Folge 23

Schutz der Teilzeitarbeitnehmer

(Stand 2025)



Das neue Teilzeit- und Befristungsgesetz (TzBfG) hat verschiedene Zielrichtungen. Zum einen sollen Teilzeitarbeitnehmer vor Diskriminierung geschützt werden. Zum anderen soll die Teilzeit gefördert werden, um
so zusätzliche, neue Arbeitsplätze zu schaffen.


Der Fall:

Arbeitgeber Gustav Schwab zahlt seinem Vollzeitarbeiter Ludwig Uhland sämtliche Sozialleistungen, nämlich Weihnachtsgeld, Urlaubsgeld, Fahrtkostenersatz, Essensgeld, eine Gewinnbeteiligung. Er zahlt auch Überstundenzuschläge.

Der Halbtags-Buchhalter Eduard Mörike erhält die Sozialleistungen anteilig, aber keine Fahrkosten und kein Essensgeld und keine Überstundenzuschläge.

Die Geringfügig Beschäftigte Sappho erhält keinerlei Sozialleistungen und keine Überstundenzuschläge.

Im übrigen steht Arbeitgeber Gustav Schwab auf dem Standpunkt, dass nur Vollzeitarbeitnehmer wirklich zum Wohl der Firma beitragen. Aus diesem Grund gibt es Betriebsrente nur für Vollzeitarbeitnehmer. Auch die Beförderung findet nur für Vollzeitarbeitnehmer statt.

Die Geringbeschäftigte Sappho, aber auch Halbtags-Buchhalter Eduard Mörike sind damit überhaupt nicht einverstanden.

Die Lösung:


1. Begriff der Teilzeit

Der Gesetzgeber hat nunmehr in § 2 des Teilzeit- und Befristungsgesetzes (TzBfG) die Teilzeit definiert:

Teilzeitbeschäftigt ist danach der Arbeitnehmer, dessen regelmäßige
Wochenarbeitszeit kürzer ist, als die eines vergleichbaren vollzeitbeschäftigten Arbeitnehmers.

Ist eine regelmäßige Wochenarbeitszeit nicht vereinbart, so ist ein Arbeitnehmer teilzeitbeschäftigt, wenn seine regelmäßige Arbeitszeit im Durchschnitt eines bis zu einem Jahr reichenden Beschäftigungszeitraums unter der eines vergleichbaren vollzeitbeschäftigten Arbeitnehmers bleibt.

Vergleichbar ist der vollzeitbeschäftigte Arbeitnehmer des Betriebes, der mit derselben Art des Arbeitsverhältnisses eine gleiche oder ähnliche Tätigkeit ausführt. Sofern im Betrieb keine vergleichbaren vollzeitbeschäftigten
Arbeitnehmer vorhanden sind, muss ein vergleichbarer Vollzeitbeschäftigter aufgrund des anwendbaren Tarifvertrages bestimmt werden bzw. ein Arbeitnehmer im jeweiligen Wirtschaftszweig.

In der Regel ist also davon auszugehen, dass derjenige Arbeitnehmer teilzeitbeschäftigt ist, der weniger als die tarifübliche oder betriebsübliche Wochenarbeitszeit der entsprechenden Mitarbeiter arbeitet. Dabei liegt Teilzeit schon vor, wenn ein Arbeitnehmer auch nur wenige Stunden, sogar nur eine Stunde unter der betriebsüblichen oder tariflichen Wochenarbeitszeit tätig ist.


2. Geringfügig Beschäftigte

Die Geringfügig Beschäftigte Sappho gehört zu den Arbeitnehmern, die in der Vergangenheit am stärksten diskriminiert oder beeinträchtigt wurden. Nunmehr hat der Gesetzgeber in § 2 Abs. 2 TzBfG geregelt, dass teilzeitbeschäftigt im gesetzlichen Sinne auch die Arbeitnehmer sind, die eine geringfügige Beschäftigung nach § 8 Abs. 1 Nr. 1 SGB IV ausüben. Diese Klarstellung des Gesetzgebers bedeutet, dass gerade auch die Geringbeschäftigten nicht wegen ihrer geringen Arbeitszeit (weniger als 15 Arbeitsstunden in der Woche und ein Arbeitsentgelt bis zu 556.- € monatlich, 2025) benachteiligt werden dürfen. Geringbeschäftigte sind nicht Arbeitnehmer 2. oder 3. Klasse!


