In der Vergangenheit wurden befristete Arbeitnehmer manchmal als Arbeitnehmer 2. Klasse behandelt. Wegen der Befristung wurden oft auch bestimmte betriebliche Leistungen verweigert. Dies soll nun geändert
werden.
Der Fall:
Arbeitnehmer Pepi Wittelsbacher bewirbt sich bei den Arbeitgebern Berthold Binzle und Linus Tugendreich für ein Arbeitsverhältnis, das jeweils auf 18 Monate befristet werden soll.
Arbeitgeber Berthold Binzle zahlt an befristete Arbeitnehmer grundsätzlich kein Weihnachtsgeld und kein Urlaubsgeld. Arbeitgeber Tugendreich zahlt im Betrieb Weihnachts- und Urlaubsgeld erst ab einer
Betriebszugehörigkeit von mehr als zwei Jahren, d.h. dem dritten Beschäftigungsjahr.
Bestimmte Zusatzleistungen, wie Essensgeld, Fahrgeld, Nachtschichtzuschlag oder Betriebsrente haben beide Arbeitgeber für
befristete Arbeitnehmer ausgeschlossen.
Der Betriebsrat möchte Informationen über die befristeten Arbeitnehmer. Pepi Wittelsbacher möchte die Informationen über neu zu besetzende unbefristete Arbeitsplätze
zum Zweck der Bewerbung. Müssen die Arbeitgeber solche Informationen an den Betriebsrat und Pepi Wittelsbacher weitergeben?
Die Lösung:
1. Diskriminierungsverbot
In § 4 Abs. 2 Beschäftigungs- und Befristungsgesetz (TzBfG) ist nun ausdrücklich ein Diskriminierungsverbot für befristet beschäftigte Arbeitnehmer gesetzlich niedergelegt. Ein befristet
beschäftigter Arbeitnehmer darf wegen der Befristung des Arbeitsverhältnisses nicht schlechter behandelt werden, als ein vergleichbarer unbefristet beschäftigter Arbeitnehmer. Eine Ausnahme besteht nur dann,
wenn sachliche Gründe die unterschiedliche, schlechtere Behandlung rechtfertigen.
2. Vergleichbare Arbeitnehmer
Nach § 3 Abs. 2 TzBfG sind befristete und unbefristete Arbeitnehmer generell dann vergleichbar, wenn sie mit der gleichen oder einer ähnlichen Tätigkeit beschäftigt sind. Gibt es im
Betrieb ausnahmsweise keinen vergleichbaren unbefristet beschäftigten Arbeitnehmer, so ist der vergleichbare unbefristet beschäftigte Arbeitnehmer aufgrund des anwendbaren Tarifvertrages zu bestimmen. Sollte ein
solcher nicht vorhanden sein, muß im jeweiligen Wirtschaftszweig geprüft werden, welcher unbefristete Arbeitnehmer billigerweise als vergleichbar anzusehen ist.
3. Gleiches Entgelt
In § 4 Abs. 2 TzBfG hat der Gesetzgeber ausdrücklich bestimmt, daß einem befristet beschäftigten Arbeitnehmer Arbeitsentgelt oder andere teilbare geldwerte Leistungen mindestens im
gleichen Umfange wie beim vergleichbaren Vollzeitarbeitnehmer zu gewähren sind, wenn nicht sachliche Gründe oder die kurze Beschäftigungsdauer entgegenstehen.
Der Gesetzgeber hat damit klargestellt, daß
alleine die Befristung keinen Grund darstellt, Arbeitnehmer finanziell oder in anderer Weise zu benachteiligen.
Es ist deshalb unzulässig, wenn Arbeitgeber Berthold Binzle einem befristet beschäftigten
Arbeitnehmer generell kein Weihnachtsgeld oder Urlaubsgeld bezahlt.
Fall:
Zulässig wäre es aber, wenn Arbeitgeber Tugendreich allen Arbeitnehmern erst ab dem 3. Beschäftigungsjahr Weihnachts- und
Urlaubsgeld bezahlt. Hier liegt keine Ungleichbehandlung vor, da alle Arbeitnehmer, ob befristet oder unbefristet, in den ersten zwei Beschäftigungsjahren nichts erhalten.
