Folge 35

Teilzeitarbeit in der Elternzeit

(Stand 2025)

Die Teilzeitarbeit in der Elternzeit bietet noch weitere vielfältige Probleme. Einige davon sollen noch angesprochen werden.


Der Fall:

Arbeitnehmerin Antoinette und ihr Ehemann Louis haben bei ihrem Arbeitgeber Robespierre Elternzeit beantragt und bekommen. Nun wollen sie während der Elternzeit mit jeweils 25 Wochenstunden weiterarbeiten.

Robespierre hat eingesehen, dass er dies nicht ablehnen kann, er akzeptiert aber nicht die gewünschte Lage der Arbeitszeit. Sollen Antoinette und Louis klagen?


Die Lösung:


1. Lage der Arbeitszeit

Anders als im Befristungs- und Teilzeitgesetz gibt es im Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz (BEEG) keine gesetzliche Regelung über die Ausgestaltung der Teilzeitarbeit, insbesondere die Lage der Arbeitszeit während des Erziehungsurlaubs. Es ist in § 15 BEEG nur die Dauer der Arbeitszeit geregelt, nämlich zwischen 15 und 32 Wochenstunden. Dies
ist misslich.

Die Lage der Teilzeitarbeitszeit während des Elternzeit ist sowohl für die Arbeitnehmer wie für die Arbeitgeber u.U. von erheblichem Interesse. Mangels einer gesetzlichen Regelung muss davon ausgegangen werden, dass Arbeitnehmerin Antoinette und Ehemann Louis eine bestimmte Lage der Arbeitszeit gegen den Willen des Arbeitgebers Robespierre nicht ohne weiteres durchsetzen können.

Zunächst einmal entspricht es dem generellen Wunsch des Gesetzgebers, dass sich Arbeitnehmer und Arbeitgeber über die Frage des Umfangs der Teilzeitarbeit während der Elternzeit, aber auch über die Frage der Lage der Teilzeitarbeit einigen.

Sollte das nicht der Fall sein, muss der Arbeitgeber im Rahmen des Direktionsrechtes einerseits und nach den Grenzen des billigen Ermessens gem. § 315 BGB andererseits die Lage der Arbeitszeit nach Abwägung der Wünsche und der Erfordernisse beider Seiten festlegen.

Dies bedeutet, dass der Arbeitgeber generell die Wünsche der Arbeitnehmer berücksichtigen muss, soweit es ihm betrieblich möglich und zumutbar ist. Darüber kann gestritten werden.

Allerdings bleibt das Entscheidungsrecht auch im Rahmen des billigen Ermessens letztlich beim Arbeitgeber.


2. Mitbestimmung des Betriebsrats

Die Festlegung der Lage der Arbeitszeit kann in der Praxis auch deswegen problematisch werden, weil der Betriebsrat nach § 87 Abs. 1 Nr. 3 BetrVG generell ein Mitbestimmungsrecht besitzt bei der Verteilung und der vorübergehenden Verkürzung der Arbeitszeit im Betrieb.

Inwieweit bei der Teilzeitarbeit in der Elternzeit ein Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats besteht, ist zwar streitig. Die Arbeitnehmer entscheiden nach dem Gesetz alleine darüber ob sie Elternzeit im gesetzlichen Rahmen in Anspruch nehmen und in welchem Umfang. Sie entscheiden auch darüber, ob sie in der Elternzeit in Teilzeit weiter arbeiten wollen.

Andererseits hat der Gesetzgeber in § 87 Abs.3 BetrVG die Mitbestimmung des Betriebsrats bei der vorübergehenden Verkürzung oder Verlängerung der Arbeitszeit festgeschrieben.

Teilweise wird deshalb ein Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats abgelehnt, da der Teilzeitanspruch der Arbeitnehmer gesetzlich geregelt ist. Das betrifft die Dauer der Teilzeit. Dabei wird aber übersehen, dass diese gesetzliche Regelung nicht die Lage der Arbeitszeit betrifft!


3. Klageverfahren

Soweit sich Arbeitgeber und die Mitarbeiter Antoinette und Louis nicht über den Umfang der Teilzeitarbeit oder die Lage der Teilzeitarbeit einige können, ist vom Gesetzgeber in § 15 Abs.7 (letzter Satz) BEEG die Einleitung eines Klageverfahrens vor den Gerichten für Arbeitssachen vorgesehen.

Diese Regelung ist zwingend. Es ist den Arbeitnehmern dringend davor abzuraten, eigenständig zu handeln und ggf. den Betriebsfrieden zu stören.

In einem Klageverfahren muss allerdings Arbeitgeber Robespierre damit rechnen, dass er seine Widerspruchsgründe und die diversen betrieblichen Interessen substantiiert darlegen und auch nachweisen muss.

