. Interessant ist insbesondere die Frage, ob ein Anspruch auf veränderte
Arbeitsbedingungen besteht:
Gibt es einen anderen, vergleichbaren Arbeitsplatz, wird der Arbeitgeber auf Antrag diesen Arbeitsplatz der Arbeitnehmerin zuweisen müssen.
Problematisch ist, wenn es
sich bei dem anderen Arbeitsplatz um einen geringerwertigen Arbeitsplatz handelt! Arbeitgeber Robespierre müßte der Angestellten Antoinette diesen geringerwertigeren Arbeitsplatz vielleicht anbieten. Diese
könnte dann entscheiden, ob sie ihn annehmen will oder nicht.
Vorsicht: Alle diese Fragen sind noch ungeklärt und werden in den nächsten Jahren die Gerichte beschäftigen. Das Ergebnis der Verfahren ist
nicht abzusehen.
Fest steht allerdings schon jetzt, daß die Erziehungsurlauber keinen Anspruch auf einen höherwertigen Arbeitsplatz besitzen. Ein solcher Anspruch auf eine höherwertige Tätigkeit im Rahmen
der Teilzeitarbeit im Erziehungsurlaub ist gerichtlich nicht durchsetzbar. Für diese Rechtsfrage ist schon jetzt keine Rechtsprechung vorhanden.