Arbeitnehmer Pepi Wittelsbacher soll
auf 18 Monate befristet eingestellt werden. Diese Befristungsdauer ist kein sachlicher Grund, um ihm die betrieblichen Sozialleistungen generell zu streichen. Ihm steht Essensgeld und Fahrgeld ebenso wie den
unbefristet beschäftigten Mitarbeitern zu. Er muß genauso essen und fahren. Dasselbe gilt für die Nachtschichtzulage, wenn Pepi Wittelsbacher in den 18 Monaten Nachtschicht arbeitet.
Fall:
Wenn Pepi
Wittelsbacher vom 1.1.2001 bis zum 30.6.2002 befristet arbeitet, könnte er eventuell sogar anteiliges Weihnachtsgeld für 2002 verlangen. Das steht ihm zu, wenn gekündigte Arbeitnehmer, die während des Jahres aus
einem unbefristeten Arbeitsverhältnis ausscheiden, auch anteiliges Weichnachtsgeld erhalten.
4. Gerechtfertigte Benachteiligung
Der Ausschluß von bestimmten Sozialleistungen und Vergütungen kann aber sachlich gerechtfertigt sein, wenn diese Leistungen von einer besonders langen Beschäftigungsdauer abhängen. Der
befristet beschäftigte Arbeitnehmer erfüllt dann diese Voraussetzung der langen Beschäftigungsdauer nicht. Dies gilt z.B. für die betriebliche Altersversorgung, die in der Regel eine Mindestbeschäftigung von 10
Jahren voraussetzt. Dies gilt auch für Jubiläumsgelder und langfristige Treueprämien.
Das finden wir manchmal auch beim Weihnachtsgeld. Weihnachtsgeld kann unter die Bedingung gestellt werden, daß der
Arbeitnehmer mindestens bis zum 31.3. des Folgejahres beschäftigt ist. Scheidet Pepi Wittelsbacher zum 30.6.2002 aus, so kann er in einem solchen Fall für 2002 kein anteiliges Weichnachtsgeld verlangen.
5. Informationspflichten
Nach § 18 TzBfG muß Arbeitgeber Tugendreich den befristet beschäftigten Pepi Wittelsbacher über alle unbefristeten Arbeitsplätze informieren, die besetzt werden sollen und für die Pepi
Wittelsbacher aufgrund seiner vertraglichen Tätigkeit und aufgrund seiner Fähigkeiten geeignet ist.
Die Information an die befristet beschäftigten Mitarbeiter über die freien unbefristeten Arbeitsplätze kann
allerdings durch eine allgemeine Bekanntgabe an einer allgemein zugänglichen, geeigneten Stelle erfolgen.
6. Information des Betriebsrats
Nach § 20 TzBfG muß der Arbeitgeber den Betriebsrat über die Anzahl aller befristet beschäftigten Arbeitnehmer informieren. Er muß dem Betriebsrat weiter mitteilen, wie hoch der
prozentuale oder numerische Anteil der befristeten Arbeitnehmer an der Gesamtbelegschaft des Betriebes und auch des Unternehmens ist.
7. Altfälle
Das gesetzliche Diskriminierungsverbot gilt ab dem 1.1.2001 für alle Fälle der Befristung. Es gilt also auch für befristete Arbeitsverhältnisse, die schon im Jahre 2000 oder davor
begründet worden sind! Der Gesetzgeber will, daß ab dem 1.1.2001 alle Arten von Diskriminierung für befristete Arbeitnehmer zu beenden sind. Die Arbeitgeber müssen sich darauf einstellen. Sie müssen auch an
befristet beschäftigte Arbeitnehmer Urlaubsgeld, Weihnachtsgeld, Jahressonderzahlung, Fahrtkosten, Lohnzuschläge etc. zahlen, soweit die allgemeinen Anspruchsvoraussetzungen vorliegen.