Eine

Klagefrist

ist vom Gesetzgeber nicht vorgesehen. Eine zeitnahe Klageerhebung ist jedoch immer dringend geboten.

Der Arbeitgeber ist verpflichtet, die Widerspruchsgründe den antragstellenden Erziehungsurlaubern schriftlich mitzuteilen. Wenn er das nicht macht, können die Arbeitnehmer von ihm die Angabe von Gründen verlangen.

Der Arbeitgeber ist im Prozess dann letztlich auch an diese Gründe gebunden. Inwieweit er weitere Gründe nachschieben kann, ist zwar gesetzlich nicht geregelt. Er ist aber nach allgemeinen Grundsätzen an die
die zuvor angegebenen Gründe gebunden. Eine Ausnahme kann sich nur dann ergeben, wenn sich nachträglich neue Ablehnungsgründe ergeben haben sollten.

In besonderen Eilfällen kann ggf. der Erziehungsurlauber auch Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung beim Arbeitsgericht stellen, um eine bestimmte Teilzeitarbeit durchzusetzen. Dafür braucht er zwar ein besonderes Eilinteresse. Dies wird im Normalfall nicht gegeben sein.

Sofern der Arbeitgeber Robespierre der Arbeitnehmerin Antoinette die Teilzeitarbeit oder eine bestimmte Lage zu Unrecht abgelehnt hat, sind ggf. Schadenersatzansprüche der Arbeitnehmerin Antoinette gegeben. Diese Schadenersatzansprüche können sich z.B. auf die Höhe der während der Teilzeitarbeit zu erwartenden Vergütung belaufen.


4. Beschäftigung auf anderem Arbeitsplatz

Sofern Arbeitgeber Robespierre für Antoinette und Louis auf ihrem bisherigen Arbeitsplatz keine Beschäftigungsmöglichkeit besitzt, könnte auch die Beschäftigung auf einem anderen Arbeitsplatz in Betracht kommen. Arbeitnehmer haben in der Regel keinen vertraglichen Anspruch auf einen bestimmten Arbeitsplatz oder Arbeit in einer bestimmten Abteilung.

Der Anspruch der Arbeitnehmer beläuft sich normalerweise nach dem Arbeitsvertrag nur auf eine bestimmte Tätigkeit mit einer bestimmten Qualifikation und Eingruppierung oder Vergütung. Der konkrete Einsatz im Betrieb erfolgt dann durch die Zuweisung eines Arbeitsplatzes im Rahmen des Direktionsrechtes des Arbeitgebers.

Interessant ist jedoch die Frage, ob ein Anspruch auf veränderte, vielleicht bessere Arbeitsbedingungen besteht, bzw. ob der Arbeitgeber den Elternzeit-Arbeitnehmern eine geringerwertige Tätigkeit zuweisen darf.

Gibt es einen anderen, vergleichbaren Arbeitsplatz, wird der Arbeitgeber auf Antrag diesen Arbeitsplatz der Arbeitnehmerin zuweisen müssen.


Problematisch ist, wenn es sich bei dem anderen Arbeitsplatz um einen geringerwertigen Arbeitsplatz handelt!  Der Arbeitgeber kann Arbeitnehmer nicht im Weg des Direktionsrechts auf geringerwertigere oder gar geringer bezahlte Arbeitsplätze versetzen.

Besteht aber nur die Möglichkeit der Versetzung auf einen geringerwertigen Arbeitsplatz, weil alle anderen Arbeitsplätze besetzt sind, dann müsste Arbeitgeber Robespierre der Angestellten Antoinette diesen geringerwertigeren Arbeitsplatz jedenfalls anbieten. Diese könnte dann entscheiden, ob sie ihn annehmen will oder nicht.

Fest steht allerdings schon jetzt, dass die Erziehungsurlauber keinen Anspruch auf einen höherwertigen Arbeitsplatz besitzen.

Ein solcher Anspruch auf eine höherwertige Tätigkeit im Rahmen
der Teilzeitarbeit im Erziehungsurlaub ist gerichtlich nicht durchsetzbar.

Textübernahmen aus den Arbeitsrechtsfolgen von Hans Gottlob Rühle:
Reine
Linkverweise ohne Einschränkung/Begrenzung. Bitte kopieren Sie dazu die URL aus der Browserzeile.
Wörtliche Textzitate: Ohne Rücksprache bis 2 Absätze aus bis zu 10 Folgen jew. mit Linkverweis. Weitergehende Textübernahmen nur mit schriftlicher Genehmigung.
Wichtiger Hinweis: Bitte keine e-mails mit konkreten Rechtsfragen einsenden, da diese nicht beantwortet werden können.