3. Diskriminierungsverbot

In § 4 Abs. 1 TzBfG hat der Gesetzgeber ein Diskriminierungsverbot für Teilzeitarbeitnehmer aufgenommen. Teilzeitbeschäftigte dürfen wegen der Teilzeit nicht schlechter behandelt werden, als vergleichbare vollzeitbeschäftigte Arbeitnehmer. Eine Ausnahme besteht nur dann, wenn sachliche Gründe eine unterschiedliche Behandlung rechtfertigen.

Mit diesem Diskriminierungsverbot ist sowohl die direkte
unmittelbare Diskriminierung wegen Teilzeit, Geschlecht, Religion usw. verboten, wie auch die mittelbare Diskriminierung untersagt. Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs liegt eine mittelbare
Diskriminierung der Frau vor, wenn Teilzeitarbeitnehmer wegen der Teilzeit schlechter bezahlt werden und dabei überwiegend Frauen betroffen sind.

Wichtig, aber auch problematisch ist die weitere Regelung des
Diskriminierungsverbotes:

Einem teilzeitbeschäftigten Arbeitnehmer ist Arbeitsentgelt oder eine andere teilbare geldwerte Leistung mindestens in dem Umfang zu gewähren, der den Teil seiner Arbeitszeit an der Arbeitszeit eines vergleichbaren Vollzeit beschäftigten Arbeitnehmers entspricht.

Damit ist klargestellt, dass Arbeitgeber Gustav Schwab dem Halbtagsbuchhalter Eduard Mörike und der Geringbeschäftigten Sappho
nicht einfach alle oder bestimmte Sozialleistungen streichen darf mit der Begründung “Teilzeitarbeit”. Beide Teilzeitbeschäftigte haben Anspruch auf anteiliges Weihnachtsgeld, anteiliges Urlaubsgeld und anteilige Gewinnbeteiligung.

Die Fahrtkosten entstehen allen Mitarbeitern, die zur Arbeit fahren, egal ob sie Teilzeit- oder Vollzeitbeschäftigt sind. Es ist deshalb eine verbotene Diskriminierung, wenn Arbeitgeber Gustav Schwab der Sappho und dem Eduard Mörike die Fahrkostenerstattung verweigert. Er muss zahlen. Natürlich müssen nur die tatsächlich entstandenen Kosten erstattet werden. Soweit Sappho nicht an allen Arbeitstagen kommt, ist ihr Fahrtkostenanspruch entsprechend reduziert.

Problematisch ist der Zwang zur anteiligen Zahlung aller Leistungen allerdings dann, wenn sachliche Gründe für eine Schlechterstellung beim Arbeitsentgelt oder bei teilbaren geldwerten Leistungen vorhanden sind.


4. Sachliche Gründe für die Schlechterstellung

Arbeitgeber Gustav Schwab meint, daß Teilzeitbeschäftigte grundsätzlich bei Beförderungen nicht zu berücksichtigen seien. Dies ist sicher falsch. Es gibt keinen sachlichen Grund, einem Teilzeitbeschäftigten generell die Beförderung zu verweigern.

Ebenso ist es diskriminierend und rechtswidrig, wenn Gustav Schwab die Betriebsrente nur den Vollzeitarbeitnehmern zahlen will. Die Teilzeitkräfte
haben bei gleicher Beschäftigungsdauer Anspruch auf anteilige Rente. Nur bei den Geringbeschäftigten war dies bisher umstritten.

Ein sachlicher Grund für eine Schlechterstellung der Teilzeitbeschäftigten könnte allerdings beim Essensgeld gegeben sein. Das Essensgeld wird für die Kantinenbenutzung bezahlt, weil die Vollzeitarbeitnehmer regelmäßig keine Zeit für einen Einkauf oder eine Mahlzeit außerhalb haben. Essensgeld an Geringbeschäftigte oder an Halbtagsarbeiter, sie sich außerhalb versorgen können, muss deshalb nach bisheriger Rechtsprechung nicht gezahlt werden.

Festzustellen ist allerdings, dass es nur ganz wenige Fälle gibt, bei denen Teilzeitarbeitnehmer sachlich gerechtfertigt schlechter bezahlt oder schlechter gestellt werden dürfen, als Vollzeitarbeitnehmer.

Textübernahmen aus den Arbeitsrechtsfolgen von Hans Gottlob Rühle:
Reine
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